Singvögel als Luxusmenü
Beitrag von Gaby Schulemann-Maier, Team Wildvogelhilfe
Anfang des Jahrtausends wurden jedes Jahr im Süden Europas und im Norden Afrikas schätzungsweise 40 Millionen Zugvögel, darunter beispielsweise der Kiebitz (Vanellus vanellus), während einer einzigen Jagdsaison getötet. Die Zahlen dürften sich heute kaum unterscheiden, wobei inzwischen möglicherweise einige Arten seltener in die Fallen südeuropäischer oder nordafrikanischer Jäger gehen, weil ihre Bestände der in den vergangenen Jahren teils deutlich zurückgegangen sind. Dies ist teilweise auf die illegale Jagd während der Zugzeiten, aber auch auf andere Faktoren wie den Verlust von Lebensraum in den Brutgebieten zurückzuführen.
Viele der in Südeuropa getöteten Singvögel werden gegessen. Populär sind Singvogelgerichte beispielsweise in Frankreich, wo Millionen kleiner Singvögel ihr Leben lassen müssen, damit zahlungskräftige Kunden in Restaurants Luxusmenüs ordern können. Es geht also nicht darum, dass die Menschen die Vögel fangen, weil sie verzweifelt sind und dringend etwas zu Essen brauchen, sondern darum, eine besondere Delikatesse verzehren zu können. Werden Vögel aus purer Not gejagt und gegessen, wie es beispielsweise im vom Krieg zerrütteten Syrien oft geschieht, ist der Grund für das Töten der Tiere durchaus nachvollziehbar. Doch wenn es lediglich darum geht, dass Menschen ihrem zweifelhaften Genuss frönen wollen, obwohl sie genügend andere Speisen zur Verfügung hätten, fällt es schwer, das Töten zu akzeptieren.
In diesem Zusammenhang sei zu erwähnen, dass Vögel gemäß der EU-Gesetze geschützt sind und an sich nicht gejagt werden dürfen. In einigen Ländern setzen sich die Behörden über die Gesetze hinweg und erlauben die Jagd – so zum Beispiel in Frankreich. Der Verkauf der getöteten Singvögel ist dort hingegen offiziell verboten. Dennoch landen die Opfer der Fallensteller und Jäger massenhaft in Restaurants, was folglich auf illegalem Wege geschieht. Das Ganze ist ein lukratives Geschäft, weil jene Menschen, die in die Restaurants kommen, um dort Singvogelmenüs zu essen, in aller Regel bereit dafür sind, viel Geld auszugeben.