Aufzucht von Jungvögeln – wie geht das?
Unsere Aufzuchthinweise dienen dem Fall, dass keine Station den gefundenen Vogel übernehmen kann, z.B. weil die Kapazität erschöpft ist.
Bedenken Sie, dass viele dieser Stationen von Privatleuten ehrenamtlich betrieben werden. Diese Menschen erhalten in aller Regel keinerlei finanzielle Zuwendung und bezahlen die kostspielige Jungvogelaufzucht aus eigener Tasche. Zudem stehen ihnen in aller Regel keine oder nur wenige Helfer zur Seite, sodass sie vor allem während des Frühlings oft bis an die Grenzen ihrer Kapazitäten ausgelastet sind. Das Wildvogelhilfe-Team weiß aus eigener Erfahrung, dass sich die Pflege- und Futterkosten sowie die Tierarztbeträge in einer solchen privaten Auffangstation jährlich häufig im vierstelligen Bereich bewegen. Deshalb freuen sich diese tierlieben Menschen, die eine private Auffangstation betreiben, immer über Spenden oder über anderweitige Hilfe, indem man beispielsweise Fahrten zu einem Tierarzt übernimmt.
Während der Jungvogel-Hochsaison geraten viele Auffangstation an die Grenzen ihrer Kapazität und verhängen einen Aufnahmestopp.
Für diesen Fall sind unsere Aufzuchthinweise gedacht.
Bitte sehen Sie ansonsten von Eigenversuchen ab!
Man kann aus Unwissenheit und mangelnder Erfahrung sehr viele Fehler begehen, die entweder den Tod des Jungvogels zur Folge haben oder aber im Falle einer Fehlprägung die spätere Auswilderung erheblich erschweren. Dies hat nichts mit Tierliebe zu tun, denn gut gemeint ist nicht immer auch gut gemacht,
Die folgenden Aspekte sollten Sie daher überdenken, bevor Sie sich zu einer Aufzucht entschließen:
- Die Aufzucht von Jungvögeln ist extrem zeitintensiv.
Es muss gewährleistet sein, dass der Vogel über Wochen hinweg in regelmäßigen Zeitabständen, teilweise alle 30 Minuten, zu füttern ist.
Gefüttert wird von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, ist also nichts für Langschläfer. - Das richtige Futter hat in der Regel niemand im Haushalt vorrätig. In den meisten Fällen werden frische oder gefrorene Insekten benötigt, dazu lebenswichtige Zusätze. Die Beschaffung, gerade am Wochenende, wenn die Geschäfte geschlossen sind, ist also schwierig.
- Das geeignete Futter ist nicht billig, sondern sogar mit erheblichen Kosten verbunden.
- Nestlinge sind auf exakte Nestparameter, wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit angewiesen. Auch nachts sind diese ständig zu kontrollieren und einzuhalten.
- Bei der Aufzucht einzelner Individuen kommt es sehr schnell zu einer Fehlprägung, welche das spätere Auswildern erheblich erschwert. Insbesondere Kinder sollten deswegen nicht mit mit dieser Aufgabe betraut werden, denn sie verstehen in den meisten Fällen nicht, dass ihr gutmeinendes, natürliches „Kuschelverhalten“ schädlich für den Vogel ist.
- Für die Entwöhnung und Vorbereitung auf die Auswilderung ist man auf eine Freivoliere angewiesen, die die wenigsten Menschen in geeigneter Umgebung besitzen.
Wir möchten Ihnen jedoch nicht den Mut nehmen, im Falle, dass keine Auffangstation den Vogel übernehmen kann, selbst die Initiative zu ergreifen. Tun Sie dies jedoch bitte nicht in Eigenregie, sondern wenden Sie sich an uns, am besten mit aussagefähigen Bildern des Fundvogels von verschiedenen Seiten unter wildvogelhilfe@wildvogelhilfe.org und beachten Sie zusätzlich unsere ausführlichen Hinweise in diesem Kapitel.
In dieser Rubrik unseres Internetprojekts geben wir Ihnen alle wichtigen Informationen an die Hand, die Sie benötigen, um beispielsweise zu erkennen, ob ein Jungvogel tatsächlich ein Fall für die Aufzucht durch den Menschen ist. Bitte lesen Sie die Kapitel aufmerksam, auch wenn es auf den ersten Blick geradezu erschlagend viele Informationen sind, die Sie hier finden. Nur wer optimal vorbereitet ist, dem gelingt es, in Not geratenen jungen Wildvögeln das Überleben zu sichern.
Linktipp: Unser Internetprojekt hat schon viele Menschen an die Pflege von Wildvögeln herangeführt. Oft ist dadurch ein tieferes Verständnis für die Natur erwachsen und für viele Vogelpäppler war es eine wundervolle Erfahrung, den Gefiederten bei ihrem Start ins Leben helfend zur Seite zu stehen. Doch es gibt auch immer wieder Fälle, in denen es trotz aller Bemühungen kein glückliches Ende gibt. Einen solchen Fall hat der Mediendesigner Michael Tewiele in einem sehr hübschen Comic dargestellt. Obwohl das Ende traurig ist, erläutert diese Bilderreihe die wichtigen Schritte zur Rettung eines in Not geratenen Vogels. Hier geht es zum Comic Vogelbaby in Not.
Themen dieser Rubrik
Jungvogel gefunden - was nun?
Jungvogel nicht gleich Jungvogel
Bestimmung der Vogelart
Jungvogel braucht Hilfe
Wie füttert man junge Wildvögel?
Aufzucht bestimmter Vogelarten
Der Weg zur Selbstständigkeit
Gefahren bei der Aufzucht
Vogeleier gefunden - wie brütet man sie aus?
Auswilderung von Jungvögeln