Rückkehr der Weltenbummler – Rückkehrtermine einiger Zugvögel

Beitrag von Gaby Schulemann-Maier, Team Wildvogelhilfe

Hausrotschwänze (Phoenicurus ochruros) kehren recht früh im Jahr aus den Winterquartieren zurück nach Mitteleuropa, © Ron Knight via Flickr
Hausrotschwänze (Phoenicurus ochruros) kehren recht früh im Jahr aus den Winterquartieren zurück nach Mitteleuropa, © Ron Knight via Flickr

Wenn die Tage in Mitteleuropa merklich länger werden, zeigt sich in der Natur bald das erste Grün. Zu jedem Wechsel von einer kalten zur warmen Jahreszeit oder umgekehrt gehen in aller Welt schätzungsweise 50 Milliarden Zugvögel auf ihre Reise. Diese teils nur wenige Gramm schweren Geschöpfe der Luft pendeln zwischen ihrem Winterquartier und der Brutregion. Dabei hat jede Art ihre individuelle Zeit für die lange Reise. Die Rückkehr findet allerdings nicht an einem exakten Datum statt, sondern innerhalb eines für die einzelnen Spezies charakteristischen Zeitfensters.

Dass nicht sämtliche Vögel einer Art gleichzeitig im Zielgebiet eintreffen, hat unterschiedliche Gründe. Nicht alle Individuen sind gleichermaßen stark, sodass einige zwischendurch rasten müssen und sich verspäten. Außerdem fliegen nicht sämtliche Individuen auf denselben Route, weshalb die Tiere je nach Streckenwahl unterschiedlichen Witterungsbedingungen ausgesetzt sein können. Hat eine Gruppe Rückenwind und kommt schnell voran, kann eine andere in einer entfernteren Gegend unter widrigen Umständen mit starkem Gegenwind zu kämpfen haben, der sie am raschen Weiterkommen hindert. Diese und weitere Gründe sorgen für eine gewisse zeitliche Streuung der Rückkehrtermine.

Grauschnäpper (Muscicapa striata) sind Zugvögel, © Rob Zweers via Flickr
Grauschnäpper (Muscicapa striata) sind Zugvögel, © Rob Zweers via Flickr

Bei den in vielen Literaturquellen genannten Ankunftsdaten der verschiedenen Spezies handelt es sich in aller Regel um Mittelwerte, die aus Beobachtungen extrahiert wurden, die zum Teil über viele Jahrzehnte akribisch notiert worden sind. Die tatsächlichen lokalen Ankunftszeiten können sich aber von diesen Mittelwerten deutlich unterscheiden. Weite Wasserflächen oder ausgedehnte Höhenzüge können das lokale Mikroklima so sehr beeinflussen, dass die Ankunftszeiten der Vögel aufgrund der jeweils vorherrschenden Bedingungen um einige Tage nach vorn oder hinten von den Durchschnittswerten abweichen können. Relativ konstant bleibt hingegen trotz aller Witterungseinflüsse und lokaler klimatischer Begebenheiten der Abstand zwischen den durchschnittlichen Ankunftsterminen der verschiedenen Zugvogelarten – zumindest bisher. Dies könnte sich in Zukunft ändern, denn bereits jetzt verschieben sich manche dieser charakteristischen Zeitfenster infolge der Klimaerwärmung.

Es sind vor allem die Kurzstreckenzieher, die recht flexibel auf wärmere Spätwinter oder eine länger andauernde Warmwetterperiode im Herbst reagieren können. Dagegen fliegen die meisten Langstreckenzieher zu den schon seit vielen Vogelgenerationen üblichen Zeiten los und sie können sich nicht so rasch an die wärmeren Klimabedingungen anpassen. Wenn sie im Frühling eintreffen, haben andere Vögel, die nicht so weit ziehen mussten oder die in der Gegend überwintert haben, die besten Brutreviere oft schon besetzt. Somit könnte der Klimawandel vor allem für die Langstreckenzieher zukünftig zu einem großen Problem werden.

Terminbeispiele einiger Vogelarten

Singdrosseln (Turdus philomelos) gehören in Deutschland im Spätwinter und Frühling zu den ersten Heimkehrern unter den Zugvögeln, © themadbirdlady via Flickr
Singdrosseln (Turdus philomelos) gehören in Deutschland im Spätwinter und Frühling zu den ersten Heimkehrern unter den Zugvögeln, © themadbirdlady via Flickr

Die folgenden Termine sind als Mittelwerte eines mehrere Wochen langen Zeitfensters zu verstehen, wobei terminlich nach hinten meist mehr Spielraum ist als nach vorn, weil es zu früheren Zeiten oft noch zu kalt für die jeweilige Vogelart ist oder sie im Brutrevier zu wenig Nahrung findet.

Singdrossel = ca. 1. März
Hausrotschwanz = ca. 15. März
Zilpzalp = ca. 15. März
Weißstorch = ca. 15. März
Girlitz = ca. 2. April
Rauchschwalbe = ca. 8. April
Gartenrotschwanz = ca. 15. April
Mehlschwalbe = ca. 15. April
Mönchsgrasmücke = ca. 17. April
Nachtigall = ca. 25. April
Kuckuck = ca. 26. April
Mauersegler = ca. 28. April
Grauschnäpper = ca. 6. Mai
Neuntöter = ca. 9. Mai
Pirol = ca. 10. Mai

Übrigens: Anhand dieser durchschnittlichen Rückkehrtermine lässt sich unschwer die Taktik des Kuckucks ablesen. Kleinere Singvögel sind bereits einige Wochen im Lande, während die parasitären Kuckucke gerade erst eintreffen. Sie suchen sich ihre Partner und paaren sich zu einer Zeit, in der die kleineren Vögel bereits ihre Nester gebaut und ihre Gelege darin platziert haben. Nun brauchen die Kuckucksweibchen nur noch ihre Eier in die Nester der unfreiwilligen Ammeneltern zu legen und können den Sommer von diesem Zeitpunkt an ohne weitere Verpflichtungen gegenüber ihrem Nachwuchs verbringen.

Linktipp: Zum Thema Zugtermine bietet das Unternehmen „Infografik Pilavas und Heller“ eine kostenlose PDF-Datei zum Herunterladen an.