Wie füttert man junge Wildvögel?

Junger Spatz wird mit Heimchen gefüttert, © Richard Rastetter
Junger Spatz wird mit Heimchen gefüttert, © Richard Rastetter

Weil junge Vögel naturgemäß einen sehr kleinen Schnabel haben, ist das Füttern in in den meisten Fällen nicht ohne Hilfsmittel möglich.

Zum Verfüttern von Futtertieren oder Futterstückchen verwendet man idealerweise eine Pinzette. Diese muss unbedingt stumpf sein, das heißt sie muss am vorderen Ende abgerundet sein, um Verletzungen im Rachen des zu fütternden Vogels zu vermeiden. Wer dennoch Angst hat, Jungvögel mit einer Pinzette zu verletzen, für den könnte das in der folgenden Bastelanleitung vom Tierfreund Uwe Borowski vorgestellte, selbst gebaute Fütterungsinstrument hilfreich sein: PDF-Datei.

Junger Grünfink wird per Spritze mit Brei gefüttert, © Dagmar Offermann
Junger Grünfink wird per Spritze mit Brei gefüttert, © Dagmar Offermann

In einigen Fällen werden anstelle von stückiger Nahrung kleine Portionen Brei gefüttert (zum Beispiel Vegetarier). Futterbrei zieht man mit Einwegspritze (natürlich ohne Nadel) auf und füttert damit direkt in den Schnabel. Einwegspritzen bekommt man in der Apotheke, oder auch beim Tierarzt.


Das Fütterungswerkzeug ist nach jedem Gebrauch sorgfältig mit sehr heißem Wasser zu reinigen! Außerdem sollte für jede Gruppe von Jungvögeln in einer Behausung ein separates Fütterungswerkzeug verwendet werden, um eine Übertragung möglicherweise vorhandener Krankheitserreger zu vermeiden. Deshalb ist es wichtig, gleich mehrere Pipetten, Futterspritzen und Pinzetten auf Lager zu haben – vor allem, wenn man mehrere Jungvögel unterschiedlicher Arten gleichzeitig großzieht.

Nach der letzten Fütterung am Abend sind benutzte Pinzetten zu sterilisieren. Dies geschieht zum Beispiel durch Auskochen (mindestens 10 Minuten lang sprudelnd kochen) in destilliertem Wasser oder in Leitungswasser mit einem „Schuss“ Essig, um das Verkalken zu verhindern.
Alternativ können die Pinzetten im Backofen bei 180°C für mindestens 30 Minuten sterilisiert werden. Hierfür hängt man sie am besten an dem Rost auf, anstatt sie zu legen.
Nach dem Sterilisieren werden die sauberen Pinzetten frei hängend an einem Haken aufgehängt, ohne dass sie dabei Gegenstände berühren.
Spritzen aus Kunststoff sind zu entsorgen und durch neue, eingeschweißte Spritzen zu ersetzen.

Ein weiterer Aspekt ist bezüglich der Hygiene von entscheidender Bedeutung: Vor der Fütterung sollten die Hände gründlich gewaschen werden, denn an ihnen haftende Bakterien könnten den Jungvögeln schaden.


Achtung:

Wird ein Vogel mit Hilfe einer Futterspritze oder anderweitig mit Brei gefüttert, sollten jegliche Futterreste sofort aus dem Gefieder gewischt werden, solange sie noch feucht sind.
Das ist wichtig, weil sie beim Trocknen sehr hart werden und sich dann nicht mehr leicht entfernen lassen.
Segler und Schwalben auf keinen Fall mit Brei füttern, sondern nur mit frisch toten oder gefrosteten Insekten.

 

Ein intaktes Gefieder ist lebenswichtig für jeden Vogel. Es speichert die Wärme in der Nacht, weist Feuchtigkeit und Wasser ab und ist perfekt konstruiert zum Fliegen. Unbeschädigte Federn sind für einen Vogel, insbesondere Zugvögel, essentiell. Auch Nasenlöcher, Ohren und Augen dürfen auf keinen Fall verkleben.


Junge Stare, © Ingrid Roeschke
Junge Stare, © Ingrid Roeschke

Im Idealfall sperrt der hungrige Jungvogel den Schnabel von selbst weit auf und Sie müssen nur das Futter mit einer stumpfen Pinzette hinein befördern.

Bei vielen jungen Wildvögeln hilft es, ein wenig am Nest zu wackeln, dann recken sie meist die Köpfe automatisch in die Höhe und betteln. Man simuliert mit dem Rütteln die die Erschütterungen, die dadurch ausgelöst werden, dass ein Elternteil mit Futter auf dem Nestrand landet und dieses dadurch in Schwingungen versetzt.

 

Die Atemöffnung befindet sich hinter der Zunge, © Ingrid Röschke
Die Atemöffnung befindet sich hinter der Zunge, © Ingrid Röschke

Achtung: Vögel haben direkt hinter der Zunge ihre Atemöffnung. Gelangt dort hinein Futter oder gar Wasser, droht der Vogel zu ersticken. Vermeiden Sie daher generell Wassergaben in den Schnabel und achten Sie darauf, das Futter hinter der Atemöffnung, also weit hinten im Rachen zu platzieren.

