Unterwasserflug

Beitrag von Gaby Schulemann-Maier, Team Wildvogelhilfe

Kaiserpinguin-Familie (Aptenodytes forsteri), © Martha de Jong-Lantink via Flickr
Kaiserpinguin-Familie (Aptenodytes forsteri), © Martha de Jong-Lantink via Flickr

Mit ihrem gedrungenen, massigen Körperbau sind die Pinguine perfekt ihrem kalten Lebensraum angepasst. Eine dicke Fettschicht schützt ihren Körper vor Unterkühlung, während sie an Land in der Kälte ausharren, um ihre Jungen großzuziehen. Aber auch bei ihren Tauchgängen in den eisigen Südpolarmeeren – Kaiserpinguine (Aptenodytes forsteri) erreichen dabei Tiefen von bis zu 500 m – ist diese wärmende Fettschicht für sie überlebensnotwendig, da sie anderenfalls bei der Jagd nach Fisch unterkühlen und sterben könnten.

Es ist genau diese dicke Fettschicht, die den Pinguinen in Sachen Fliegen die Tour vermasselt. Die Tiere sind schlicht und ergreifend viel zu schwer, um sich wie die meisten anderen Vögel fliegend in die Luft erheben zu können. Einige Wissenschaftler haben spaßeshalber ausgerechnet, dass Pinguine es mit ihren winzigen Beinchen auf eine Startgeschwindigkeit von sagenhaften 400 km/h bringen müssten, um genügend Geschwindigkeit am Boden zu gewinnen, damit sie mit ihren kurzen Flügeln abheben zu können – ein Ding der Unmöglichkeit für die Frackträger! Hinzu kommt noch, dass ihre Flügel gänzlich steif sind und nicht wie die Flügel anderer Vogelarten in sich bewegt werden können.

Brillenpinguin (Spheniscus demersus), © Kent McFarland via Flickr
Brillenpinguin (Spheniscus demersus), © Kent McFarland via Flickr

Da die Pinguine das Meer als reich gedeckten Tisch für sich entdeckt haben, hat sich ihr Körper mit der Zeit der Fortbewegung unter Wasser angepasst, wodurch die Vögel eine einzigartige ökologische Nische erobern konnten. Ihre Flügel sind im Laufe der vergangenen Jahrmillionen zu perfekten Antrieben für den Unterwasserflug geworden, den die Pinguine wie kaum eine andere Vogelart beherrschen. Kurz, schmal, kraftvoll und mit kleinen, harten Federn bedeckt, erzeugen die Flügel beim Schlagen unter Wasser eine höhere Beschleunigung, als dies eine durchschnittliche Schiffsschraube zu tun vermag. Auch dass sie steif sind, ist kein Nachteil, denn dadurch wirken die Flügel wie hocheffiziente Paddel.

Papageitaucher (Fratercula arctica), © Gaby Schulemann-Maier
Papageitaucher (Fratercula arctica), © Gaby Schulemann-Maier

Aber nicht nur Pinguine können unter Wasser fliegen, es gibt etliche weitere Vogelarten, die diese Fähigkeit beherrschen. Zu ihnen gehören die im Nordatlantik beheimateten Papageitaucher (Fratercula arctica). Sie sind im Unterschied zu den Pinguinen jedoch an zwei Lebensräume angepasst: die Luft und das Wasser. In der Luft sehen fliegende Papageitaucher dick und behäbig aus, ihre wahre Eleganz zeigen die Vögel mit den bunten Schnäbeln erst beim Unterwasserflug. Dank ihrer kräftigen Flügel sind sie bei der Jagd auf Fische erstaunlich wendig und schnell. Und weil sie einen relativ langen Schnabel haben, können sie während eines Tauchgangs oft mehrere Fische erbeuten und hintereinander aufgereiht im Schnabel transportieren. So kann es vorkommen, dass man am Nistplatz Papageitaucher mit mehr als fünf oder sechs Fischen im Schnabel zum Nest wandern sieht, um damit den Nachwuchs zu füttern.

Wasseramsel (Cinclus cinclus), © Mario Quevedo via Flickr
Wasseramsel (Cinclus cinclus), © Mario Quevedo via Flickr

Sogar Vertreter aus dem Reich der Singvögel sind dazu in der Lage, unter Wasser zu fliegen. Die in Mitteleuropa selten gewordene, circa 18 cm Wasseramsel (Cinclus cinclus) springt in Bäche und sucht an deren Grund nach Nahrung. Beim Abtauchen nimmt sie in ihrem Gefieder feinste Luftbläschen mit. Diese Blasen sind wichtig, um die Vögel vor der Kälte des Wassers zu schützen. Allerdings lösen sie sich beim Tauchen nach und nach ab. Deshalb und natürlich weil sie über Wasser atmen muss, taucht die Wasseramsel nach einiger Zeit wieder auf.

Unter Wasser schlagen Wasseramseln mit den Flügeln, um schnell voranzukommen. Außerdem laufen sie über den Grund von Bächen, indem sie sich mit den Füßen an Steinen oder am Boden festhalten. Während sie Flügelschlag und Beinarbeit unter Wasser meisterlich koordinieren, gelingt es ihnen, gleichzeitig nach ihrer Lieblingsbeute Ausschau zu halten: fette Köcherfliegenlarven und andere im Wasser lebende Insekten sowie deren Larven.

Erkunden Sie weitere Flugstile der Vögel im Übersichtskapitel Wunderwerk Vogelflug.