Infektionskrankheiten des Gesamtorganismus‘

Als Infektion wird das Eindringen von Krankheitserregern, sogenannten pathogenen Keimen, in den Organismus bezeichnet. Die Zeitspanne von der Ansteckung bis zum Krankheitsausbruch nennt man Inkubationszeit. Manche Infektionen wirken sich nur in kleinen Bereichen des Körpers aus, es entstehen zum Beispiel Entzündungen an Gelenken oder an der Haut. Andere Infektionen betreffen den gesamten Organismus. Von diesen Erkrankungen handelt dieses Kapitel.

Kranker Eichelhäher, © Anke Dornbach
Kranker Eichelhäher, © Anke Dornbach

Sitzt ein Wildvogel matt am Boden und ist er sehr geschwächt, so könnte eine Infektion vorliegen und das Tier sollte in menschliche Obhut genommen werden. Ein fachkundiger Tierarzt sollte den Vogel untersuchen. Meist werden Infektionen, die den gesamten Organismus betreffen, von Bakterien verursacht. Dann ist es erforderlich, dass der erkrankte Vogel mit einem Antibiotikum behandelt wird. Welches Präparat zum Einsatz kommt, sollte der Tierarzt festlegen. Vor der Wahl eines Antibiotikums sollte sicherheitshalber ein sogenannter Resistenztest durchgeführt werden, um herauszufinden, welches Präparat die besten Erfolgsaussichten verspricht! Hierfür wird vom Tierarzt eine Probe (Abstrich, Blut- oder Kotprobe) entnommen und an ein medizinisches Labor gesandt. Die Analyse kann bis zu drei Tage, in extremen Fällen sogar bis zu einer Woche, in Anspruch nehmen. In akuten Krankheitsfällen wird die Zeit, bis das Ergebnis vorliegt, meist mit einem Breitbandantibiotikum überbrückt.

Doch es gibt auch Erkrankungen des gesamten Vogelkörpers, die von Viren oder Parasiten verursacht werden. Aus dem Grund ist es wichtig, dass ein erfahrener Tierarzt den Patient untersucht, um den vorliegenden Krankheitserreger dingfest zu machen. Im Folgenden werden einige häufig auftretende Erkrankungen des Gesamtorganismus vorgestellt.

Auf dieser Seite finden Sie folgende Inhalte:


Aspergillose

Die Aspergillose ist eine Infektion, die von schwarzen Schimmelpilzen (Aspergillus niger) hervorgerufen wird. Diese gelangen meist über die Atemwege in den Körper. Häufig betrifft die Aspergillose vor allem das Atmungssystem der Vögel, Gesundheitsprobleme wie schwere Atemnot sind die Folge.

Doch die Krankheit kann den gesamten Organismus in Mitleidenschaft ziehen. In schweren Fällen bilden sich sogenannte Pilzgranulome, also kleine „Wucherungen“ im Körper. Sie können auf den Organen wachsen und zu schweren Gesundheitsstörungen führen. Solche Granulome lassen sich bei Vögeln meist nur durch eine endoskopische Untersuchung, bei der das Tier narkotisiert und mit einer Mini-Kamera innerlich untersucht wird, nachweisen. Sie können nicht mit Medikamenten zum Verschwinden gebracht werden und müssen chirurgisch entfernt werden.

Weil die Aspergillose auch bei Ziervögeln auftritt, finden sich zu dem Thema auf zahlreichen Internetseiten Informationen, darunter auch hier.


Ornithose, auch Psittakose oder Papageienkrankheit genannt

Diese bakterielle Infektionskrankheit wird durch Chlamydien, wissenschaftlich Chlamydophila psittaci genannt, ausgelöst. Dies sind sehr kleine Bakterien, die vor allem bei Papageien auftreten. Eine Reihe von Wildvögel wie beispielsweise Möwen oder Tauben können jedoch ebenfalls erkranken. Die Ornithose ist nicht immer leicht zu erkennen, weil es unterschiedliche Verläufe und Erscheinungsbilder der Erkrankung gibt. Zu den möglichen Symptomen können Apathie, Abmagerung, Schläfrigkeit, Schwäche, Augen- und Bindehautentzündung, Durchfall und Schnupfen gehören.

Es ist wichtig zu wissen, dass die Ornithose äußerst ansteckend ist. Sie wird durch direkten Kontakt von Vogel zu Vogel oder durch infizierten Federstaub, Kot, Schleimhautsekret, etc. übertragen. Wird die Ornithose nachgewiesen, muss sie dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden. Bei vielen einheimischen Wildvogelarten werden Chlamydien jedoch in einer weniger aggressiven Form ebenfalls nachgewiesen.

