Artgerechtes Futter für Vegetarier

Unter den in Deutschland heimischen Wildvögeln gibt es einige Arten, die ihren Nachwuchs nahezu rein vegetarisch ernähren. Diese Jungtiere würden eine ausschließliche Insektenkost nicht vertragen, es könnte zu Verdauungsstörungen oder sogar zu Organschäden kommen, wenn man Angehörige der Vegetariergruppe mit tierischer Kost großzuziehen versucht. Lediglich in der ersten Lebensphase im Nest dürfen sie auch Insekten bekommen, deren Anteil jedoch nach und nach reduziert wird.

Schnabelinneres von Grünfinkennestlingen, © Tierrefugium Wegberg
Schnabelinneres von Grünfinkennestlingen, © Tierrefugium Wegberg

Auffälliges Merkmal der jungen Vegetarier ist der leuchtend pinkfarbene Rachen, der dicke, kegelförmige Schnabel und die lang anhaltenden feinen Federbüschel oberhalb der Augen.

Zur genauen Identifizierung Ihres Fundvogels können Sie die Graphik zur Finkenunterscheidung  zur Hilfe nehmen. Im Zweifelsfall schicken Sie uns bitte Bilder von verschiedenen Seiten des Vogels an wildvogelhilfe@wildvogelhilfe.org .

Das sind die sich vegetarisch ernährenden Vogelarten

  • Bluthänfling, auch Hänfling genannt
  • Grünfink
  • Girlitz
  • Stieglitz, auch Distelfink genannt
  • Kreuzschnabel

Im Folgenden erfahren Sie, wie Sie Jungvögel der oben genannten Arten in den verschiedenen Phasen ihres frühen Lebens artgerecht und gesund ernähren können und sollten.

Die ersten Lebenstage

Die Hauptnahrung besteht aus einem Brei aus Handaufzuchtpulver oder übergangsweise 7-Kornflocken, bis Handaufzuchtpulver beschafft werden kann. Beides wird mit warmem Wasser zu einem Brei angerührt, dann kommen noch Laktobazillen oder Probiotika zur besseren Verträglichkeit des ungewohnten Futters hinzu. Auch etwas Vitamin-, Mineralstoffgemisch sollte zu dem Brei gegeben werden, zum Beispiel Korvimin ZVT. Der fertige Brei wird handwarm mit einer Einwegspritze, am besten eignen sich 1ml Spritzen, gegeben und vor jeder Fütterung frisch angesetzt.
Die Futterzusätze werden einmal täglich verabreicht.

Eine zusätzliche Wassergabe ist nicht notwendig.

In den ersten Tagen nach dem Schlüpfen bekommen die Küken der Vegetariergruppe zusätzlich auch einige Insekten, deren Anteil von Tag zu Tag reduziert wird. Dies können Stückchen von Heimchen oder Drohnenbrut sein, oder auch gemahlene Frostinsekten, die in den Brei gemischt werden.

Grünfink, Stieglitz, Girlitz und Kreuzschnabel: Sobald die Augen vollständig geöffnet sind, sollte der Anteil an Insekten reduziert werden und bis zum 10. Lebenstag, wenn die ersten Federkiele sprießen, ganz weg gelassen werden.

Hänfling: Nur während der ersten 5 Lebenstage nach dem Schlüpfen dürfen einige Insekten gegeben werden. Die Küken sind dann nur von einem feinen Flaum bedeckt und die Augen noch verschlossen.

Anschließend wird bis zum Verlassen des Nestes nur noch der Brei ohne Insekten gegeben.


Junger Grünfink, © Alina Lokietz
Junger Grünfink, © Alina Lokietz

Sobald die Augen offen sind, müssen zu dem Brei auch frische Pflanzenteile gefüttert werden. Sehr gut eignen sich hierfür Vogelmiere oder Löwenzahnköpfe, bei denen sich gerade Samen bilden, die aber noch nicht zur Pusteblume ausgereift sind. Die weißen „Schirmchen“ werden abgeschnitten, dann pult man die weichen Samen heraus und entfernt die letzten weißen Reste, so dass nur noch die dunklen Samen übrig bleiben. Diese können nun direkt gegeben werden, oder auf Vorrat eingefroren werden, am besten sind sie jedoch täglich frisch geerntet.
Auch andere halbreife Samen, zum Beispiel von Brennesseln, Knöterich oder Wegerich sind geeignet.

Dazu wird ein Brei hergestellt, der abwechselnd mit den frischen Samen und Pflanzentrieben gegeben wird:
Die frischen Stängel und Blätter der Vogelmiere oder auch Spitzen von jungen Brennesselblättern friert man  in einer Dose ein, damit sie hart werden. Im gefrorenen Zustand werden sie zusammen mit Handaufzuchtpulver  in eine handelsübliche Kaffeemühle oder einen ähnlichen Zerkleinerer, der Mahlen kann, gegeben und fein gemahlen. Separat werden geschälte Sonnenblumenkerne oder geschälte Hirsekörner gemahlen und anschließend gesiebt, damit später keine zu großen Bestandteile die Spritze verstopfen. Das ganze wird nun gemischt und eingefroren, um einer möglichen Schimmelbildung vorzubeugen. Bei Bedarf mischt man die benötigte Portion mit warmem Wasser und etwas Vitamin-, Mineralstoffgemisch zu Brei, der den jungen Vegetariern per Spritze oder einem kleinen Holzspatel gefüttert wird.


Die Zeit nach dem Verlassen des Nestes

Sobald sie das Nest verlassen haben und selbst anfangen, nach Nahrung zu picken, werden den jungen Vögeln aus der Vegetariergruppe Schalen mit Waldvogelfutter (am besten ein Gemisch aus trockenen und gekeimten Körnern dieses Futtermittels) und täglich frische Sträuße mit Wildkräutern aus der Natur angeboten. Hier haben wir eine Übersicht zu geeigneten Futterpflanzen für Vegetarier:

Nun muss auch Wasser und Grit oder grober Vogelsand separat in kleinen Näpfen bereitgestellt werden.

Bitte beachten Sie: Die Handfütterung muss auch in dieser Phase des Lebens unbedingt weiterhin zusätzlich erfolgen, bis sich die Jungvögel  vollkommen selbstständig ernähren können.
Vertreter der Vegetariergruppe werden vergleichsweise lange von Hand zugefüttert, auch wenn sie bereits selbst etwas fressen.

 

 

 

Wie oft und wie viel gefüttert werden sollte, haben wir hier stehen.