Erkrankungen und Verletzungen der Fortpflanzungsorgane

Bei Wildvögeln kann es zu unterschiedlichen Erkrankungen der Geschlechtsorgane beziehungsweise Fortpflanzungsorgane kommen. Darüber hinaus gibt es Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen, die sich in Zusammenhang mit der Fortpflanzung ergeben. Beide auf dieser Seite beschriebenen Gesundheitsstörungen können dabei typisch sein. Ein Kloakenvorfall kann zudem entstehen, wenn ein Vogel aus größer Höhe abstürzt und auf den Bauch fällt.


Kloakenvorfall

Manchen Vogelweibchen gelingt es nicht, ein von ihnen produziertes Ei richtig abzulegen. Bleibt es im Bauchraum stecken, spricht man von einer Legenot, siehe unten. Doch das Ei kann auch an der Schleimhaut kleben bleiben und mitsamt dieser aus der hinteren Körperöffnung rutschen. Dann ist von einem sogenannten Kloaken- oder Eileitervorfall die Rede; Ärzte sprechen auch von einem Prolaps.

Gelegentlich kommt es zudem vor, dass Vögel, deren Bindegewebe zu schwach ist, beim Absetzen von Kot einen Kloakenvorfall erleiden. Dies kann sowohl bei Jung- als auch bei Altvögeln auftreten. Zu erkennen ist ein solcher Kloakenvorfall oder Kloakenprolaps an der nach außen gestülpten, dunkelroten und meist geschwollenen Schleimhaut. Geht der Kloakenvorfall mit einer Eiablage einher, kann es geschehen, dass das Ei mit der Schale an der Kloakenschleimhaut festklebt. Betroffene Vogelweibchen werden die Eier häufig nicht aus eigener Kraft los, ohne dabei ihre empfindliche Schleimhaut schwer zu verletzen.

Ein weiterer Grund, weshalb Vögel einen Kloakenvorfall erleiden können, ist ein Sturz aus großer Höhe. Davon betroffen sind meist Jungvögel, die aus dem Nest gefallen sind. Prallen sie dabei auf den Bauch, verrutschen die inneren Organe kurzzeitig und ein Teil des Darms quillt aufgrund des hohen Drucks im Körper aus der Kloake. Die Abbildungen „Prolaps 1“ und „Prolaps 2“ zeigen einen jungen Mauersegler, bei dem es wahrscheinlich aufgrund eines Sturzes aus dem Nest zu einem Kloakenvorfall gekommen ist.

Die nach außen gestülpte Schleimhaut trocknet rasch aus und stirbt dann ab. Tierärzte sprechen in solchen Fällen von einer Nekrose (abgestorbenes Gewebe) oder einer nekrotischen Veränderung der Schleimhaut. Je mehr Schleimhaut abgestorben ist oder je mehr Wunden diese aufweist, desto schlechter sind die Überlebenschancen des betroffenen Vogels. Ein von einem Kloakenvorfall betroffener Vogel kann außerdem in aller Regel keinen Kot absetzen und leidet zudem unter starken Schmerzen.

Es gilt ohne Wenn und Aber: Ein Vogel, der einen Kloakenvorfall erlitten hat, gehört umgehend in tierärztliche Behandlung!

Auf dem Weg zum Arzt sollte die Schleimhaut mit einem sterilen Wundverband und steriler Kochsalzlösung befeuchtet werden, um ein weiteres Austrocknen zu verhindern. Das Tier muss während des Transports so gelagert werden, dass er nicht stürzen kann. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um ein Weibchen handelt, in dessen Körper sich ein noch nicht gelegtes Ei befindet oder an dessen vorgefallener Kloakenschleimhaut ein Ei klebt. Beim Tierarzt angelangt, wird das Ei unter Vollnarkose operativ entfernt und die Schleimhaut in den Körper zurückverlagert, sofern der Zustand des Vogels dies noch zulässt. Abgestorbene Bereiche der Kloakenschleimhaut muss der Tierarzt entfernen, da sie sonst zu einer Blutvergiftung (Sepsis) führen können.

Damit die herausgerutschten Schleimhautbereiche nicht sofort wieder aus dem Körper des Vogels quellen, verschließt der Tierarzt die Kloake mit einer sogenannten Tabaksbeutelnaht. Diese sollte nicht so eng sein, dass der Vogel keinen Kot mehr absetzen kann, was der Tierarzt jedoch normalerweise kontrolliert. Ferner verabreicht der Tierarzt dem Vogel in aller Regel ein Antibiotikum, um der Ausbreitung einer eventuell bereits vorhandenen bakteriellen Infektion vorzubeugen.