Bitte beachten Sie, dass diese Krankheit in Deutschland meldepflichtig ist, denn sie ist auf den Menschen übertragbar!

Umfangreiche Informationen über die Ornithose in Bezug auf Heimvögel finden Sie auf Birds Online. Die dort beschriebenen Details gelten auch für Wildvögel, die von Menschen gepflegt werden.


Paramyxovirose

Es gibt eine Reihe sogenannter Paramyxoviren, von denen einige bei Vögeln zu teils schweren Erkrankungen führen können. Betroffen sind besonders häufig Tauben, aber auch andere Vogelarten können an einer Infektion mit Paramyxoviren leiden. Schon wenige Tage nach der Ansteckung scheiden erkrankte Tiere, die selbst unter Umständen noch keine Symptome zeigen, den Erreger bereits mit dem Kot und über Körpersekret aus und sind für andere Vögel eine Ansteckungsquelle. Die Inkubationszeit der Erkrankung kann höchst unterschiedlich ausfallen, sie beträgt zwischen drei Tagen und rund drei Wochen.

Diese Stadttaube leidet an einer Paramyxovirose, © Sylvia Urbaniak
Diese Stadttaube leidet an einer Paramyxovirose, © Sylvia Urbaniak

An der Krankheit leidende Vögel trinken meist sehr viel, fressen dafür wenig und scheiden stark verflüssigten Kot aus, weil sie so viel trinken. Sie magern ab und verlieren insgesamt an Kraft. Bei manchen Vögeln kommt es als nächstes zu Lähmungen in den Beinen. In den meisten Fällen verursachen diese Viren außerdem Störungen des Zentralen Nervensystems. Erkrankte Vögel haben Koordinationsschwierigkeiten, können das Gleichgewicht nicht mehr richtig halten und verdrehen den Kopf oder legen ihn auf den Rücken; zudem drehen sich etliche Vögel dabei unkontrolliert im Kreis. Viele Tiere sterben an der Erkrankung, doch einige überleben die Infektion und nach mehreren Wochen kommt es zu einer Selbstheilung. Allerdings kann es Monate dauern, bis die neurologischen Störungen wie das Verdrehen des Kopfes verschwinden. Die überlebenden Tiere sind in dieser Zeit häufig auf menschliche Hilfe angewiesen, weil sie aufgrund der schiefen Kopfhaltung nicht dazu in der Lage sind, sich selbstständig zu ernähren. Es ist auch möglich, dass die Symptome nie vergehen werden, das Tier aber trotzdem selbständig Nahrung aufnehmen kann.

Weil es sich um eine Viruserkrankung handelt, ist eine gezielte Bekämpfung der Erreger nicht möglich. Erkrankten Tieren kann jedoch durch die gezielte Unterstützung des körpereigenen Abwehrsystems mit immunstärkenden Präparaten sowie mit einem Vitamin-B-Komplex gegen die neurologischen Störungen geholfen werden. Wichtig ist es auch, den Flüssigkeitshaushalt aufrecht zu erhalten. Hier lässt sich unterstützend Ringerlactat und/oder Amynin beziehungsweise Volamin ins Trinkwasser geben.

Wichtiger Hinweis: Da eine Salmonelleninfektion oft ähnlich verläuft wie eine Paramyxovirose, ist es sinnvoll, gerade bei Tauben eine Kotprobe auf diese Krankheitserreger untersuchen zu lassen.

Achtung: Bei Menschen mit geschwächter Immunabwehr, die mit den Erregern in Kontakt geraten, können Bindehautentzündungen und leichte grippeähnliche Symptome auftreten, die aber innerhalb kurzer Zeit von selbst wieder verschwinden. Eine Behandlung ist in aller Regel nicht nötig. für Vögel gibt es eine Impfmöglichkeit, die insbesondere für Tauben sinnvoll sein kann.


Salmonellose

Vögel, Menschen und einige Tiere können an einer Infektion mit Salmonellen erkranken, Ärzte sprechen dann von einer Salmonellose. Die Erreger (Salmonella spp.) sind sehr kleine stäbchenförmige Bakterien, deren Größe im Mikrometerbereich liegt. Bei Vögeln kann sich eine Infektion mit Salmonellen auf unterschiedliche Weise äußern. Sogenannte Enteritis-Salmonellen befallen den Verdauungstrakt. Betroffene Tiere leiden unter schweren Durchfällen, Abmagerung, Austrocknung (Dehydrierung), Appetitlosigkeit und allgemeiner Abgeschlagenheit. Oft ist die Kloake verklebt, sie kann durch den Kot sogar vollständig verstopfen. Die Vögel zeigen zudem in manchen Fällen Gleichgewichtsstörungen und taumeln. Auch neurologische Probleme wie das Verdrehen des Kopfes sowie heftiges Krampfen können auf eine Infektion mit Salmonellen hindeuten.

