Augenerkrankungen

Augenveränderung bei einer Stockente © Sylvia Urbaniak
Augenveränderung bei einer Stockente © Sylvia Urbaniak

Augenerkrankungen können bei Wildvögeln durch Infektion mit Bakterien, Viren oder anderen Krankheitserregern sowie durch Verletzungen aufgrund von Unfällen, durch Tumoren, durch Stoffwechselerkrankungen, durch Vitamin-A-Mangel oder aber durch genetische Faktoren bedingt sein. Aufgrund der Fülle möglicher Ursachen ist es wichtig, die Hintergründe für die Erkrankung in jedem individuellen Fall möglichst genau zu klären. Denn nur wenn eine exakte Diagnose gestellt werden kann, lässt sich eine zielgerichtete Therapie einleiten. Hausmittel sollte man bei Wildvögeln, die an einer Augenerkrankung leiden, sicherheitshalber niemals verwenden, denn die Mittel können schwere Nebenwirkungen haben. Aus den genannten Gründen sollte ein fachkundiger Tierarzt zu Rate gezogen werden; dies sollte entweder ein Tierarzt mit der Zusatzausbildung „Augenheilkunde“ oder ein Vogeltierarzt sein. Adressen von Vogel-Tierärzten finden sich auf der Website von Welli.net.

 

Junger Haussperling mit einer Hornhautentzündung, © Dagmar Offermann
Junger Haussperling mit einer Hornhautentzündung, © Dagmar Offermann

In Bezug auf Augenerkrankungen bei Vögeln ist stets die wichtigste Grundregel zu beherzigen: Wenden Sie niemals eigenmächtig Salben oder Tropfen am Vogelauge an! Die für den Menschen bestimmten Salben und Augentropfen enthalten oft Substanzen, die für Vögel nur bedingt oder gar nicht geeignet sind. Im günstigsten Fall entfalten sie keinerlei Wirkung, doch es besteht leider ebenso die Möglichkeit, dass sich die Augenerkrankung verschlimmert oder das Auge durch einen für Vögel unverträglichen Wirkstoff stark geschädigt wird. Schlimmstenfalls kann dies zur vollständigen Erblindung des gefiederten Patienten führen. Vor allem mit Präparaten, die Kortison enthalten, ist allergrößte Vorsicht geboten, weil Vögel darauf extrem empfindlich reagieren. Suchen Sie also auf jeden Fall einen versierten Tierarzt auf und lassen Sie ihn die Therapie festlegen. Nur so können Sie sicherstellen, dass Sie einem Wildvogel bei dem Versuch, ihm zu helfen, nicht zusätzlich schaden.

Nicht immer ist gleich ein Arzt erreichbar und viele Hilfesuchende wenden sich an einen Apotheker, um sich beraten zu lassen. Sofern ein Mensch erkrankt ist, ist dies ein sinnvolles Vorgehen, doch leider kennen sich die allerwenigsten Apotheker mit Augenerkrankungen von Wildvögeln aus. Deshalb sind die Mitarbeiter von Apotheken für gewöhnlich nicht dazu in der Lage, Ratschläge zu erteilen oder Tipps bezüglich der zu verwendenden Medikamente zu geben. Verlassen Sie sich deshalb bitte nur auf die Anweisungen erfahrener Tierärzte.

Augenlidverletzung bei einer Ringeltaube, © Gaby Schulemann-Maier
Augenlidverletzung bei einer Ringeltaube, © Gaby Schulemann-Maier

Bei Entzündungen des Auges ist es in manchen Fällen ratsam, unterstützend zur vom Arzt verordneten Medikament (Salbe oder Tropfen) ein ebenfalls vom Tiermediziner festgelegtes Antibiotikum in den Schnabel einzugeben. Hierdurch kann eine möglicherweise vorliegende Infektion gewissermaßen von innen zusätzlich bekämpft werden. Darüber hinaus kann je nach Ursache der Erkrankung die Gabe von Vitamin A hilfreich sein. Welche Maßnahmen im Einzelfall sinnvoll sind, kann ein erfahrener Tierarzt in aller Regel gut einschätzen.

Auf dieser Seite erklären wir einige Hintergründe zu Augenerkrankungen, die bei Wildvögeln vergleichsweise häufig in Erscheinung treten. Durch einen Klick auf den jeweiligen Listeneintrag gelangen Sie zum dazugehörigen Erläuterungstext.


