Vorurteile gegenüber Stadttauben

Beitrag von Anke Dornbach, Team Wildvogelhilfe

Paula-Comic 'Urteile', © Tierbefreiungsoffensive Saar e. V.
Paula-Comic ‚Urteile‘, © Tierbefreiungsoffensive Saar e. V.

Von der einstigen Verehrung der Taube als Symbol für Frieden, Sanftmut und Treue ist heute in unseren Städten kaum etwas übrig geblieben. Spricht man bei uns von Tauben, dann meist nur in Zusammenhang mit Problemen und Schäden, die sie tatsächlich oder vermeintlich verursachen.

Da viele offene Fragen zu einer Verunsicherung führen und zahlreiche Hetzkampagnen ein Klima der Ablehnung gegenüber den Tauben schaffen, werden im Folgenden einige der wichtigsten Aspekte aufgegriffen, um sachlich über die Hintergründe aufzuklären sowie populäre Irrtümer aus der Welt zu schaffen.

Der auf dieser Seite gezeigte Comic verdeutlicht in eindrucksvoller Weise, wie viele Vorurteile durch die Köpfe der Menschen spuken.


Stellen Stadttauben eine Gesundheitsgefährdung dar?

Stadttauben gefährden die Gesundheit der Menschen trotz anders lautender Vorurteile in aller Regel nicht, © FaizSibz / Pixabay
Stadttauben gefährden die Gesundheit der Menschen trotz anders lautender Vorurteile in aller Regel nicht, © FaizSibz / Pixabay

Die Befürchtung, dass Tauben eine Gesundheitsgefährdung für den Menschen darstellen könnten, ist weit verbreitet. Grundsätzlich können alle Lebewesen Überträger von Krankheiten sein. Ausschlaggebend für das Maß der Gefährdung ist jedoch sowohl die Art der Erreger als auch ihre Pathogenität (krankmachende Wirkung) für den Menschen. Ob solche Ängste im Hinblick auf Tauben tatsächlich begründet sind, sollen einige Aussagen offizieller Stellen beleuchten:

  • 1989 erklärt der ehemalige Präsident des Bundesgesundheitsamtes, Prof. Dr. Dr. Großklaus: „Eine gesundheitliche Gefährdung durch Tauben ist nicht größer als die durch Zier- und Wildvögel sowie durch Nutz- und Liebhabertiere.“ Diese Aussage wurde 1997 durch das heutige Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin in Berlin bestätigt.
  • Bereits 1976 erklärte der Berliner Senator für Gesundheit und Umweltschutz, dass verwilderte Haustauben nicht zu den Tieren zählen, die nach Art, Lebensweise oder Verbreitung Krankheitserreger auf den Menschen übertragen: „Es liegen keine konkreten Fälle von übertragbaren Krankheiten in Verbindung mit Tauben vor.“ Dies wurde am 02.06.1992 von der Stadt Frankfurt am Main bestätigt.
  • Taube = „Salmonellenbomber“?
    Nur bei 5 – 10% der verwilderten Haustauben wurden im Kot und Organismus Krankheitserreger aus der Gruppe der Salmonellen nachgewiesen. Es handelt sich dabei um eine sehr taubenspezifische Variante (Salmonella typhimurium0:5), die für den Menschen kaum infektiös ist. Die Hauptansteckungsquelle für Salmonellenerkrankungen beim Menschen sind Nutztierhaltung und tierische Lebensmittel, die mit dem Erreger verunreinigt worden sind. An dieser Stelle sei zum Beispiel der Kontakt mit der Schale ungekochter Hühnereier genannt.

Viele Menschen, die Tauben als Krankheitsüberträger betrachten, halten ihrerseits Haustiere wie Hunde oder Katzen. Die Gefahr, sich bei diesen durch innigen und engen Kontakt (Kuscheln, Küsschen) mit Krankheitskeimen und Parasiten zu infizieren, ist deutlich höher als die Wahrscheinlichkeit als eine Ansteckung bei Stadttauben, zu denen man in aller Regel nur aus der Ferne Kontakt hat. Natürlich ist grundsätzlich die Gefahr gegeben, sich mit Krankheitskeimen von wild lebenden Vögeln, auch Tauben und anderen Tieren, zu infizieren. Hierzu bedarf es jedoch eines sehr engen Kontaktes mit den Ausscheidungen der betroffenen Tiere, zum Beispiel des Verzehrs von Taubenkot. Aber ganz ehrlich: Wer tut so etwas?


Schädigt der Taubenkot unsere Gebäude?

Stadttaube auf einem Wasserspeier des Kölner Doms, © Gaby Schulemann-Maier
Stadttaube auf einem Wasserspeier des Kölner Doms, © Gaby Schulemann-Maier

Wie alle anderen Exkremente von Mensch und Tier ist auch der Taubenkot ein ästhetisches und hygienisches Problem. Die Ursache der Beschädigung von Bauwerken oder gar die Gebäudezerstörung – vor allem an historischen Objekten – auf den Taubenkot zurückzuführen, ist jedoch abwegig. Der Zerfall ist erst in den letzten Jahrzehnten problematisch geworden und primär auf Luftschadstoffe und den daraus resultierenden sauren Regen zurückzuführen. Über eine ätzende Wirkung des Taubenkots gibt es keine fundierten Aussagen. Seine Qualität als Dünger hingegen wird vom Menschen seit Jahrhunderten geschätzt.

Das Bayerische Amt für Denkmalpflege stellt zum Taubenkot fest, „dass der pH-Wert der Ausscheidungen im neutralen bis schwach sauren Bereich liegt. Der Taubenmist enthält demnach keine starken Säuren und Laugen. Es ist deshalb auch verfehlt, von einem Säureangriff auf Materialien zu sprechen.“ Als ätzend werden Stoffe bezeichnet, deren ph-Wert < 2 oder > 11,5 beträgt. Da ich selbst Chemikerin bin, habe ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, den ph-Wert von Kotproben verschiedener Stadttauben zu bestimmen. Er lag durchweg bei einem Wert zwischen 5,3 und 5,7 – also im schwach sauren Milieu, welches keine ätzende Wirkung gegenüber Mauerwerk zeigt.

Stadttaube auf einer schrägen Wand des Kölner Doms, © Gaby Schulemann-Maier
Stadttaube auf einer schrägen Wand des Kölner Doms, © Gaby Schulemann-Maier

Das Institut für Massivbau der Technische Universität Darmstadt hat im Jahr 2004 ein Gutachten erstellen lassen, das der Frage nachgeht, welchen Einfluss Taubenkot über einen längeren Zeitraum auf verschiedene Baustoffe wie Gestein, Holz und Metall hat. Diesem Gutachten zufolge führt Taubenkot auf mineralischen Baustoffen, also Gesteinen und Mauerwerk, zu keinerlei Veränderungen, wohl aber auf Blechen, wo es zu Veränderungen des Korrosionsschutzes kommen kann.

Erfahren Sie im nächsten Kapitel, woher Stadttauben eigentlich ursprünglich stammen. Dieses wichtige Detail ist vielen Menschen nicht bewusst.