Zugvögel von A bis Z
Beitrag von Gaby Schulemann-Maier, Team Wildvogelhilfe
In Deutschland und in einigen anderen Ländern Mitteleuropas lassen sich viele Zugvögel beobachten, von denen wir an dieser Stelle einige Tiere vorstellen möchten.
A wie Alpenstrandläufer (Calidris alpina)
Das Brutgebiet dieser zierlichen, zwischen 16 und 20 cm großen Küstenvögel liegt im hohen Norden, also beispielsweise in Skandinavien. An der deutschen Nordseeküste kommen sie das gesamte Jahr über vor, an der Ostseeküste überwintern einige der in hohen nördlichen Breiten brütenden Vögel dieser Art. Darüber hinaus überwintern viele Alpenstrandläufer an den Küsten weiterer westeuropäischer Länder und etliche an den Küsten Westafrikas.
B wie Bachstelze (Motacilla alba)
Im zeitigen Frühjahr kehren diese unverwechselbar schwarz-weiß gefärbten Singvögel aus ihren Überwinterungsgebieten im westlichen Mittelmeerraum sowie aus dem westlichen Afrika zurück, um in Deutschland und in anderen Ländern Westeuropas zu brüten. Aufgrund ihres Schwanzwippens sind Bachstelzen unverwechselbar. Sie sind die einzigen kleinen und schwarz-weiß gefärbten Singvögel, die dieses Verhalten zeigen.
D wie Drosselrohrsänger (Acrocephalus arundinaceus)
Nur in den warmen Monaten des Jahres stattet dieser unscheinbar braun gefärbte, gefiederte Singvogel Deutschland und anderen mitteleuropäischen Ländern einen Besuch ab, um hier seinen Nachwuchs großzuziehen. Er hält sich meist von April bis September in unseren Breiten auf. Drosselrohrsänger sind Langstreckenzieher. Sie überwintern im tropischen und südlichen Afrika.
E wie Eiderente (Somateria mollissima)
An der Nord- und Ostseeküste leben einige Eiderenten das gesamte Jahr über. Die meisten ihrer Artgenossen sind jedoch Zugvögel, die in den warmen Sommermonaten in Skandinavien ihren Nachwuchs großziehen, um anschließend zusammen mit ihm auf dem Meer beispielsweise vor den deutschen Küsten zu überwintern. Übrigens leben Eiderenten nicht nur in Nord- und Mitteleuropa, sondern auch an den Küsten des nordamerikanischen Kontinents.
F wie Flussuferläufer (Actitis hypoleucos)
Wie ihr Name es bereits vermuten lässt, hält sich diese Vogelart gern in der Nähe von Wasser auf, wobei sie nicht zwangsläufig ausschließlich an Flüssen anzutreffen ist. In Deutschland verbringt sie nur den Sommer, im Frühling und Herbst trifft man vielerorts ziehende Individuen, die hierzulande einen Zwischenstopp einlegen, weil sie aus noch nördlicheren Gebieten kommen beziehungsweise dorthin unterwegs sind. Das heißt, man kann Flussuferläufer in Deutschland meist von April bis Oktober beobachten – entweder als Durchzügler oder als Sommergäste. Den Winter verbringen diese Tiere in einem riesigen Areal von Südeuropa bis ins südliche Afrika. Das heißt, es gibt unter ihnen sowohl Kurzstreckenzieher als auch Langstreckenzieher.
G wie Grauschnäpper (Muscicapa striata)
In ganz Europa kommt diese graue, nur 14 cm große Singvogelart ausschließlich im Sommer vor. Sie kommen im April an und bleiben bis September oder mitunter bis Oktober. Den Winter verbringen die unscheinbar grau gefärbten Tiere im südlichen Drittel des afrikanischen Kontinents. Somit handelt es sich bei den Grauschnäppern um Langstreckenzieher.
H wie Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros)
Die metallisch klirrenden Strophen der männlichen Hausrotschwänze schallen vor allem im Frühling von unseren Dächern, sobald die Vögel aus ihrem Winterquartier in Deutschland eingetroffen sind. Die in West- und Mitteleuropa heimischen Hausrotschwänze überwintern mehrheitlich im Mittelmeerraum, sie sind somit Kurzstreckenzieher. In Südeuropa sind viele ihrer Artgenossen das gesamte Jahr über am selben Ort heimisch, da es ihnen das Klima in jenen Ländern erlaubt, rund ums Jahr auf Insektenfang zu gehen und von der Beute tatsächlich satt zu werden.
