Erkrankungen durch Fehl- und Mangelernährung

Diese Rabenkrähe krampft infolge eines starken Nährstoffmangels, © Sylvia Urbaniak
Diese Rabenkrähe krampft infolge eines starken Nährstoffmangels, © Sylvia Urbaniak

Vögel reagieren ausgesprochen empfindlich auf eine falsche oder in Bezug auf die Menge nicht ausreichende Ernährung. Finden Altvögel nicht genügend Nahrung in der Natur, weil sie zum Beispiel verletzt sind, magern sie rasch ab und erleiden unter Umständen einen Vitamin- oder Nährstoffmangel. Jungvögel, die sich noch im Wachstum befinden, sind noch empfindlicher. Wird ihr Körper nicht exakt mit den Nährstoffen versorgt, die er für ein gesundes Heranwachsen benötigt, kommt es rasch zu Mangelsituationen mit teils schweren gesundheitlichen Folgen. Diese können in ungünstigen Fällen zu lebenslangen Handicaps und im schlimmsten Fall zum Tode führen.

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Eiweißmangel

Das ideale Futter für die meisten Wildvögel sind Insekten, denn sie enthalten wichtige Eiweiße, © Gaby Schulemann-Maier
Das ideale Futter für die meisten Wildvögel sind Insekten, denn sie enthalten wichtige Eiweiße, © Gaby Schulemann-Maier

In Bezug auf die artgerechte Ernährung von Wildvögeln gibt es eine ganz entscheidende Regel: Eiweiß ist nicht gleich Eiweiß! Die Proteinzusammensetzung von Insekten ist beispielsweise völlig anders als die von Säugetierfleisch. Daher kann der Proteinbedarf bei der Jungvogelaufzucht beispielsweise nicht durch die Gabe von Rindfleisch oder gar Katzenfutter gedeckt werden, wie es leider häufig fälschlicherweise angenommen wird. In menschlicher Obhut aufgezogene Jungvögel werden durch eine Fütterung mit Fleisch oder Katzenfutter stark fehlernährt und es kommt häufig rasch zu einem gravierenden Eiweißmangel.

Was vielen Menschen, die sich noch nie mit der Aufzucht verwaister Jungvögel beschäftigt haben, ebenfalls nicht bewusst ist: Auch Körnerfresser benötigen während der Aufzucht ihres Nachwuchses tierisches Eiweiß in Form von Futtertieren beziehungsweise Insekten. Denn ihre Küken sind auf diese hochwertigen Proteine in der Nahrung angewiesen, um zu kräftigen Jungvögeln heranzuwachsen. Fehlt dieses Eiweiß während der Wachstumsphase, kann es unter anderem zu Veränderungen der Knochenstruktur kommen – hierdurch entstehen beispielsweise spontane Brüche.


Genereller Nährstoffmangel

Erhalten Vögel über einen längeren Zeitraum nicht genügend Nährstoffe, schwächt dies ihr Immunsystem. Außerdem kann es zu Mauserproblemen kommen, weil dem Körper nicht die benötigten Substanzen zum Aufbau eines intakten Federkleides zur Verfügung stehen. Die Folge können verfärbte oder brüchige, aber auch deformierte Federn sein. Weitere Informationen dazu finden Sie im Kapitel über Krankheiten des Gefieders.

 

Hinweis: Nicht alle farblichen Abweichungen des Gefieders sind auf einen Nährstoffmangel zurückzuführen. Bei einigen Vogelarten, darunter Amseln, tritt der sogenannte Leuzismus oder Teilleuzismus auf. Hierbei fallen die dunklen Gefiederfarbstoffe entweder komplett oder in einigen Teilbereichen des Federkleids aus. Normalerweise schwarze Gefiederpartien sind dann weiß. Es lassen sich deshalb mitunter rein weiße Amseln beobachten, die jedoch keine roten Augen haben, sondern schwarze. Diese Tiere sind leuzistisch und keine Albino; krank sind sie ebenfalls nicht.

Bitte lesen Sie zu diesem Thema auch unsere Ausführungen über Fehl- und Mangelernährung von Jungvögeln.


Sand- oder Gritmangel

Körnerfresser benötigen Sand oder Gritsteinchen, um den Muskelmagen bei der Zerkleinerung der Körnernahrung zu unterstützen. Eine Unterversorgung mit diesen Partikeln führt zu Verdauungsstörungen, die mit der Zeit zu Mangelerscheinungen führen, da der zu grobe Nahrungsbrei vom Körper nicht normal verwertet werden kann.