Chlamydieninfektion

Ein häufiger Auslöser von Augenerkrankungen bei Ziervögeln sind Erreger aus der Familie der Chlamydien. Sie verursachen Schwellungen der Lider, die Tiere schließen die betroffenen Augen wegen der durch die Infektion verursachten Schmerzen und häufig kratzen sie sich so oft, dass die umliegenden Federn ausfallen. Auch tritt oft klebriges Sekret aus den Augen aus. Tierärzte haben die Möglichkeit, zum Beispiel durch einen Abstrich festzustellen, ob Chlamydien die Augen eines Vogels befallen haben. Durch die Behandlung mit einem Antibiotikum können Chlamydien-Augeninfektionen behandelt werden.

Achtung: Da Chlamydieninfektionen ansteckend sind, sollten Vögel, die daran erkrankt sind, in einem Quarantäneraum ohne Kontakt zu anderen Vögeln untergebracht werden. Außerdem ist auf die nötige Hygiene zu achten. Nach dem Kontakt mit den infizierten Vögeln müssen die Hände gründlich gewaschen, am besten desinfiziert werden, um eine Übertragung der Krankheitserreger auf andere Tiere zu vermeiden.

In diesem Kapitel ist die Abbildung „Eichelhäher mit Chlamydieninfektion der Augen“ zu sehen, die eindrucksvoll das entsprechende Krankheitsbild zeigt. Nach einer siebentägigen Behandlung mit einem Antibiotikum ging es ihm deutlich besser, wie die Abbildung „Derselbe Eichelhäher nach der Behandlung der Chlamydieninfektion“ zeigt. Insgesamt ist das Tier zehn Tage mit einem Medikament auf der Basis des Wirkstoffs Doxycyclin behandelt worden, was sich in diesem individuellen Fall als wirksam erwiesen hat. Die Federn um die Augen herum sind  von der Pflegerin entfernt worden. Der Grund dafür ist, dass bei einer solchen Infektion in den Federn Sekret haften bleiben könnte, das mit Krankheitserregern durchsetzt ist. Indem die Federn dann die Augengegend berühren, würde es immer wieder dazu kommen, dass die Erreger erneut in die  Augen gelangen könnten. Deshalb kann das Entfernen der Federn sinnvoll sein. Nicht in jedem Fall muss eine Behandlung wie in diesem Beispiel beschrieben ablaufen. Der behandelnde Tierarzt wird in jeder Situation individuell entscheiden, welche Therapie am sinnvollsten ist!

Achtung: Der Erreger Chlamydophila psittaci ist für das Auftreten der Ornithose, einer Tierseuche, die auch auf den Menschen überspringen kann, verantwortlich. Eines der möglichen Symptome der Ornithose sind Augenentzündungen!


Hack- und Bisswunden an Kopf und Augen

Junge Amsel mit verletztem Auge, © Anke Dornbach
Junge Amsel mit verletztem Auge, © Anke Dornbach

Unter Wildvögeln kann es zuweilen zu Streitigkeiten kommen, was vor allem während der Brutperiode der Fall ist. Oft geraten zwei Kontrahenten aneinander, die dasselbe Revier für sich beanspruchen wollen. Dabei hacken die Tiere sich gegenseitig mit dem Schnabel und zielen häufig auf die Kopfregion.  Dies kann zu schweren Verletzungen der Augengegend führen. Solche Wunden gehen zudem in vielen Fällen mit ausgerissenen Federn einher. Jungvögel können außerdem gezielt auf den Kopf gepickt werden, um sie zu töten und zu fressen. Die junge Amsel auf dem Bild hat dadurch eine aufgerissene Kopfhaut und ein verletztes Auge erlitten und musste eine langwierige Behandlung über sich ergehen lassen. Eine gründliche Wundreinigung ist wichtig, allerdings sind hierfür spezielle Präparate wichtig, um die Augen nicht zu schädigen. Wie die Wunden zu behandeln sind, erläutert am besten ein Tierarzt. Er kann zudem feststellen, ob es sich bei Verletzungen in Augennähe nur um oberflächliche Wunden handelt oder ob der unter der Haut liegende Bereich eines Auges, also der Glaskörper, ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Dies abzuklären ist ausgesprochen wichtig, denn bei einer Augenverletzung, die nicht erkannt und folglich nicht richtig behandelt wird, kann es im ungünstigsten Fall zu einer lebenslangen Erblindung kommen.


Hornhautentzündungen und Eintrübungen der Augen

Weibliche Amsel mit starker Eintrübung des Auges, © Sylvia Urbaniak
Weibliche Amsel mit starker Eintrübung des Auges, © Sylvia Urbaniak

Unter Einfluss von Bakterien können sich die Hornhäute entzünden. Bleiben solche Infektionen unbehandelt, stellen sich nach einiger Zeit schwere Schäden ein und nicht selten kommt es zu einer Trübung im Auge. Die hiervon betroffenen Vögel sind auf dem Auge das sich eingetrübt hat, meist vollständig blind.

