Handaufzucht von fünf Blaumeisen (6)
Gastbeitrag von Monika Sattler, Herbst 2008
Ende Frühjahr/Anfang Sommer 2008
Den Boden der Voliere habe ich mit Vogelerde vom Dehner bedeckt. Sie ist geruchbindend und desinfizierend. Zudem bekamen die Blaumeisen ihre schon bekannten Wurzeln in den Käfig. Meisen halten sich nicht am Boden auf, daher ist die Gestaltung des Bodens auch nur eine rein hygienische Angelegenheit gewesen.
Da ich unentwegt im Internet unterwegs war, um Infos zur Aufzucht von Blaumeisen zu bekommen, erfuhr ich auch, dass man sie unbedingt baden lassen muss, da ihr Gefieder noch keine Fettschicht hat und diese sich erst bildet, wenn sie anfangen, ihr Gefieder zu fetten.
Was ich jedoch bis heute noch nicht kapiere ist, was machen die Vögel in der freien Wildbahn, die gerade ihr Nest verlassen haben und in den Regen kommen…?
Also, unsere Babys bekamen eine „Badewanne“, die sie alsbald richtig liebten!
Natürlich musste sie so klein sein, dass sie beim Baden nicht untertauchten. Am Anfang gab es ein kleines Plastikschälchen, in dem nur der Boden mit Wasser bedeckt war. Als sie dann das komplette Wohnzimmer in Beschlag nahmen, stellte ich ihnen ihre Badewanne in Form einer schweren Dessert-Schale aus Bleikristall mit wenig Wasser oben auf den Käfig und ich musste immer wie eine Glucke hinter ihnen her sein, wenn sie ein Bad genommen hatten. Sie glaubten, mit den durchnässten Federn fliegen zu können, diese Dummerles!
Ich habe sie dann immer wieder eingesammelt, in ihren Käfig zum Trocknen getan und gewartet, bis wieder ein Geier Sturzflug irgendwo zwischen Sofakissen und Sofa dumm aus den Federn guckte, weil er nicht mehr hoch kam. Das Wohnzimmer wurde natürlich für die Rasselbande vogelgerecht umgebaut. Schlitze, wo sie hätten hineinfallen können, verschlossen, Wertsachen vor ihren Stinkis in Sicherheit gebracht und an der Decke dann alles mit Zweigen behängt, denn Blaumeisen holen von Ästen und von den Unterseiten der Blätter ihre Nahrung.
Da ihnen ihre Eltern nicht zeigen konnten, wie sie Nahrung finden, musste ich an ihre natürlichen Instinkte appellieren und ihnen noch unter meiner Obhut die Möglichkeit dazu bieten. Meine Meisen waren besonders kluge Fliegerleins und haben sich größtenteils in dem von mir mit Zweigen „geschmückten“ Bereich im Wohnzimmer aufgehalten. Bald fingen sie auch an, an den Blättern zu picken. Mit Nahrungsaufnahme im eigentlichen Sinn, hatte das aber noch lange nichts zu tun. So wusste ich allerdings auch, wo ich genau die Zeitungen für ihre Hinterlassenschaften auf dem Boden ausbreiten musste – ausgetrickst, die Jungs und Mädels…
Tagsüber blieb der Käfig nun offen und so hatten sie die Möglichkeit, für ihre Flugkünste zu üben. Wenn sie Hunger hatten, flogen sie zum Käfig oder an einen meiner Blumenstöcke am Fenster und machten Rabatz. So wussten wir immer, wann sie wieder Nahrung brauchten und sie ließen sich die eingeweichten Pinkies (Fliegenmaden), die sie über alles liebten, die massakrierten und ebenfalls eingeweichten Heimchen in die Schnäbel stecken. Sie bekamen immer noch danach ihre Flüssigkeit, mal reines Wasser, mal Wasser mit Blütenpollen, denn das eigenständige Trinken klappte noch genau so wenig wie das eigenständige Fressen.
Doch da das eigenständige Fressen und Trinken überlebensnotwendig ist und ich sie nicht in die Freiheit entlassen konnte, bevor sie das nicht beherrschten, wurden am und im Käfig und an ihrem Lieblingsblumenstock am Fenster sogenannte Futterholzbrettchen hin gestellt. Es dauerte lange, bis sie anfingen, selbst Pinkies von den Holzscheiben zu holen. Es war jedoch wie immer: Einer, wahrscheinlich wieder der Chef der kleinen Rasselbande, pickte als erster die Nahrung. Die anderen machten es ihm peu à peu nach. Sie flogen auch nie aus dem Wohnzimmer hinaus. Das lag daran, dass sie immer nur zum natürlichen Tageslicht flogen. Und da unser Flur kein Tageslicht hat, also dunkel ist, war dieser für sie uninteressant. Das elektrische Licht interessierte sie nicht.
Weiter geht es mit Teil 7 dieses Erfahrungsberichts.