Die Größe der Futtertiere sollte passend sein für den jeweils zu fütternden Jungvogel.
Sehr junge Nestlinge erhalten daher entweder kleine Futtertiere, oder man zerkleinert diese.
Auf der anderen Seite bekommt man beispielsweise einen jungen Rabenvogel mit ein paar Miniheimchen oder Fliegen nicht wirklich satt.
Dass auch Wildvogeleltern sich manchmal verschätzen bei der Wahl des geeigneten Futtertiers zeigen die folgenden Bilder. Für den kleinen Amselästling war das Stück Blindschleiche eindeutig zu groß und er wäre daran erstickt, wenn ihm nicht geholfen worden wäre.

 

Singdrosselfütterung: Das Futtertier wird weit in den Rachen gelegt, damit es die junge Singdrossel gut schlucken kann, © Dr. Dorgrit Diepholz
Singdrosselfütterung: Das Futtertier wird weit in den Rachen gelegt, damit es die junge Singdrossel gut schlucken kann, © Dr. Dorgrit Diepholz

Die Abbildung „Singdrosselfütterung“ auf dieser Seite zeigt ihnen, wie es geht. Wurde das Futter geschluckt, gelangt es in den Kropf der Jungvögel, der nach der Fütterung meist recht gut als kleine Schwellung zu erkennen ist. Das gilt vor allem bei noch unbefiederten Nestlingen.

Verzagen Sie nicht gleich, wenn Ihr Pflegling nicht um Futter bettelt oder keine Anstalten macht, den Schnabel aufzusperren. Viele Vögel öffnen den Schnabel aus Angst oder aus Schwäche nicht von allein, was die Situation für Sie etwas schwieriger macht, aber das Ganze ist trotzdem mit ein wenig Mühe zu meistern. In einem solchen Fall müssen Sie den Vogel vorsichtig zwangsernähren, was für Ungeübte nicht unbedingt leicht ist. Eventuell sollten Sie sich eine zweite Person dazu holen, die Ihnen bei der Fütterung assistiert. Ein Pfleger öffnet den Schnabel und hält ihn auf, der andere steckt das Futter in den Schlund des Vogels. Mit etwas Geschick und Übung gelingt Ihnen dies jedoch bald allein.

Zum Öffnen des Schnabels halten Sie den Vogel locker mit einer Hand fest und schieben den Daumennagel der anderen Hand seitlich zwischen Ober- und Unterschnabel. Mit dem Zeigefinger der „Fixierhand“ drücken Sie dann sanft die beiden Schnabelhälften auseinander und halten den Schnabel auf. Gehen Sie dabei stets sehr behutsam vor, denn das Schnabelhorn von Jungvögeln ist noch sehr weich und verletzungsanfällig. Ist es Ihnen gelungen, den Schnabel zu öffnen, können Sie mit Hilfe einer stumpfen Pinzette oder einer Futterspritze die Nahrung eingeben. Wie bereits oben erläutert ist es wichtig, das Futter möglichst tief in den Rachen zu stecken, notfalls kann mit der Pinzette etwas nachgeschoben werden (nicht mit den Fingern!).

Viele Jungvögel reagieren zum Glück sehr kooperativ, wenn man sich ihnen mit Futter nähert und es ist dann ganz leicht, sie mit Nahrung zu versorgen, wie auch das auf dieser Seite verlinkte Video zeigt: Fütterung von Hausrotschwänzen. Der kurze Film wurde von Marie-Luise Wagner angefertigt.

Achtung: Junge Vögel sollten beim Füttern und Trinken niemals auf dem Rücken liegen, weil dabei die Gefahr des Verschluckens und Erstickens besteht!

 

Wichtiger Hinweis: Wer zu feuchten Händen neigt oder wer für die Fütterung ein wenig Zeit braucht, sollte den Vogel mit einem dünnen Tuch – zum Beispiel mit einem Taschentuch – anfassen, um sein Gefieder nicht zu beschädigen. Besonders Zugvögel sind auf ein völlig intaktes Gefieder angewiesen. Da man beispielsweise Mauersegler während jeder Fütterung mit der Hand fixieren muss, empfehlen wir, diese Vögel nur im Ausnahmefall mit der bloßen Hand anzufassen. Es ist grundsätzlich ratsam, ein Tuch zu verwenden oder dünne Baumwollhandschuhe zu tragen.


Fütterung von Jungvögeln im Allgemeinen

Die Bildergalerie „Schwalbenfütterung“ verdeutlichen den Fütterungsvorgang anhand einer Schwalbe, doch das hier gezeigte Vorgehen gilt generell für sehr viele junge Wildvögel. Dass die gezeigte Mehlschwalbe dabei nicht besonders glücklich dreinschaut, ist kein Wunder, denn anfangs ist es für viele Jungtiere ein wenig beängstigend, mit der Hand fixiert zu werden. Doch wie die meisten Jungvögel hat sie bereits nach kurzer Zeit begriffen, worum es bei der Prozedur ging. Schon am nächsten Tag öffnete sie bereitwillig von allein den Schnabel.


Fütterung bestimmter Vogelarten

Bei der Fütterung bestimmter Vogelarten gibt es einige Besonderheiten zu beachten, weshalb wir Ihnen mehr oder minder ausführliche Hilfestellungen geben möchten, die Sie entweder in diesem Kapitel oder in angegliederten Kapiteln finden. Klicken Sie einfach auf den Eintrag in der folgenden Liste, um zur jeweiligen Beschreibung zu gelangen:

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