Artgerechtes Futter für sehr junge, noch nackte und blinde Nestlinge

Sehr junge Nestlinge sind hinsichtlich einer erfolgreichen Aufzucht deshalb besonders schwierige Kandidaten, weil oft noch nicht erkennbar ist, um welche Art es sich bei ihnen handelt.
In den ersten Lebenstagen haben die meisten Nestlinge noch keine Federn und die Augen sind geschlossen. Nach spätestens 7 bis 8 Tagen, wenn die ersten Federkiele sich öffnen, ist eine Artbestimmung einfacher und es kann das richtige Futter der Art entsprechend gewählt werden.

Auf der sicheren Seite, was das Futter angeht, ist man in den meisten Fällen fürs erste mit frischen (keine getrockneten) Insekten, wie zum Beispiel Heimchen oder Drohnenbrut, die man im Zoohandel oder im Falle von Drohnenbrut vom Imker bekommen kann. Adressen von Imkern findet man zum Beispiel in den Gelben Seiten. Alternativ kann man sich auch auf die Fliegenjagd begeben, was zum Beispiel in Ställen gut funktioniert, oder man sucht auf einer Wiese nach Grashüpfern und anderen Insekten.

 

Gekaufte Insekten allein sind jedoch langfristig nicht nahrhaft genug, um als Alleinfutter verwendet werden zu können. Durch die kommerzielle Haltung und Zucht sowie das Einfrieren fehlen ihnen Nährstoffe, die ansonsten nur in selbst gefangenen oder selbst gezüchteten Insekten vorhanden sind, die eine ausgewogene Fütterung über einen längeren Zeitraum erhalten haben. Die ausschließliche Fütterung mit gekauften Insekten führt nach einiger Zeit zu verschiedenen Mangelerscheinungen. Deswegen werden Zusatzstoffe benötigt, wie zum Beispiel ein Vitamin- und Mineralstoffpräparat sowie Lactobazillen/Probiotika für eine bessere Verträglichkeit des ungewohnten Futters.
Die Futterzusätze werden einmal täglich mit einem Futtertier verabreicht.


Manche Nestlinge tun sich noch schwer beim Schlucken von Insektenstücken und können schlimmstenfalls daran ersticken. Hier ist es sinnvoll, einen feinen Brei herzustellen, der neben gemahlenen Frostinsekten auch die oben genannten Zusatzstoffe enthält. Brei sollte jedoch langfristig nicht als Alleinfutter gegeben werden, sondern zusätzlich zu Stückchen von frischtoten oder gefrosteten Insekten, zum Beispiel Heimchen oder Drohnenbrut.

Wenige Tage alte Nestlinge, links Haussperlinge und rechts Kohlmeisen,© Anke Dornbach
Wenige Tage alte Nestlinge, links Haussperlinge und rechts Kohlmeisen,© Anke Dornbach

Der Brei wird vom Großteil der jungen Wildvögel sehr gut vertragen. Das gilt allerdings nicht für Greifvögel, Tauben, Mauersegler und Schwalben. Er eignet sich außerdem auch für schlecht oder gar nicht fressende geschwächte Altvögel zur Zwangsfütterung per Spritze.

Wenn Sie sich nicht sicher sind, um welche Vogelart es sich bei Ihrem gefundenen Tier handelt, sollten Sie es unbedingt bestimmen (lassen). Gern können Sie uns Fotos per E-Mail schicken, wir versuchen dann bei der Bestimmung zu helfen.

In unserer Bildersammlung von Jungvögeln können Sie ebenfalls versuchen, die Art zu bestimmen.

Futterbrei für sehr junge Nestlinge (Insektenbrei)

 

Gemahlene Frostinsekten, © Anke Dornbach
Gemahlene Frostinsekten, © Anke Dornbach

Die Insekten (alle Arten von Larven sind geeignet, Heimchen und Fliegenarten weniger) werden in gefrorenem Zustand in einer handelsüblichen elektrischen Mühle mit Schlagwerk fein gemahlen und eingefroren. Vor jeder Fütterung entnimmt man etwa 1-2 Teelöffel der gefrorenen, gemahlenen Insekten und gibt sie in ein kleines Gefäß. Vor dem Anrühren sollte man eine Prise Lactobazillen/Probiotika  zugeben und unterrühren, um die Darmflora des Vogels zu stärken. Mit wenig  abgekochtem und auf etwa 30 Grad abgekühltem Wasser verrührt man das ganze langsam zu einem sämigen, handwarmen Brei. Bei schwachen Vögeln empfiehlt es sich, anstelle des Wassers Elektrolytlösung zu verwenden.

Man verfüttert den Brei an sehr junge Wildvögel mit Hilfe einer kleinen Futterspritze in winzigen Portionen.

Achtung: Die Futterspritze sollte weit genug in den Rachen geführt werden, damit kein Brei in das hinter Zunge befindliche Atemloch gelangen kann.

 

Junges Rotkehlchen, © Verein für kleine Wildtiere in großer Not
Junges Rotkehlchen, © Verein für kleine Wildtiere in großer Not

Gehen Sie bei sehr jungen Nestlingen mit der Nahrung in den ersten 12 Lebensstunden sehr sparsam um, da ein Teil des Dotters nicht für das Wachstum im Ei verbraucht wird. Es wird unmittelbar vor dem Schlupf in die Bauchhöhle des Jungvogels gezogen. Dieser Dotteranteil dient ihm  als Nahrungsreserve, die er während der ersten Lebenstage nach und nach aufbraucht.

Leidet der junge Nestling an Verdauungsstörungen – kotet er nicht nach den Fütterungen und sind der Unterleib und/ oder der Kropf lange prall gefüllt  –  so können Sie die Verdauung durch vorsichtige Massage anzuregen versuchen. Hierzu nehmen Sie den jungen Vogel vorsichtig in die Hand und massieren ihn behutsam mit einem in warmem Wasser oder Öl getränkten Tuch von der Bauchoberseite zur Kloake hin.

Der Bauch eines gesunden Jungvogels sollte so aussehen wie auf dem Bild des Rotkehlchens rechts.