Unterbringung von Nestlingen

Zur richtigen Unterbringung und Versorgung von sehr jungen Singvogelnestlingen lesen Sie bitte hier.


Bei der Wahl der passenden Unterbringung für Vogelküken – manche Leute schreiben fälschlicherweise auch Vogelkücken -, ist es von Bedeutung, ob es sich bei dem gefundenen Tier um einen Nestling oder um einen bereits ausgeflogenen Ästling handelt. Nackte oder wenig befiederte Vögel brauchen (Nest-)Wärme (32-35 Grad) und eine hohe Luftfeuchtigkeit (ca. 50 bis 60 %), wohingegen bereits vollständig befiederte Jungvögel ihre Körpertemperatur meist schon recht gut aufrecht erhalten können. Somit ist das Alter des Jungvogels ein entscheidendes Kriterium für die Unterbringung und die gegebenenfalls in deren Nähe anzubringende Wärmequelle.

 

Bitte verzichten Sie auf einen Nestersatz aus Kunststoff, da dieser eine sehr geringe thermische Leitfähigkeit besitzt, wodurch der Wärmetransport von der Wärmequelle zum Vogel unterbunden oder stark behindert wird. Stellen Sie das Wollnest direkt auf die Wärmequelle.

Man kann den Fundvogel je nach Körpergröße in ein improvisiertes Nest, zum Beispiel aus einer Wollsocke, setzen. Watte ist nicht zu empfehlen, da ein versehentliches Schlucken der Wattefasern bei den Jungvögeln im schlimmsten Fall zu einem Darmverschluss führen kann. Außerdem können sich die Vogelküken mit ihren Krallen in der Watte verfangen, sich Zehen abschnüren oder sich daran gar strangulieren.

Eine schnelle und sehr gute Möglichkeit, ein warmes Ersatznest zu bauen, besteht aus einer Wollsocke, die vom Bund bis zur Spitze aufgerollt wird. Die folgenden Bilder verdeutlichen diese Methode:


Junge Schwarzspechte, etwa zwei Wochen alt, © Anke Dornbach
Junge Schwarzspechte, etwa zwei Wochen alt, © Anke Dornbach

Höhlenbrüter, wie zum Beispiel Spechte, verbringen eine lange  Zeit im Nest und brauchen in der Nestlingsphase eine improvisierte, oben abgedunkelte Höhle. Gut eignet sich eine aus sehr stabilem Garn gehäkelte „Höhle“, die oben offen ist und mit einem Tuch abgedeckt wird. Darunter legt man eine Wämequelle (zum Beispiel ein SnuggleSafe), solange das Gefieder noch unvollständig ist.

In das Nest legt man ein weiches Tuch, Papiertaschentuch oder Toilettenpapier, welches nach jedem Kotabsetzen zu wechseln ist. Dies ist nicht nur aus hygienischen Gründen wichtig, sondern es soll auch verhindern, dass die Jungvögel mit ihren Krallen hängen bleiben und sich dadurch verletzen können.

Beinfehlstellung bei jungem Haussperling, © Stefan und Birgitt Sattler
Beinfehlstellung bei jungem Haussperling, © Stefan und Birgitt Sattler

Im Nest sollte dem Nestling nicht zu viel Platz zur Verfügung stehen. Auch in der Natur geht es im Nest meistens sehr beengt zu. Diese Enge ist jedoch wichtig, um Fehlstellungen der Beine zu vermeiden. Weil er nicht genügend Halt zum Anlehnen findet, versucht der Nestling, das Gleichgewicht durch eine Grätschhaltung seiner Beine zu finden. Wenn Sie nur einen Nestling im Nest zu versorgen haben, sollte der überschüssige Platz zum Beispiel durch ein zusammen geknülltes Papiertaschentuch gefüllt werden.

 


Nestlinge brauchen permanente Wärme und hohe Luftfeuchtigkeit, auch nachts.

Wärme ist überlebenswichtig für Nestlinge. Sie muss für unbefiederte oder wenig befiederte Nestling möglichst konstant bei 32-35 Grad Celsius bleiben und darf den Vogelkörper nicht austrocknen.  Für bereits befiederte Nestlinge reichen 26-30 Grad Celsius aus.

Geeignet sind hier zum Beispiel Wärmflaschen mit warmem (nicht heißem) Wasser, Körner- oder Kirschkernkissen, Taschenwärmer, oder ein so genanntes Snugglesafe. Dieses hat den Vorteil, dass es bis zu acht Stunden lang warm halten kann. Bitte denken Sie daran, dass Wärmequellen regelmäßig gewärmt werden müssen (auch nachts!). Eine elektrische Heizmatte für Reptilien ist ebenfalls geeignet und hat den Vorteil, dass man nicht immer wieder die Wärmequelle erneut aufwärmen muss.
Infrarotstrahler, also handelsübliche Rotlichtstrahler, erzeugen häufig eine zu hohe Temperatur und trocknen den kleinen Vogelkörper aus. Solche Lampen sollten deshalb ausschließlich in Ausnahmefällen und überdies nur von fachkundigen Vogelpflegern verwendet werden! In keinem Fall darf ein Ultraviolettstrahler verwendet werden, da er schwere Verbrennungen hervorruft.