Vitaminmangel

Mangel an Vitamin A kann zu fehlender Widerstandskraft gegen Infektionen führen. Hieraus resultieren beispielsweise Erkrankungen der Atemwege und der Nieren. Des Weiteren kann es zu Knochenwachstumsstörungen, Problemen bei den Bewegungsabläufen, Gleichgewichtsstörungen, Gefiederstörungen, Gicht und Augenerkrankungen kommen. Besonders Vögel, die zu einseitig fast ausschließlich mit Getreidesamen gefüttert werden, leiden unter Vitamin-A-Mangel. Hierunter ist zu verstehen, dass beispielsweise lediglich Hafer oder Weizen gereicht wird. Selbst die Körnerfresser unter den Vögeln würden bei einer zu einseitigen Getreidekost über kurz oder lang Vitaminmangelerscheinungen zeigen. Deshalb sind immer hochwertige Futtermischungen zu verwenden, siehe auch unser Kapitel über Futtermittel für Jungvögel.

Rachitis in den Beinen eines jungen Turmfalken, © Sylvia Urbaniak
Rachitis in den Beinen eines jungen Turmfalken, © Sylvia Urbaniak

Durch das Fehlen direkter Sonnenstrahlung kann ein Mangel an Vitamin D3 entstehen. Hierdurch wird der Kalzium-Phosphor-Haushalt gestört und es kann zu einer unzureichenden Verkalkung der Knochen kommen. Infolgedessen können sich die Knochen verbiegen (Rachitis) und es können unter anderem Lähmungserscheinungen auftreten. Von einer Rachitis sind häufig die Beine junger Vögel betroffen. Die Tiere entwickeln eine Fehlstellung, bei der ein Fuß oder beide Füße nach innen zeigt/zeigen. Dies geschieht, weil das Körpergewicht zu groß ist, um von den weichen Knochen getragen zu werden. Im späteren Verlauf der Erkrankung können auch andere Knochen sowie der Schnabel und die Krallen aufweichen.

Ein Mangel an Vitamin E kann zu zentralnervösen Störungen, Bewegungsstörungen und Augenerkrankungen führen.


Kalziummangel

Kalzium ist ausgesprochen wichtig für kräftige Knochen und robustes Schnabelhorn. Während der Wachstumsphase eines Jungvogels wird zum Knochen- und Schnabelaufbau eine mehr oder minder große Menge an Kalzium benötigt. Das Futter während der Handaufzucht enthält meistens nicht ausreichend davon, weshalb es zusätzlich täglich verabreicht werden muss.

Tut man das nicht, können die Knochen zu weich sein, wodurch sie sich verformen – es entsteht bei heranwachsenden Vögeln eine sogenannte Rachitis, oder auch Metabolische Knochenkrankheit (MBD) genannt, die entweder in den Beinen oder in den Flügeln auftreten kann. Ist der Schnabel während des Wachstums zu weich, weil dem Körper eines Jungvogels zu wenige Nährstoffe für den Aufbau des robusten Schnabelhorns zur Verfügung stehen, treten oft Verformungen auf. Zudem kann es geschehen, dass der Schnabel in seinem Wachstum stagniert. Hiervon sind mitunter nicht beide Schnabelhälften gleichermaßen betroffen, sodass entweder der Ober- oder der Unterschnabel länger als die jeweils andere Schnabelhälfte sein können. Die folgenden Bilder zeigen zwei junge Elstern, die über fünf Wochen nur mit Drohnenbrut, ohne Zugabe von Kalzium- und Vitamingaben gefüttert wurden und in diesem Zustand viel zu spät in einer Pflegestelle landeten. Hier blieb am Ende leider nur noch die Euthanasie durch den Tierarzt.

 

Kalzium für Vögel, © Anke Dornbach
Kalzium für Vögel, © Anke Dornbach

Generell ist allen Jungvögeln während der Wachstumsphase ein Kalzium-, Vitamin- und Mineralstoffpräparat zuzuführen.
Einige Vogelarten benötigen darüber hinaus eine zusätzliche Kalziumgabe, da sie auf Grund ihrer Anatomie besonders anfällig für Kalzium-Mangelerscheinungen sind.
Hierzu zählen insbesondere

  • Rabenvögel,
  • Tauben,
  • Stare, Drosseln und Amseln
  • Wasservögel,
  • empfindliche Insektenfresser.

Damit der Körper das Kalzium auch aufnehmen und verarbeiten kann, benötigt er Vitamin D, welches jedoch bereits im Kalzium-, Vitamin- und Mineralstoffpräparat enthalten ist.

Darüber hinaus spielt eine ausreichende Versorgung mit Sonnenlicht eine große Rolle bei der Aufnahme von Kalzium. Es ist daher essentiell, Jungvögeln ausreichend UVB Strahlung zu ermöglichen, zum Beispiel mit einer speziellen Vogellampe.