Oft werden zusätzlich Kalzium, Vitaminpräparate und Elektrolyte eingegeben, die Verabreichung von Schmerzmitteln für Vögel ist meist ebenfalls sinnvoll. Die Tabaksbeutelnaht bleibt für gewöhnlich zwei Tage lang verschlossen, dann erst können die Fäden gezogen werden, sofern der Kloakenvorfall ausreichend gut verheilt ist. In dieser Zeit braucht der frisch operierte Vogel viel Ruhe.

Leider überleben viele Vögel die ersten 24 Stunden nach dem Eingriff nicht, weil sie durch den Kloakenvorfall zu viel Kraft verloren haben. Einen Versuch ist die Operation jedoch stets wert, sofern der Tierarzt der Ansicht ist, dass eine Chance für den Vogel besteht. Wird ein an einem Kloakenvorfall leidender Vogel zu spät aufgefunden und ist bereits sehr viel Gewebe des Darms oder Legedarms abgestorben, ist das Schicksal des Tieres oft bereits besiegelt. Jeder operative Eingriff kommt dann zu spät und die Vögel sterben meist in der Narkose. Dessen sollten sich Vogelfinder immer bewusst sein.


Legenot

Auf dem Röntgenbild erkennt man das fest sitzende Ei bei einer Legenot einer Taube, © Sylvia Urbaniak
Auf dem Röntgenbild erkennt man das fest sitzende Ei bei einer Legenot einer Taube, © Sylvia Urbaniak

Von dieser Komplikation der Fortpflanzung betroffene Vögel haben Schwierigkeiten bei der Eiablage. Das sich im Eileiter befindende Ei kann nicht herausgepresst werden. Legenot tritt gehäuft bei Vögeln auf, die durch das Legen zahlreicher Eier bereits geschwächt sind. Auch bei Vögeln, die an Kalziummangel leiden, kommt diese Geburtskomplikation vor. Außerdem kann eine länger währende Grunderkrankung ein Vogelweibchen so sehr schwächen, dass es nicht mehr zum normalen Legen der Eier fähig ist. Ein von dem Problem betroffenes Vogelweibchen verhält sich unruhig, von Zeit zu Zeit nimmt es eine gestreckte Körperhaltung ein, die auf Bauchschmerzen schließen lässt, und das Tier wippt mit dem Schwanz, um das Ei hinaus zu pressen. Tastet man äußerst vorsichtig den Bauch ab, so kann man das Ei fühlen.

Als erste Hilfe sollte dem Vogel feuchte Wärme, beispielsweise in Form von Wasserdampf, zugeführt werden, ohne ihn jedoch zu verbrühen. Eine Legenot ist sehr anstrengend und raubt dem Körper Energie, sodass die Körpertemperatur sinkt. Deshalb sollte das Tier mit einem Infrarot-Dunkelstrahler bestrahlt werden, um ihm Wärme zuzuführen; siehe auch unsere Hinweise zur Wärmetherapie. Das Einreiben der Kloake mit einigen Tropfen Olivenöl oder Sonnenblumenöl ist ebenfalls zu empfehlen, damit die empfindliche Schleimhaut gleitfähiger wird. Mit einer Pipette kann zudem sehr vorsichtig ein wenig Öl in die Kloake geträufelt werden. Versuchen Sie jedoch keinesfalls, das Ei herauszudrücken! Falls es dabei zerbricht, kann die empfindliche Schleimhaut verletzt werden! Deshalb sollten Sie den Bauch des Vogels sehr behutsam und mit sehr wenig Druck massieren.

Legt der Vogel das Ei trotz der Hilfestellungen innerhalb von drei Stunden nicht ab, ist ein Tierarzt aufzusuchen, der es gegebenenfalls operativ entfernt. Vor einer Operation kann das Ei in den meisten Fällen durch die gleichzeitige Injektion von Oxytocin und Calcium zum Legen gebracht werden.

Ohne tiermedizinische Hilfe sterben Vogelweibchen binnen weniger Stunden an einer Legenot, und das für gewöhnlich unter schrecklichen Qualen! Die Schmerzen sind wahrscheinlich unvorstellbar groß, weshalb stets schnellstmöglich ein fachkundiger Tierarzt aufzusuchen ist, um den betroffenen Vogel nicht unnötig lange leiden zu lassen.