Rabenvögel mit Handicap
Beitrag von Dagmar Offermann, Team Wildvogelhilfe
Bedauerlicherweise ist es oft der Fall, dass ein von Hand großgezogener Vogel in naher Zukunft oder gar überhaupt nie mehr in der Lage sein wird, in Freiheit zu leben, denn in der Natur haben nur hundertprozentig gesunde Vögel eine längerfristige reale Überlebenschance. Dies gilt freilich auch für Altvögel, die eine schwere Erkrankung oder einen Unfall erlitten haben, wovon sie sich nicht mehr vollständig erholen konnten. Die Entscheidung über das weitere Schicksal eines betroffenen Vogels liegt dann beim Pfleger.
Die Geister scheiden sich, wenn es um die Frage geht, ob ein gehandikaptes Tier in die Natur entlassen werden sollte oder nicht. Dafür spricht sicherlich, dass ein Leben in Freiheit, so kurz es auch sein mag, für einen wilden Vogel mehr bedeutet, als ein langes Leben in Gefangenschaft.
Sollten sie sich dazu entschließen, das Tier zu behalten, müssen Sie die in Deutschland geltende Gesetzeslage beachten. Man benötigt eine Haltegenehmigung, die für gewöhnlich bei der Unteren Naturschutzbehörde zu beantragen ist. Sie wird dann erteilt, wenn der Halter die nötige Sachkunde nachweisen und eine artgerechte Unterbringung des Tiers gewährleisten kann. Ausreichend Platz sollte hierbei selbstverständlich sein. Artgerechte Volierenanlagen für Rabenvögel sollten sehr geräumig sein und eine naturnahe Einrichtung aufweisen. Der alltägliche Pflegeaufwand ist hierbei nicht zu vernachlässigen.
Rabenvögel gehören zu den Vögeln mit dem am stärksten ausgeprägten Sozialsystem. Sie sollten sich also frühzeitig Gedanken darüber machen, wo das gehandikapte Tier artgerecht unterkommen kann beziehungsweise sich nach einem ebenfalls nicht gänzlich gesunden, zweiten Vogel umhören, falls Sie die artgerechte Unterbringung der beiden Rabenvögel gewährleisten können. Es kann sinnvoll sein, Kontakt mit anderen Auffangstationen aufzunehmen, um einen passenden Vogel oder Unterbringungsplatz zu finden.