K wie Kranich (Grus grus)
Balztanz der Kraniche gehört zu den spektakulärsten Erscheinungen in der deutschen Vogelwelt. Viele dieser bis zu 1,2 m großen Vögel verbringen an der ostdeutschen Küste den Sommer, weitere europäische Brutgebiete liegen in Skandinavien. Zum Überwintern wandern die große Schreitvögel in die Türkei, nach Nordafrika oder auf die iberische Halbinsel. In Spanien hat man im Winter beispielsweise in der Extremdadura gute Chancen, große Kranichgruppen beobachten zu können. Wegen ihrer trompetenden Rufe, die sie während des Fluges ausstoßen, erregen ziehende Kraniche meist viel Aufmerksamkeit.
L wie Lachseeschwalbe (Gelochelidon nilotica)
Mit ihrer Körpergröße von etwa 35 cm und den sehr kurzen Beinchen wirken Lachseeschwalben m Boden ein wenig tollpatschig. Leider bekommt man sie in Deutschland nur ausgesprochen selten zu Gesicht, da ihr sommerliches Verbreitungsgebiet vor allem in Dänemark sowie in südlicher gelegenen Teilen Europas liegt. Bur noch sehr wenige Brutkolonien der Lachseeschwalben sind derzeit in Deutschland bekannt, sie befinden sich unter anderem in Schleswig-Holstein. Den Winter verbringen diese Vögel in tropischen und subtropischen Gebieten Afrikas südlich der Sahara, sie sind somit Langstreckenzieher.
M wie Mauersegler (Apus apus)
„Sri-sri-sri“ – so klingen die Rufe der Mauersegler, die während des Sommers die Luftherrschaft in vielen europäischen Städten übernehmen. Sie sind begnadete Vielflieger, die sogar im Flug schlafen. Wen wundert es da, dass sie den Winter im tropischen Afrika verbringen und diese lange Zugstrecke zweimal jährlich sozusagen mit links bewältigen. Übrigens statten uns die Mauersegler nur einen vergleichsweise kurzen Besuch ab. Sie kommen Ende April/Anfang Mai in Deutschland an, schreiten recht bald zur Brut und wandern Ende Juli wieder ab. Mauersegler gehören zu den wenigen Vogelarten, die mitunter die Sahara von Europa aus kommend direkt überfliegen und keine küstennahe Route wählen.
N wie Nachtigall (Luscinia megarhynchos)
Ihren nicht nur in der klassischen Literatur viel gerühmten, melancholischen Gesang lässt die Nachtigall im Sommer erklingen, den sie in Mitteleuropa verbringt. Leider ist die Nachtigall in Deutschland vielerorts verschwunden, weil sie wegen der Eingriffe der Menschen in die Natur kaum mehr geeignete Brutplätze findet. Die 16,5 cm großen, bräunlich gefärbten Singvögel sind Langstreckenzieher, sie überwintern im tropischen Afrika.
O wie Ortolan (Emberiza hortulana)
In einigen Bereichen Deutschlands sind die etwa 16 cm großen Singvögel etwa von April oder Mai bis etwa Juli oder August anzutreffen, da sie hierzulande sowie in einigen benachbarten europäischen Ländern ihren Nachwuchs großziehen. Leider gehen die Bestände der Ortolane in Deutschland immer weiter zurück, denn sie haben durch verschiedene Eingriffe des Menschen ihren Lebensraum verloren. So gibt es beispielsweise kaum mehr Obstbäume auf Ackerland, in denen sie brüten könnten. Die Flurbereinigung hat diese hübschen Vögel hierzulande sehr in Bedrängnis gebracht. Den Winter verbringen Ortolane, die auch als Gartenammern bezeichnet werden, im subtropischen Afrika nördlich der Sahelzone.
P wie Pfeifente (Anas penelope)
Etwa 41 bis 51 cm beträgt die Körpergröße dieser Entenart. Pfeifenten verbringen den Sommer in Skandinavien und ziehen dort ihren Nachwuchs groß. In ihren nordischen Brutgebieten wird es im Winter viel zu kalt, weshalb die Pfeifenten im Herbst nach Mitteleuropa kommen, um hier zu überwintern. In Deutschland kann man Pfeifenten im Winterhalbjahr vor allem im Bereich der Nordsee in Küstenniederungen oder in Flussmündungen sowie – in kleinerer Anzahl – auf Binnenseen antreffen. Besonders viele Pfeifenten überwintern in Großbritannien.