Teichhuhn mit Salmonellose in den Beingelenken, © Sylvia Urbaniak
Teichhuhn mit Salmonellose in den Beingelenken, © Sylvia Urbaniak

Eine weitere Erscheinungsform der Salmonelleninfektion betrifft die Gelenke der Vögel. In diesen nisten sich die kleinen Krankheitserreger ein und zerstören das Gewebe. Starke Schwellungen und Rötungen sind typische Anzeichen. Sind die Beingelenke entzündet, können die Vögel in besonders schlimmen Fällen nicht mehr richtig stehen, wenn die Salmonellen die Gelenke weitestgehend zerstört haben. Auch die Flügelgelenke können betroffen sein, erkrankte Tiere können meist nur noch schlecht oder gar nicht mehr fliegen.

Durch die Untersuchung eines Abstrichs aus der Kloake oder durch die Analyse einer Kotprobe lässt sich eine Salmonelleninfektion nachweisen, es können in einigen Fällen auch Kropfabstriche zum Nachweis der Erkrankung verwendet werden. Liegt eine Gelenkentzündung vor, ist es möglich, eine Punktierung durchzuführen und die dadurch gewonnene Probe zu untersuchen. Salmonelleninfektionen werden normalerweise mit einem Antibiotikum bekämpft. Die Behandlungsdauer hängt von der Schwere der Erkrankung ab und muss von einem erfahrenen Tierarzt festgelegt werden. Mitunter kann es erforderlich sein, ein Antibiotikum oder Cortison vom Tierarzt direkt in ein entzündetes Gelenk spritzen zu lassen. Diese Maßnahme mag erschreckend erscheinen, ist aber oft die einzige Möglichkeit, dem betroffenen Tier zu helfen. Unterstützend kann zudem die Gabe des homöopathischen Präparates Salmonella Globuli sinnvoll sein.

Da Salmonellen hochgradig ansteckend sind, müssen unbedingt die stärksten Hygienerichtlinien eingehalten werden. Infizierte Vögel dürfen keinen Kontakt zu nicht erkrankten Tieren haben, außerdem muss der Pfleger seine Hände nach dem Umgang mit dem Vogel gründlich waschen und desinfizieren. Dasselbe gilt für die Unterbringung des Vogels, diese muss regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden. Ferner muss bei Trink- und Futternäpfen peinlich genau darauf geachtet werden, dass diese nicht mit denen gesunder Vögel vertauscht werden. Die Näpfe müssen täglich mindestens einmal sehr gründlich gewaschen und desinfiziert werden.

Achtung: Salmonelleninfektionen können für den Menschen gefährlich werden, sie gehören zu den sogenannten Zoonosen, siehe separates Kapitel.


Taubenpocken

Brief- und mitunter auch Wildtauben können Opfer einer Infektionskrankheit namens Taubenpocken werden. Auslöser der Erkrankung ist ein Virus, es trägt die Bezeichnung Avipoxvirus columbae. Dieser Erreger ist auf Tauben spezialisiert, das heißt, andere Vogelarten sind hiervon nicht betroffen. Für Menschen und Säugetiere besteht keine Gefahr. Die Taubenpocken werden per Tröpfcheninfektion von Taube zu Taube übertragen. Darüber hinaus können Blut saugende Insekten wie Mücken als Überträger auftreten. Eine weitere Infektionsquelle ist mit Taubenpockenviren verseuchtes Trinkwasser.

Brieftaube mit Hautform der Taubenpocken, wobei die Augenlider betroffen sind, © Sylvia Urbaniak
Brieftaube mit Hautform der Taubenpocken, wobei die Augenlider betroffen sind, © Sylvia Urbaniak

Es gibt verschiedene Erscheinungsformen der Taubenpocken. Bei der sogenannten Hautform, siehe Foto unten, entstehen auf der Haut kleine Knötchen, die bis zu einem Zentimeter groß werden können. Häufig ist die Haut an der Schnabelwurzel, an den Augenlidern und an der Nase betroffen, mitunter treten die Knötchen auch an den Füßen oder sogar am Schnabelhorn auf. Eine zweite Form ist die Schleimhautform, die seltener auftritt als die Hautform. Leidet eine Taube an der Schleimhautform der Taubenpocken, verfärbt sich die Schnabel- und Rachenschleimhaut grau-rot und es zeigen sich nach einiger Zeit weiße bis gelbliche kleine Punkte, die immer größer werden und später miteinander verschmelzen. Es treten meist zusätzlich bakterielle Infektionen der betroffenen Schleimhäute auf, wodurch sich schorfige Beläge bilden. Hiervon betroffene Vögel haben starke Schluckbeschwerden. Manche Tauben entwickeln eine Mischform der beiden genannten Taubenpockenformen.