Doch Hornhautentzündungen sind nicht die einzigen Gründe, aus denen sich die Augen eines Vogels eintrüben können.Vor allem bei alten Vögeln ist beispielsweise mitunter der sogenannte Graue Star (Katarakt) zu beobachten, wenn auch sehr selten, weil Wildvögel aufgrund des harten Lebens in der Natur oft relativ jung sterben.

Weit vorangeschrittener Hornhautdefekt bei einer Stadttaube, © Sylvia Urbaniak
Weit vorangeschrittener Hornhautdefekt bei einer Stadttaube, © Sylvia Urbaniak

Die Entstehung von dauerhaften Eintrübungen sollte unbedingt verhindert werden, sofern dies möglich ist. Denn blinde oder stark in ihrer Sehleistung eingeschränkte Vögel sind in freier Natur normalerweise nicht überlebensfähig. Es ist deshalb wichtig, einen Vogel mit Augeneintrübungen möglichst rasch einem erfahrenen Tierarzt vorzustellen, im Idealfall einem Tierarzt, der auf Augenheilkunde spezialisiert ist.


Parasitenbefall an den Augenlidern und rund um die Augen

Zecken am Auge eines Turmfalken, © Sylvia Urbaniak
Zecken am Auge eines Turmfalken, © Sylvia Urbaniak

Die Augenlider und die Haut rund um die Augen ist anfällig für verschiedene Parasiten. Sogenannte Räude- oder Grabmilben können sich dort ebenso einnisten wie Vogelzecken. Letztere müssen sehr vorsichtig mit einer Pinzette entfernt werden. Da Vögel dabei in den meisten Fällen nicht still halten und man ihnen beim Abrutschen mit dem spitzen Gegenstand ein Auge schwer verletzen könnte, ist es sinnvoll, einen Tierarzt Zecken an den Augen entfernen zu lassen. Gegen Grabmilben gibt es verschiedene Behandlungsmethoden, darunter eine Therapie mit Kontaktgift, das auf die Haut des Vogels geträufelt wird. Das Foto in diesem Absatz zeigt das Auge eines Turmfalken. An den Lidern und an der umliegenden Haut haben sich einige Zecken festgebissen.


Verletzungen der Augen und der Augenlider

Augenverletzung bei einer Waldohreule, © Sylvia Urbaniak
Augenverletzung bei einer Waldohreule, © Sylvia Urbaniak

Zum Beispiel durch Kollisionen und Stürze, aber auch durch das Eindringen von Fremdkörpern in das Auge kann es zu Verletzungen am Auge selbst oder an den Lidern kommen. Ein Laie sollte niemals in Eigenregie solche Blessuren behandeln oder gar versuchen, Fremdkörper aus Vogelaugen zu entfernen. Es ist wichtig, dass ein fachkundiger Tierarzt, am besten ein Tier-Augenarzt, den gefiederten Patienten behandelt. Denn wenn das Auge selbst verletzt worden ist, sind andere Behandlungsschritte notwendig, als wenn „nur“ das Augenlid verletzt ist. Weil eine falsche Vorgehensweise den völligen Verlust der Sehkraft oder gar des Organs (bei auslaufendem Kammerwasser kann das Auge eintrocknen) nach sich ziehen kann, ist eine fachkundige Behandlung sehr wichtig! In diesem Absatz ist eine Waldohreule mit einer Augenverletzung zu sehen. Deutlich ist das stark geschwollene Unterlid des linken Auges zu erkennen.


Wucherungen an den Augenlidern (Papillomatose)

Papillom am Lidrand einer Singdrossel (siehe Markierung), © Sylvia Urbaniak
Papillom am Lidrand einer Singdrossel (siehe Markierung), © Sylvia Urbaniak

Bestimmte Viren, die sogenannten Papilloma-Viren (Papilloma sp.), können bei Wildvögeln Wucherungen an den Schleimhäuten verursachen. Hiervon können unter anderem die Augenlider der Tiere betroffen sein. Die durch diese Viren verursachte Erkrankung nennt sich Papillomatose, bei einer entsprechenden Wucherung spricht man von einem Papillom. Weil diese Wucherungen sehr groß werden können, verursachen sie oft Einschränkungen des Gesichtsfeldes und es besteht außerdem die Möglichkeit, dass sich die Vögel an den Wucherungen verletzen, was wiederum die Gefahr für Infektionen erhöht. Fachkundige Tierärzte können Papillome chirurgisch entfernen, sofern sie sich in einer günstigen Position befinden und das Augenlid während der Operation weitestgehend erhalten bleiben kann. Dies ist wichtig, weil die Augenlider eine wichtige Schutzfunktion erfüllen. Ohne intakte Augenlider trocknen die Augen aus, ein Vogel mit einer solchen körperlichen Behinderung wäre in freier Wildbahn nicht überlebensfähig.


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