Rettung eines Mauerseglers
Gastbeitrag von Christina Klink, Sommer 2004 (mit ergänzendem Bildmaterial weiterer Fotografen)
Unsere Jugendleiter Saskia und Jasmin (beide 16 Jahre jung) kommen auch privat regelmäßig zusammen, um gemeinsam zu musizieren, durch die Stadt zu turnen, abzuhängen oder die Natur an der Untereider zu genießen. Bei einer ihrer Unternehmungen stolperten sie am 19.07.2004 an der Straße fast über ein hilflos auf sie zukrabbelndes Vogelküken. Sie trauten sich nicht, es anzufassen, denn ekliges, grünes Krabbelzeugs mit Herzförmigen Körper und komische Minikäfer krabbelten auf ihm herum. Aber ein Passant half ihnen, den Vogel einzusammeln und setzte den Kleinen in einen Karton. Damit machten sich die beiden Mädchen sofort auf den Weg zum Tierarzt.
Dieser entfernte das Ungeziefer und erklärte, dass diese Viecher den Vogel aufgefressen hätten. Er erzählte auch, dass es sich um einen jungen Mauersegler handelte. Da er gut genährt und befiedert, putzmunter und fast flugreif war, gab er den Rat: „Tragt ihn als Brosche, füttert ihn zwei Tage ordentlich mit Mehlwürmern und werft ihn dann hoch in die Freiheit.“ Das war ein verdammt schlechter Rat, der dem Mauersegler gar nicht gut bekommen wäre. Aber das sollten wir erst später erfahren. Aus zwei Tagen wurden immerhin fast zwei Wochen, in denen der Vogel seiner Natur entsprechend gar nicht fliegen konnte, weil Federhülsen die Schwungfedern umgaben und den Kleinen fluguntauglich machten. Wir entschuldigen den Tierarzt, der sich stets sehr bemüht: Er kann schließlich nicht alles wissen.
Mit dem Vogel im Karton kamen Saskia und Jasmin direkt zu mir, denn beide mochten das Baby nicht anfassen. Ich wusste überhaupt nicht, was zu tun war. Doch dann kam mir unser alter Vogelkäfig in den Sinn. Vielleicht sollte man den Kleinen darin erst mal auf Kaninchenstreu und Heu betten, um ihm das Gefühl zu geben, dass er in seinem Nest sei. Gedacht, gesagt, getan: Die Mädchen holten und reinigten den Käfig und bauten darin ein Nest. Ich griff den Mauersegler und setzte ihn hinein. Er kuschelte sich auch gleich ins Heu und wir stellten ihn hinaus auf den Balkon. Dass der Käfig eine ausgesprochen schlechte Lösung war, erfuhren wir erst später durch das Internet.
Aber was sollten wir dem Baby zu fressen geben? Wir wussten nicht, wie lange der Kleine schon ohne Futter war und eine lange Nacht stand bevor. Die vom Tierarzt angeratenen Mehlwürmer hatten wir nicht im Haus und mit seinem kleinen „falkenähnlichen“ Kopf sah der Mauersegler nicht danach aus, dass ihm Körner von unserem Wellensittich oder Kaninchenfutter gut bekommen würden. Der Segler ähnelte ja eher den Schwalben, die ich in jungen Jahren oft beobachtet hatte, wie sie ständig nach Insekten jagten.
Saskia kam auf die Idee, ihren Vater in den Keller zu jagen, um Spinnen und anderes Viehzeug zu fangen. Er tat es und fand sage und schreibe zwei Spinnen und eine Fliege. Nun wollten wir den Kleinen füttern, aber es war schon ein Krampf, den Mauersegler zum Öffnen des kleinen, weichen Schnabels zu bewegen. Er öffnete ihn nämlich nicht freiwillig. Ich verzweifelte fast, kam dann aber auf die Idee, im Internet nach „Aufzucht Mauersegler“ zu suchen. Und die Google-Suche führte mich direkt auf die Seiten der Wildvogelhilfe. Hier erfuhr ich auf die Schnelle, dass der Mauersegler allgemein eine große Ausnahme unter den Wildvögeln ist und wie man ihn füttern muss. Ich musste ihn also zwangsfüttern, weil er unselbständig ist.
Mit etwas Übung nun konnte ich Spinnen und Fliegen in das Tier hineinbekommen. Saskia und Jasmin versuchten erst in den folgenden Tagen ihr Glück beim Füttern.
Weiter geht es mit dem zweiten Teil dieses Erfahrungsberichts.