Die Luftfeuchte lässt sich erhöhen, indem Sie feuchte Tücher zusammenrollen und um das Nest herum drapieren. Nest und feuchtes Tuch sollten zusammen in ein Behältnis gestellt werden, damit die Wärmequelle auch das Wasser zum Verdunsten bringen kann. Auch feuchte Quellschwämme erfüllen sehr gut diesen Zweck. Die Luftfeuchtigkeit sollte mit einem Hygrometer kontrolliert werden, genau wie die Temperatur. Optimal ist eine Luftfeuchte von 50-60 %, wobei Schwankungen auch bei teuren Inkubatoren nicht vermeidbar sind. Unter 45% sollte sie jedoch nicht sinken und zu hohe Luftfeuchtigkeit führt wiederum zum Absinken der Temperatur.

Als Beispiel für eine einfache Unterbringungsmöglichkeit für einen noch wenig befiederten, kleinen Nestling zeigt die folgende Galerie einen Nestersatz mit einem Taschenwärmer, der mit Hilfe eines USB Kabels aufgeladen wird. Die Wärme wird auf diese Weise über mehrere Stunden gehalten, was zum Beispiel für den Fall, dass man unterwegs ist und das Nest mitnehmen muss, sehr praktisch ist.
Zunächst wird der aufgeladene Taschenwärmer in einen Nestersatz gelegt, eine aufgerollte Wollsocke als eigentliches Nest darauf gestellt und außen herum ein befeuchtetes Tuch gewickelt. Temperatur und Luftfeuchtigkeit werden kontrolliert und anschließend das Ganze mit einem leichten, luftdurchlässigen Tuch abgedeckt.


Oder bauen Sie für Ihren Nestling einen provisorischen Brutkasten nach, den wir hier beschrieben haben.

 


Bei der Standortwahl sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden:

Der Behälter mit Jungvögeln sollte möglichst ruhig und zugfrei platziert sein, am besten ein wenig benutzter Raum ohne laufenden Fernseher. Die Küche scheidet ebenfalls aus, da es hier zu giftigen Dämpfen (z.B. erhitztes Teflon) oder Gerüchen kommen kann, die dem Vogel schaden können.
Eventuell vorhandene Haustiere dürfen nicht in Kontakt mit den Vögeln kommen können.
Selbstverständlich ist auch Tabakrauch schädlich und sollte unbedingt vermieden werden.


Sehr gut eignen sich besonders für wenig befiederte Nestlinge gehäkelte Ersatznester aus Wolle. Man kann diese selbst herstellen, zum Beispiel aus Filzwolle. Filzwolle ist reine Schurwolle. Sie ist atmungsaktiv und hält warm.

Fertig gehäkelte Nester vor dem Filzvorgang, © Anke Dornbach
Fertig gehäkelte Nester vor dem Filzvorgang, © Anke Dornbach

Man häkelt am Boden in der Mitte beginnend Nester in verschiedenen Größen, die alle etwa die gleiche Grundform (siehe Abbildung rechts) aufweisen. Die Höhe sollte ungefähr 2 cm mehr betragen als die Breite im flach hingelegten Zustand. Die Nester auf der Abbildung haben beim größeren Nest links auf der Abbildung eine Breite von 20 cm und eine Höhe von 22cm, beim kleineren Nest beträgt die Breite 16 cm und die Höhe 18cm.

Wenn die Nester fertig gehäkelt und die Fäden vernäht sind, gibt man sie in die Waschmaschine, zusammen mit alten Frotteehandtüchern und einem gängigen Vollwaschmittel (ohne Weichspüler) und wählt ein 60 Grad -programm, welches ungefähr zwei Stunden dauern sollte (kein Schnell- oder Schonprogramm), mit hoher Umdrehungszahl beim Schleudervorgang.
Nach dem Waschen werden die gefilzten Nester von Hand in Form gezogen und an der Luft ausgebreitet getrocknet. Sie schrumpfen dabei ungefähr um 15 bis 20 Prozent, das heißt, das größere Nest auf der Abbildung oben ist nun nur noch 17 cm breit und 19 cm hoch, das kleinere ist nach dem Filzen etwa 14 cm breit und 16 cm hoch. Sind die Nester getrocknet, so wird der Rand zweifach, bei größeren Nestern dreifach umgeschlagen, da nur so eine ausreichende Stabilität gewährleistet ist.

Alternativ kann man auch Nester aus Chenillegarn oder mehreren Fäden von Sockenwolle häkeln.
Stabile, große Nester, zum Beispiel für Tauben, lassen sich gut aus Textilgarn herstellen.