R wie Ringelgans (Branta bernicla)
Jahr für Jahr bevölkern ab dem späten Herbst bis zum späten Winter zahllose Ringelgänse die norddeutschen Küstengebiete an der Nord- und Ostsee. Mitunter kann man sie auch in feuchten Gebieten am Niederrhein in Nordrheinwestfalen antreffen. Diese bis zu 61 cm großen Vögel sind Langstreckenzieher. Sie verbringen die Sommer im sehr hohen Norden, also beispielsweise rund um Spitzbergen, in Island, Grönland sowie in extrem nördlich gelegenen russischen Tundren.
S wie Sanderling (Calidris alba)
Schnellen Schrittes trippeln die 20 bis 22 cm großen Küstenvögel während des Winters bevorzugt über sandige Strände, um am Spülsaum nach Nahrung zu suchen. Dabei sind die Vögel stets darauf bedacht, von den Wellen nicht durchnässt zu werden. Man kann sie in Deutschland während des Winterhalbjahres vor allem an der Nordseeküste beobachten, wo sie teils sehr große Schwärme bilden. Sanderlinge überwintern nicht nur in Mitteleuropa, sondern teils auch sehr viel weiter südlich bis nach Südafrika. Unter diesen Brutvögeln der arktischen Tundren gibt es somit sowohl Kurzstreckenzieher als auch Langstreckenzieher.
T wie Turteltaube (Streptopelia turtur)
Etwa 27 bis 29 cm sind Turteltauben groß, wobei sie aber wegen ihres schlanken Körperbaus recht zierlich wirken. Diese Vögel sind sehr wärmeliebend und kommen deshalb in Deutschland im Sommer nicht flächendeckend vor, sondern nur in Gegenden, wo es besonders warm ist. Man trifft sie hierzulande etwa von Mitte Mai bis in den September oder Oktober hinein an. Den Winter verbringen diese Langstreckenzieher vor allem in den Savannengebieten südlich der Sahara. Während ihres Zuges zwischen dem Sommer- und Winterquartier lassen viele Turteltauben ihr Leben, weil siewie viele andere ziehende Greif- und Singvogelarten im Mittelmeerraum illegal bejagt werden, zum Beispiel auf Malta.
U wie Uferschwalbe (Riparia riparia)
Mit ihrer Körperlänge von nur 12 bis 13 cm sind Uferschwalben die kleinste in Europa heimische Schwalbenart. Sie halten sich in Europa nur von Mai bis September auf, weil sie nur dann ausreichend Nahrung in Form von Fluginsekten finden, die sie fliegend erbeuten. Im Herbst treten sie ihren Flug in ihre Überwinterungsgebiete an, die sich in Nordwestafrika und in Zentralafrika befinden; Uferschwalben sind somit Langstreckenzieher.
W wie Wiesenweihe (Circus pygargus)
Wie nahezu alle anderen in Deutschland vorkommenden Weihenarten sind auch die zwischen 39 und 50 cm große Wiesenweihen nur während des Sommers hierzulande anzutreffen. Die Greifvögel, deren Flügelspannweite bis zu 116 cm betragen kann, verbringen die kalten Wintermonate im Gebiet südlich der Sahara bis hin nach Südafrika. Das heißt, Wiesenweihen sind Langstreckenzieher. In Deutschland sind diese Vögel leider selten geworden, weil sie durch die Intensivierung der Landwirtschaft zusehends weniger Plätze finden, an denen sie ungestört ihren Nachwuchs großziehen können.
Z wie Zilpzalp (Phylloscopus collybita)
Es gibt wohl kaum einen anderen Vogel, der seinen Namen im Frühling und Sommer so deutlich vernehmbar schmettert wie der Zilpzalp. Diese nur 10 bis 12 cm großen Singvögel zeigen nicht alle dasselbe Zugverhalten. Es gibt unter ihnen sowohl Kurzstreckenzieher als auch Langstreckenzieher. Jene Individuen, die kurze Strecken fliegen, überwintern im Mittelmeerraum und diejenigen, die sich auf lange Reisen begeben, wandern bis in die Sahelzone südlich der Sahara. Immer wieder wurden in den vergangenen Jahren auch einzelne Zilpzalpe beobachtet, die in Mitteleuropa überwintert haben. Wie es scheint, führt der Klimawandel zu einer Veränderung des Zugverhaltens dieser Vogelart. Sie könnte langfristig zu einer Teilzieher-Art werden.