Mauersegler aufziehen
Unter unseren heimischen Wildvögeln nehmen die Mauersegler eine besondere Stellung ein, weil sie eine sehr spezielle Lebensweise haben. Wir erläutern in diesem Kapitel und den angegliederten Texten, was bei der Aufzucht junger Mauersegler zu beachten ist und warum diese Details so wichtig sind.
Wussten Sie übrigens, dass Mauersegler nur etwa drei Monate im Jahr überhaupt bei uns sind? Es handelt sich um Zugvögel, die den Rest des Jahres in Afrika verbringen. Um den 1. Mai herum treffen sie bei uns ein und fliegen Ende Juli/Anfang August wieder gen Süden – dann in Begleitung ihrer Jungtiere. Im August und September ziehen ständig Mauersegler-Trupps bei uns durch. Es handelt sich dabei meist um Vögel, die in höheren Breiten gebrütet haben oder um Jungtiere, die verspätet ihre Reise in den Süden angetreten haben.
Bevor wir die Mauersegler und ihre besonderen Ansprüche an die Aufzucht in menschlicher Obhut vorstellen, möchten wir kurz noch erläutern, weshalb es zu manchen Zeiten zu einem regelrechten Massenaufkommen von Mauersegler-Pfleglingen kommt.
Gründe dafür, weshalb es manchmal Mauersegler „regnet“
Direkt nach ihrer Ankunft aus dem Winterquartier Ende April bis Anfang Mai benötigen die erwachsenen Mauersegler viel Nahrung, um für die bevorstehende Brut zu Kräften zu kommen. Können sie in jener Zeit nicht genügend Insekten erbeuten und ist die Witterung in einem großräumigen Gebiet sehr schlecht, kann es geschehen, dass vermehrt erwachsene Mauersegler auf dem Boden notlanden und dann dringend Hilfe durch den Menschen benötigen. Entkräftete erwachsene Mauersegler brauchen dieselbe Nahrung wie junge Mauersegler: Sie sollten ausschließlich mit Insekten, wie Heimchen ernährt werden, siehe auch unser Kapitel Nahrung für junge Mauersegler.
Im späteren Frühling oder Frühsommer kann es dann geschehen, dass plötzlich sehr viele junge Mauersegler, die eigentlich noch nicht alt genug für das Verlassen des Nestes sind, auf dem Boden aufgefunden werden. Der Grund dafür ist in aller Regel im Wetter zu suchen. Kälteperioden überstehen die jungen Vögel nur bis zu einem bestimmten Punkt. Sie können ihren Stoffwechsel drosseln und einige Tage ohne oder mit nur wenig Nahrung auskommen – die Eltern finden bei Kälteeinbrüchen nicht ausreichend Futter. Dauert ein Kälteeinbruch zu lange an, kann es geschehen, dass die jungen Mauersegler aus lauter Verzweiflung und wegen des nagenden Hungers aus dem Nistkasten springen.
Sehr typisch ist der „Mauersegler-Regen“ auch während sommerlicher Hitzeperioden. In den Nestern, die sich häufig in Dächern oder unter Dachvorsprüngen befinden, wird es bei Extremwetterlagen so heiß, dass die jungen Mauersegler den Kopf aus dem Nest halten, um sich ein wenig abzukühlen. Dabei stürzen sie nicht selten ab. Manche Jungvögel springen sogar ganz bewusst aus dem Nest, um dort nicht den Hitzetod sterben zu müssen.
Typische Merkmale der Mauersegler
Das Gefieder junger Mauersegler ist grauschwarz. An der Stirn, an den Flügeldecken und am Großgefieder sind die Federn weiß gesäumt. Wie die Altvögel haben auch junge Mauersegler die für die Art typischen, sehr charakteristischen Füße. An extrem kurze Beine schließen sich bei den Mauerseglern die kräftigen Klammerfüße an, die im Vergleich mit anderen Vogelfüßen klein aussehen und ein wenig verkümmert erscheinen. An jedem Fuß sind alle vier Zehen und Krallen nach vorne gerichtet.
Mit Hilfe dieser speziell geformten Füße gelingt es den Mauerseglern, sich an den meist senkrechten Wänden ihrer Brutplätze (zum Beispiel Hauswände und Mauernischen) festzuklammern. Die Beine der Mauersegler sind so stark zurückgebildet, weil sich die erwachsenen Tiere fast ausschließlich in der Luft aufhalten. Nahezu ihr gesamtes Leben verbringen sie im Flug; sie landen nur, um ihre Jungen großzuziehen oder wenn sie durch eine Krankheit oder Verletzung dazu gezwungen werden.
Altvögel haben stark sichelförmige Flügel, die den Tieren den rasanten Flug und den permanenten Aufenthalt in der Luft ermöglichen, wo sie sich ausschließlich von Insekten ernähren. Bei noch unbefiederten Jungvögeln entfällt dieses Bestimmungsmerkmal vorerst, weil sie noch keine Schwungfedern haben oder weil diese noch sehr kurz sind.
Unterscheidung Jung- und Altsegler
Das Gefieder erwachsener Mauersegler (Altsegler) ist bräunlich-schwarz mit einem weißlichen bis grauweißen Bereich an der Kehle.
Junge Mauersegler haben ein grau-schwarzes Gefieder und bei ihnen bildet sich mit der Zeit ein recht großer, weißer Kehlbereich. Auch das Gesicht kann weiß überhaucht sein, sobald den Jungvögeln alle Federn gewachsen sind. Mit zunehmendem Alter schrumpft dieser weiße Bereich, bis die jungen Mauersegler irgendwann wie Altvögel aussehen und nur noch einen kleinen grauweißen Fleck im Kehlbereich aufweisen, wie es für ihre Art typisch ist.
Körperlich nahezu ausgewachsene, jedoch noch unselbstständige Jungtiere erkennt man an auch den im Vergleich zu den Alttierschwingen etwas kürzeren Flügeln sowie an den Federkielen, die manche der Schwanz- und Schwungfedern noch umgeben; sie werden in der Fachsprache als Federscheiden bezeichnet. Sie sind besonders gut erkennbar, wenn man einen jungen Vogel auf den Rücken dreht und die Unterseite der Flügel betrachtet.
Achtung: Die in diesem Kapitel genannten Hinweise gelten auch für Alpensegler, die mit den Mauerseglern sehr nah verwandt sind und in Deutschland normalerweise nur ganz im Süden vorkommen.
Themen dieser Rubrik
Mauersegler aus dem Nest gefallen
Nahrung für junge Mauersegler
Unterbringung junger Mauersegler
Freilassen junger Mauersegler
Linktipp: Eine sehr gute und ausführliche Erläuterung der Aufzucht und Pflege von Mauerseglern bietet die Web-Seite der Deutschen Gesellschaft für Mauersegler.
Lesen Sie zum Thema Mauersegler-Aufzucht auch die folgenden beiden Erfahrungsberichte: Rettung eines Mauerseglers und Tagebuch eines kleinen Mauerseglers.