Handaufzucht von fünf Blaumeisen (1)

Gastbeitrag von Monika Sattler, Herbst 2008

Bitte beachten Sie: Dieser Gastbeitrag ist keine Anleitung zur Aufzucht, Ernährung und Unterbringung von Wildvögeln. Lesen Sie zu diesen Themen bitte unsere entsprechenden Kapitel unseres Internetprojekts, siehe Navigationsleiste oben auf der Seite.

Ende Frühjahr/Anfang Sommer 2008

Unsere fünf Blaumeisen, © Monika Sattler
Unsere fünf Blaumeisen, © Monika Sattler

Inzwischen haben wir jedes Jahr brütende Vögel auf unserem Balkon im zweiten Stock eines Mehrfamilienhauses.

Seit nun 22 Jahren wohnen wir idyllisch am Rande eines kleinen Paradieses, am Stadtrand von Augsburg. Umgeben von Wald und Wiesen und nur wenige Gehminuten vom Fluss, der Wertach entfernt. Der direkte Kontakt zur Natur und das Wohlergehen der Tiere die dort wohnen, sind uns stets sehr wichtig und ein großes Anliegen!

Impressionen unseres schönen Zuhauses, © Monika Sattler
Impressionen unseres schönen Zuhauses, © Monika Sattler

Die Blaumeisen haben bemerkt, dass es sich bei uns inzwischen gut leben lässt. Ich habe ihnen einen großen Meisenkasten mit zwei kleinen Einfluglöchern gekauft. Leider hatte ich zuvor ein schmuckes Holzhäuschen, das zwar meinen Balkon zierte, aber für die Meisen zur tödlichen Falle durch einen Buntspecht wurde.

Meisenkästen müssen so beschaffen sein, dass Nesträuber wie z. B. Raben, Krähen, Elstern und Buntspechte mit ihren Köpfen nicht zur Brut gelangen. Aber auch Katzen und Eichhörnchen sind eine große Gefahr!

Die Nisthöhle sollte folgende Eigenschaften haben:

  • Sie muss tief genug sein, damit die Raubvögel nicht an die Brut gelangen
  • Idealerweise darf die Öffnung nur gerade so groß sein, dass nur die brütenden Vögel reinschlüpfen können. für Blaumeisen maximal 2,7 cm im Durchmesser! Spechte hacken mühelos die Öffnung eines normalen Holzkastens groß genug, um an ihr Ziel zu kommen!
  • Sie muss bei einem Holznistkasten die Öffnung durch eine Metallplatte geschützt sein.
  • Sie sollte groß genug sein, dass sich die Jungvögel, wenn sie größer werden, nicht gegenseitig tot trampeln. Es können bis zu zwölf Eier, in Ausnahmefällen sogar mehr Eier in einem Gelege sein, da wird es bei einem zu kleinen Brutkasten sehr eng und heiß! Meisen haben in Mitteleuropa die größten Gelege unter den sogenannten Nesthockern. Ausgewachsene Vögel haben eine Körpertemperatur von circa 40 Grad, daher legen sie Eier, weil sie ihre Jungen sonst im eigenen Körper „garen“ würden.
    In einem ausreichend großen Nistkasten haben auch die letztgeschlüpften Jungvögel eine Chance von den Elterntieren gefüttert zu werden, da diese nicht vom Anflugloch aus füttern müssen und genügend Platz für sie ist, um zur Fütterung in das Nest zu kommen. Der Meisenkasten bleibt dadurch auch sauberer, denn die Eltern nehmen den abgesetzten Kot der Jungvögel nach jeder Fütterung mit nach draußen.

Unser Meisennistkasten, © Monika SattlerDen idealen Meisenkasten, der die oben genannten Bedingungen erfüllt, fand ich bei Hasselfeld Nisthilfen und Artenschutzprodukte.

Doch dieses Jahr gab es irgendwie eine Störung. Ich habe keine Ahnung, was meine beiden Blaumeisen-Eltern gleichzeitig veranlasst hat, von jetzt auf gleich ihre Brut mit neun Jungen und einem Ei aufzugeben. Ich befürchtete, die hier freilaufenden Katzen hätten sie erwischt. Doch, beide zugleich? Das wäre schon ein sehr großer Zufall gewesen, da die Eltern beim Verlassen des Nestes jeweils in andere Richtungen flogen.

Lange Nachforschungen ergaben: Wenn Elterntiere bemerken, dass mit der Brut irgendetwas nicht in Ordnung sei, würden sie sofort damit aufhören, den Nachwuchs weiterhin zu füttern, das wäre „Energieverschwendung“ – so grausam das auch klingt. Mit dieser Erklärung gab ich mich zufrieden. Warum? Dazu später mehr.

Nun, wie kann es anders sein, es ist Wochenende, Freitag der 09.05.2008, Nachmittag 15:30 Uhr, als die Eltern das letzte Mal ihre Jungen füttern kamen. Bei den Blaumeisen füttern beide Elternteile. Es war ein traumhaft sonniger Tag und es gab allem Anschein nach viel Nahrung, denn die Eltern kamen abwechselnd im Durchschnitt mindestens alle zehn Minuten mit einem Würmchen oder einem Insekt im Schnäbelchen, um ihre Kleinen zu füttern. Zudem war das Gelege mit zehn Eiern schon recht groß. Ein Zeichen dafür, dass genügend Nahrung vorhanden ist. In Vorjahren waren die Gelege mit vier bis fünf Eiern grad halb so groß.

Der Baum gegenüber unseres Balkons, © Monika Sattler
Der Baum gegenüber unseres Balkons, © Monika Sattler

Bis dato war es ein ständiges Raus- und Reinfliegen. Es wurde 15:45 Uhr, es wurde 16:00 Uhr und kein Elternteil kam mehr. Da sie sonst alle paar Minuten zum Füttern rein flogen, bekam ich da schon ein mulmiges Gefühl.
Wie ein Fuchs lag ich auf der Lauer und hoffte, die Eltern mögen doch bald kommen, denn die Jungen haben so entsetzlich nach ihnen gerufen… Es wird 18:00 Uhr, es wird 19:00 Uhr und ich konnte die Kleinen herzzerreißend schreien hören. Doch es gab keine Antwort mehr von den Eltern.

Da wir schon die Jahre zuvor Blaumeisen hatten, kenne ich ihr Verhalten und vor allem ihre Rufe nur zu gut. Ich habe mir die Augen aus dem Kopf nach ihnen geschaut und sie nirgends gesehen. Sie haben immer von den Bäumen gegenüber unserem Balkon ihr Kommen angekündigt.

Weiter geht es mit Teil 2 dieses Erfahrungsberichts.