Rauchschwalben-Ernährung

Gastbeitrag von Martina Rajes, Sommer 2001 (mit ergänzendem Bildmaterial anderer Fotografen)

Bitte beachten Sie: Dieser Gastbeitrag ist keine Anleitung zur Aufzucht, Ernährung und Unterbringung von Wildvögeln. Lesen Sie zu diesen Themen bitte unsere entsprechenden Kapitel unseres Internetprojekts, siehe Navigationsleiste oben auf der Seite.

Am zweiten Tag hieß es, das richtige Futter zu organisieren, doch was ist das für Rauchschwalben?

Verschiedene Futtermittel für Rauchschwalben, © Martina Rajes
Verschiedene Futtermittel für Rauchschwalben, © Martina Rajes

Hinweis: Aus Unerfahrenheit gab ich zunächst das falsche Futter, doch ist es immer besser, sofort ein artgerechtes Futter zu verabreichen und nicht aus Bequemlichkeit auf Maden oder Würmer auszuweichen. Mir war klar, dass Schwalben reine Insektenfresser sind und ihre Nahrung elegant im Flug erbeuten. Aber ich hatte weder die Zeit noch die richtige Technik, ausreichende Mengen an Futter für meine Pfleglinge zu erjagen.

Also machte ich mich auf und klapperte die Zoohandlungen ab; einen Vogelsitter hatte ich zuvor organisiert. Überall riet man mir zu Mehlwürmern und Fliegenlarven als Nahrung für meine Schwalben, also kaufte ich je eine Dose Fliegenlarven und Mehlwürmer. Damit machte ich mich auf den Heimweg.

Die „Quäker“, wie sie mittlerweile hießen, wollten alle zwei Stunden etwas fressen und bekamen etwa alle vier Stunden einen Schluck Wasser. Ich war froh, nun das vermeintlich richtige Futter parat zu haben. Aufgrund meiner Unerfahrenheit verfütterte ich die ersten Mehlwürmer lebend und stellte fest, dass sie alle von den Schwalben wieder ausgewürgt wurden. Anscheinend konnten die Kleinen sie nicht verdauen. Also zerkleinerte ich die Mehlwürmer mit einer Rasierklinge – zum Glück, wie sich später herausstellen sollte! Mit den Fliegenmaden verfuhr ich ebenso.

Dann fand ich endlich die Gelegenheit dazu, das Internet zu durchsuchen und wurde rasch fündig. Eine fundierte Seite des NABU, die 2001 noch im Netz war und inzwischen leider nicht mehr vorhanden ist, erschien mir genau richtig für meine Belange. Dort fand ich Links zum Thema „Aufzucht und Pflege junger Schwalben“. Auf der entsprechenden Website erfuhr ich dann, das Mehlwürmer und Maden völlig falsch waren.

Weibliches Heimchen (Acheta domesticus), © Brian Gratwicke via Flickr
Weibliches Heimchen (Acheta domesticus), © Brian Gratwicke via Flickr

Ich fiel aus allen Wolken. Mehlwürmer und Maden können die Darmwände der Kleinen schädigen, ja sogar den Vogel töten! Gott sei Dank hatte ich die Larven zuvor abgetötet, so dass wenigstens nichts hatte passieren können. Die richtige Nahrung für junge Schwalben sind Heimchen. Diese Futterinsekten sind in fast jeder Zoohandlung in unterschiedlichen Größen erhältlich.

Anfangs wählte ich sehr kleine Heimchen, da diese komplett verfüttert werden können. Je älter die Quäker wurden, desto größere Heimchen kaufte ich ein – allerdings blieb ich zum Schluss bei einer Größe von 2 cm. Denn bei diesen Tieren sind die Flügel und Sprungbeine schon recht groß und mit Wiederhaken versehen. Deshalb sollte man keine größeren Heimchen an Jungvögel verfüttern. Wie aber verfüttert man springenden, quirligen Insekten? – Indem man sie zuvor abtötet.

Heimchen werden in kleinen Plastikboxen verkauft, die man am besten sogleich in die Gefriertruhe stellt. Die Heimchen sterben darin schnell und schmerzlos. Vor jeder Fütterung der Pfleglinge kann eine ausreichend große Portion entnommen werden. Noch gefrorene Insekten darf man natürlich nicht verfüttern, dies würde zu massiven Durchfällen führen! Stattdessen wirft man die Heimchen in etwas handwarmes Wasser, worin sie schnell auftauten.

Hinweis: Man muss die Heimchen nach dem Kauf sofort einfrieren, da sie sehr schnell verderben! Es sollten stets nur so viele Insekten aufgetaut werden, wie bei einer Fütterung verbraucht werden, da auch zuvor eingefrorene Tiere rasch schlecht werden. Ob ein Heimchen noch fressbar ist, erkennt man an der Unterseite des Insekts. Sie muss hell gefärbt sein und darf keinen Grauschleier zeigen. Im Zweifelsfall sollte man das Insekt lieber wegwerfen!

Die Portionierung bringt man schnell in Erfahrung: So lange die Kleinen gierig den Schnabel aufsperren, kann man ihnen ein Heimchen nach dem anderen reichen. Bei größeren Exemplaren sollte man diese zweiteilen und die Sprungbeine sowie die Flügel entfernen. Sind junge Schwalben satt, öffnen sie den Schnabel nicht mehr.

