Freilassen junger Mauersegler
Mauersegler sind während der Aufzucht äußerst unselbstständig, jedes einzelne Insekt muss ihnen von Hand eingegeben werden. Auf der anderen Seite sind sie, sobald ihr Federkleid vollständig ausgebildet ist, sofort in der Lage, sich in freier Natur selbst mit Nahrung zu versorgen. Man braucht sie also nicht wie andere Vogelarten auszuwildern und Schritt für Schritt an das Leben in Freiheit zu gewöhnen. Stattdessen lässt man sie an einem schönen Sonnentag einfach von der ausgestreckten Hand aus starten. Wichtig ist dabei aber, dass ihre Federn tatsächlich vollständig entwickelt sind, damit die Tiere den hohen Anforderungen, die sie in freier Natur erfüllen müssen, gewachsen sind. Junge Mauersegler dürfen an den Flügeln und Schwanzfedern keine Federkiele mehr aufweisen, sprich die Federn dürfen nicht mehr in „Stiften“ stecken, wie sie in der Abbildung auf dieser Seite zu sehen sind. Erst wenn alle Federn vollständig entfaltet ist, kann das Abenteuer Freiheit für die jungen Mauersegler beginnen.
Ein vollkommen intaktes Gefieder ist Voraussetzung, um einen Mauersegler in die Freiheit entlassen zu können. Mit fehlenden, ausgefransten, abgeknickten oder anders geschädigten Federn kann ein Segler sich nicht lange in der Luft halten, schlimmstenfalls startet er vielleicht und kommt dann außerhalb der Sichtweite wieder zu Boden, wo er nicht mehr gefunden wird und dem Tod durch Verhungern oder Verdursten preis gegeben ist. Hat Ihr Segler geschädigte Federn, kontaktieren Sie unbedingt die Deutsche Gesellschaft für Mauersegler in Frankfurt am Main. In der dortigen Mauerseglerklink können defekte Federn eventuell unter Vollnarkose geshiftet werden und so die Flugtauglichkeit hergestellt werden.
Auf einer gut überschaubaren Anhöhe stehend, hält man den Segler ruhig auf der Hand und wartet ab. Mauersegler entscheiden selbst über den richtigen Zeitpunkt ihrer Freilassung. Klammern sie sich ängstlich an der Hand ihrer Pflegeperson fest und machen sie keine Anstalten, loszufliegen, sollte man sie keinesfalls hochwerfen, sondern am folgenden Tag den nächsten Freilassungsversuch unternehmen. Früher oder später wird schließlich jeder gesunde Segler den Abflug in die Freiheit wagen. Bitte meiden Sie die frühen Morgenstunden oder den Vormittag, besser werden Segler am späten Nachmittag freigelassen. Grund sind mögliche Beutegreifer, Greifvögel, die am Morgen besonders hungrig und auf der Suche nach Futter sind.
Wir schildern Ihnen im Folgenden, wie eine erfolgreiche Freilassung meist verläuft.
Zunächst sieht sich der Vogel interessiert um. Lässt man gleichzeitig mehrere Mauersegler frei, so wirken die Rufe der bereits umher fliegenden Segler sehr motivierend und verlockend.
Dann breitet der Vogel auf der Hand liegend seine Flügel aus, spürt den Auftrieb des Windes – und dann gibt es kein Halten mehr.
„Pass auf Dich auf, nun kann ich nichts mehr für Dich tun.“ – Das denkt so mancher Vogelpfleger ein wenig wehmütig. Doch letztlich ist die Entlassung in die Freiheit das, worauf die ganze Zeit hingearbeitet wurde. Es ist also normal, dass viele Vogelpäppler diesen Moment der Freilassung „Ihrer“ Mauersegler als bittersüß empfinden.
Achtung: Die in diesem Kapitel genannten Hinweise gelten auch für Alpensegler, die mit den Mauerseglern sehr nah verwandt sind und in Deutschland normalerweise nur ganz im Süden vorkommen.