Bei guter Hygiene und Pflege können betroffene Vögel wieder gesund werden. Da es sich um eine Virusinfektion handelt, gibt es keine medikamentöse Behandlungsmethode. Dennoch können auf Vögel spezialisierte Tierärzte Präparate verordnen, die den Vögeln die schwere Krankheitssituation erleichtert. Wichtig ist auch, eventuell auftretende zusätzliche bakterielle Infektionen (Sekundärinfektionen) antibiotisch zu behandeln.

Achtung: Gesund gewordene Vögel scheiden noch einige Zeit nach ihrer Genesung die Viren aus und können deshalb andere Tauben anstecken!

Usutu-Virus

Weil vor allem Amseln vom meist tödlichen Usutu-Virus betroffen sind, wird in Zusammenhang mit der Erkrankung vom Amselsterben gesprochen; © Gaby Schulemann-Maier
Weil vor allem Amseln vom meist tödlichen Usutu-Virus betroffen sind, wird in Zusammenhang mit der Erkrankung vom Amselsterben gesprochen; © Gaby Schulemann-Maier

Das Usutu-Virus stammt ursprünglich aus Afrika und ist nach einem Fluss in Swasiland benannt. Übertragen wird diese Virusinfektion durch Stechmücken. Von Afrika aus hat sich diese Virusinfektion, die Säugetiere und Vögel betreffen kann, nach Europa ausgebreitet. Es wird angenommen, dass mit Wassertransporten die exotischen Mücken, die das Virus verbreiten, auf unseren Kontinent gebracht worden sind und so zur Ausbreitung der Usutu-Viren führen konnten. Auch unsere heimischen Mücken können die Viren übertragen, wodurch die Infektionshäufigkeit rasch steigen konnte.

In Mitteleuropa sind vor allem Amseln hiervon betroffen, die infizierten Tiere sterben meist. Erste Nachweise des Virus in einer verstorbenen Amsel stammen aus dem Jahr 2011, das tote Tier war in Hessen gefunden worden. Ein Jahr später erfolgte der nächste Nachweis, die verstorbene Amsel war in Siegen in Nordrhein-Westfalen gefunden worden. Binnen zwei Wochen hat der NABU im Jahr 2016 über 600 tote Vögel nachgewiesen, bei denen es sich mehrheitlich um Amseln gehandelt hat. Gemeinsam mit Spezialisten ruft der NABU zur Meldung toter Vögel auf, auch können die sterblichen Überreste an Fachleute geschickt werden, die nach Spuren der Usutu-Viren suchen und so die Ausbreitung der Erkrankung in Deutschland erforschen wollen. Vor dem Hintergrund dieses Amselsterbens, das in Wahrheit auch einige andere Vogelarten betrifft, gibt es eine Meldeaktion, an der sich jeder Finder beteiligen kann.

Typische Symptome einer Usutu-Erkrankung sind bei Vögeln ein sehr struppig wirkendes Gefieder, Apathie, fehlendes Fluchtverhalten, massive Schwierigkeiten beim Fliegen und oft Gleichgewichtsstörungen, die sich in torkelnden Bewegungen äußern. Eine Therapie oder Heilung gibt es für Vögel derzeit nicht.

Wichtiger Hinweis: Finden Sie eine Amsel oder einen anderen Vogel, der an einer Usutu-Infektion leidet, besteht beim Berühren keine Gefahr. Die Erkrankung kann zwar auch Menschen treffen, aber sie wird ausschließlich von Stechmücken übertragen und nicht durch Kontakt mit infizierten Tieren oder Menschen. Aufgrund der Aktivitätsphase der Mücken vom Frühling bis in den Herbst sind im Winter keine Neuinfektionen zu erwarten.


Vogelgrippe

Immer wieder kommt es seit einigen Jahren an verschiedenen, nicht vorhersagbaren Stellen zu kleineren Ausbrüchen der Vogelgrippe. Über diese Erkrankung, die sich auch auf den Menschen übertragen kann, berichten wir ausführlich in unserem Kapitel über Zoonosen.