Junge Rauchschwalbe, © Dagmar Offermann
Junge Rauchschwalbe, © Dagmar Offermann

Sind die Schwalben noch sehr jung, dann lohnt es sich eventuell, Fliegen zu züchten. Hierfür kauft man im Zoo- oder Anglerladen Maden und legt diese in einen mit Gaze bespannten Plastiktopf. Es dauert ca. 14 Tage, bis sich die Fliegen entwickelt haben. Wie die Heimchen werden die Fliegen durch Tieffrieren abgetötet und können statt der Heimchen oder zusätzlich zu ihnen verfüttert werden.

Da Heimchen zugegebenermaßen ziemlich teuer sind und man auf die Dauer sehr viele braucht – gegen Ende der Aufzucht drei Schachteln pro Tier und Tag – und Schwalben überdies die Abwechslung lieben, sollte man sich Alternativen zu den Heimchen suchen, auf die ich weiter unten zu sprechen kommen werde.

Um die Jungtiere ausgewogen zu ernähren, sollte man einmal am Tag eine Prise sehr fein geriebene Eierschalen ins Futter geben. Zusätzlich sollte man Korvimin ZVT verfüttern, das man beim Tierarzt bekommt. Dieses Mittel enthält Mineralstoffe und Aminosäuren. Auf keinen Fall sollte man es versäumen, jungen Schwalben Vitamin B Komplex zu verabreichen, da diese Vögel anderenfalls zu schweren Mangelerscheinungen wie Lähmungen neigen!

Wer mag, kann selbst Fliegen fangen, oder wie weiter oben beschrieben frühzeitig Fliegenmaden kaufen und sie verpuppen lassen. Schlüpfen die Fliegen, kann man sie nicht nur einfrieren, sondern auch fangen und umgehend lebend verfüttern. Fängt man draußen lebende Fliegen/Insekten, so sollte man sie aus Hygienegründen zum Teil einfrieren, da sie meist rasch sterben und dann verderben.

Fliege, © Gaby Schulemann-Maier
Fliege, © Gaby Schulemann-Maier

Bewahrt man Fliegen in einer Tüte auf, kann man mit einer Pinzette relativ leicht einzelne Tiere fangen und an die Schwalben verfüttern. Einfangen kann man Fliegen in der Natur übrigens am leichtesten mit einem Wäschesprenger. Dieser verjüngt sich am Kopf und die Fliegen finden nicht so leicht zurück. Das hat den Vorteil, dass man mehrere Insekten in einen Sprenger bekommt, ehe man sie in eine Tüte schüttelt. Meine Familie und ich sind am Ende der Schwalbenaufzucht wahre Weltmeister im Fliegenfangen gewesen. Die meisten Fliegen findet man übrigens bei Landwirten mit Schweinehaltung. Das Füttern lebender Insekten ist extrem wichtig, da die Schwalben sonst die Insekten in der Natur nicht fressen würden. Denn eine gerade eingefangene Fliege will entkommen und vibriert im Schnabel. Erschrecken die jungen Vögel dann, lassen sie das Insekt fallen und bekommen so kein Frühstück – das übt für später.

Bienenlarven beziehungsweise Drohnenbrut, © Dagmar Offermann
Bienenlarven beziehungsweise Drohnenbrut, © Dagmar Offermann

Die letzte zusätzliche Futteralternative, die ich meinen Pfleglingen ermöglichen konnte, war Drohnenbrut. Man bekommt sie bei jedem Imker, es werden jeweils Waben mit bereits geschlossrnen Kammern verkauft. Diese werden wie oben beschrieben eingefroren. Man muss Drohnenbrut unbedingt einfrieren, denn sie verderben innerhalb einer Stunde, wenn sie nicht mehr von ihren Arbeiterbienen gepflegt werden. Außerdem sollte man bei den Drohnen darauf achten, dass man nicht zu viele verfüttert, da sie sehr fetthaltig sind. Meine Quäker mochten am liebsten die goldgelben Tiere, die weißen Larven habe ich ins Insektenfutter gerührt. Die Larven sind sehr groß, also bitte zerteilen. Man bekommt sie am besten aus der Wabe, wenn diese noch gefroren ist. Dann kann man ein Stück abbrechen, die Tiere heraus pulen und in handwarmem Wasser auftauen. (Anmerkung der Wildvogelhilfe: Tief gefrorene Drohnenbrut sollte vor dem Verfüttern erst kurz in kochendem Wasser blanchiert werden, da sie ansonsten zu flüssig ist und die Schwalbe durch eventuelles Verschlucken ersticken könnte).

Aber wirklich Acht geben: Die Drohnenbrut verdirbt rasend schnell! Auch sollte man keine Laven verfüttern, die schon wie fertige Bienen aussehen, das hätte die Folge, dass die Schwalben sich das Aussehen der Futtertiere einprägen und später in der Natur auch Bienen und Wespen jagen, was bei einem Stich der wehrhaften Insekten tödlich enden könnte.

Ein Schwalbentag beginnt übrigens mit der ersten Fütterung, die zwischen 06:00 Uhr und 06:30 Uhr stattfindet, wenn die gerade Sonne aufgeht … Ausschlafen ist nicht!

Allgemeine Informationen zum Thema Futter für junge Wildvögel finden Sie auf der Website Wildvogehilfe.org außerdem im Kapitel Beschreibung der Futtermittel.

Weiter geht es mit Teil 3 dieses Erfahrungsberichts: Hygiene im Nest.