Abschied von den Quäkern

Gastbeitrag von Martina Rajes, Sommer 2001 (mit ergänzendem Bildmaterial anderer Fotografen)

Bitte beachten Sie: Dieser Gastbeitrag ist keine Anleitung zur Aufzucht, Ernährung und Unterbringung von Wildvögeln. Lesen Sie zu diesen Themen bitte unsere entsprechenden Kapitel unseres Internetprojekts, siehe Navigationsleiste oben auf der Seite.
Rauchschwalbe auf einer Hand, © Åsa Berndtsson Flickr
Rauchschwalbe auf einer Hand, © Åsa Berndtsson Flickr

An diesem Abend entschieden wir, die Kleinen mit der einen adulten Schwalbe auf unserer Diele (ihr Vater, wie wir vermuten) zusammenzubringen. Dazu warteten wir, bis die Schwalbe einkehrte, schlossen alle Türen und Fenster und schalteten das Licht ein. Dann lockten wir unsere Schwalben zu der Adulten. Und es klappte: Sie flogen einige Runden, die Alte rief die Jungen, bis sie zusammen ein paar Runden flogen. Irgendwann hatte der Altvogel dann genug, denn es war ja schließlich schon spät und suchte seinen Schlafplatz auf. Die Jungen suchten sich ebenfalls einen Platz und schliefen ein.

Am nächsten Morgen ging es leider nicht so glatt. Wir hatten gedacht, wenn wir die Tür öffneten und der Altvogel zur Jagd raus fliegt, dann würde er die beiden Jungtiere dazu animieren, ebenfalls hinaus zu fliegen. Aber das klappte bedauerlicherweise nicht. Die alte Schwalbe war viel schneller draußen und die Jungen bleiben auf der Diele. Nun stellte ich doch noch Futter auf, welches sie aber nicht anrührten. Die eine Nacht mit der erwachsenen Schwalbe hatte unsere beiden Pfleglinge noch scheuer werden lassen. Irgendwann fanden sie dann die Tür nach draußen und waren weg.

Jugendliche Rauchschwalbe, © Kevin Faccenda Flickr
Jugendliche Rauchschwalbe, © Kevin Faccenda Flickr

Wir waren ganz schön traurig, irgendwie waren es ja unsere Babys und wir machten uns schon Sorgen, ob sie für die Welt da draußen vorbereitet waren. Aber sie hatten uns nicht vergessen. Alle drei Wochen kehrten sie auf die Diele zurück und blieben dort für ein paar Stunden, so als ob sie sagen wollten: „Seht, uns geht‘ s prima, wollten nur mal Hallo sagen!“ Der Hahn bettelte die Henne übrigens immer noch an und erntete nur Schimpfe!

Ein ganz besonderes Erlebnis hatte mein Vater noch einen Tag bevor die Schwalben den Weg in den Süden antraten: Er stand gerade im Garten, als zwei Schwalben sich ihm näherten. Er streckte die Hand aus und sie kamen und wollten wohl landen, doch im letzten Moment drehten sie ab. Wir sind überzeugt davon, das es unsere Schwalben waren, die „Auf Wiedersehen“ sagen wollten.

Rauchschwalbe im Flug, © Stefan Berndtsson Flickr
Rauchschwalbe im Flug, © Stefan Berndtsson Flickr

1. Nachtrag:
Es ist sehr wichtig, Schwalben in der Nähe artgleicher Tieren auszusetzen, da sie von diesen in die Gruppe aufgenommen werden und dort wichtige Verhaltensregeln lernen. Wir Menschen können ihnen einfach nicht beibringen, vor einem Greifvogel zu flüchten, das kann nur eine Schwalbe der anderen zeigen!

Unsere Schwalben beherbergten wir etwa sechs Wochen. Man darf sie nur zum Füttern und Reinigen aufsuchen, da sie sonst zu sehr auf den Menschen geprägt werden, was unbedingt zu vermeiden ist.

2. Nachtrag:
05.06.02, Heute habe ich vier Rauchschwalben gesehen. Sie kreisten über unserem Hof. Als ich sie rief, wie ich es während der Aufzucht immer getan hatte, lösten sich zwei aus der Gruppe und sausten über meinem Kopf hinweg. Mein Vater meint ja, es sei nur Einbildung, aber ich weiß, dass es „meine“ beiden Schwalben waren!