Erfahrungsbericht über einen Balkonfutterplatz
Beitrag von Gaby Schulemann-Maier, Team Wildvogelhilfe
Im April 2008 zog ich aus beruflichen Gründen innerhalb von NRW um und lebte fortan für einige Zeit in Düsseldorf. In der Landeshauptstadt suchte ich eine Wohnung, die nicht direkt mitten in der Innenstadt liegt, in deren Nähe es eine vernünftige Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sowie Einkaufsmöglichkeiten gibt und von der aus ich leicht ins Grüne gelangen kann. Erst dachte ich, es würde schwierig werden, eine solche Wohnung in Düsseldorf aufzuspüren, aber ich hatte Glück. Im Stadtteil Grafenberg wurde ich fündig. Meine Wohnung erfüllt alle von mir gewünschten Kriterien und ich habe sogar einen hübschen Balkon im vierten Stock, von dem aus ich nicht nur auf den mit Bäumen und Gebüsch bestandenen Hinterhof sehen kann. Auch die Wipfel der Bäume des Grafenberger Waldes kann ich über die Nachbarhäuser hinweg erspähen
Während des Sommers beobachtete ich für einige Zeit sehr genau, welche Vogelarten in der Nähe zu sehen waren, denn ich wollte zum Herbst hin einen Futterplatz auf dem Balkon einrichten. Hierfür musste ich natürlich wissen, auf welche Gäste ich mich an meinem Futterplatz einstellen sollte. Und auch das war mir wichtig: Meine Nachbarn hatte ich zuvor natürlich in den Plan eingeweiht, denn die Vogelfütterung bringt immer auch ein wenig Dreck mit sich. Zum Glück war niemand dagegen, dass ich den Gefiederten in Sachen Futter „unter die Flügel“ greifen wollte, ganz im Gegenteil. In meinem Haus wohnten viele tierliebe Menschen, die mir begeistert von brütenden Meisen auf ihrem Balkon erzählten oder die selbst Vogelhäuschen mit Futter für die in unserer Gegend lebenden Vögel bereithielten. Der geplanten Restauranteröffnung stand also nichts mehr im Wege.
Anfang Oktober 2008 hatte ich Urlaub und nutzte die Zeit, um ein Vogelfutterhäuschen zu organisieren. In einem Baumarkt kaufte ich einen Bausatz, der lediglich circa 20 Euro gekostet hat. Es handelte sich um einen Futterplatz im „Landhausstil“, der auf einem Ständer angebracht ist.
Zu Hause angekommen, baute ich das Futterhäuschen sogleich zusammen. Dabei saß ich in meiner Wohnung auf dem Boden vor der geöffneten Balkontür. Noch während ich schraubte und mich fragte, wie lange die Vögel wohl brauchen würden, um den Futterplatz zu finden, waren sie auch schon da. Auf dem Balkongeländer saßen zwei Kohlmeisen und beäugten mich durch die geöffnete Tür sehr neugierig. Es war offensichtlich: Sie wussten ganz genau, was ich da zusammenbaue. Die ganze Zeit ließen sie mich nicht aus den Augen, und kaum stand das Häuschen auf dem Balkon, nahmen sie es auch schon aus nächster Nähe in Augenschein. Wobei sie natürlich lauthals zeterten, weil kein Futter zu finden war. Fünf Minuten später war dieses Problem gelöst und die Kohlmeisen konnten frisch gehackte Haselnüsse genießen, die ich ihnen serviert hatte. Dass mein Futterhäuschen auf dem Balkon in einer solchen Rekordzeit angenommen würde, damit hatte ich nicht gerechnet!
In dem Futterhäuschen biete ich den Vögeln seit dem Herbst 2008 verschiedene Futtermittel an. Sehr beliebt ist eine Mischung aus Haselnüssen und geschälten Sonnenblumenkernen, letztere kaufe ich in einem Drogeriemarkt. Diese Futtermittel hacke ich mit meinem Küchen-Häcksler selbst, so dass den Tieren unterschiedlich große Nuss- und Kernstücke zur Verfügung stehen. Hierbei lege ich keine großen Vorräte der zerkleinerten Futtermischung an, das Futter wird ein- bis zweimal wöchentlich frisch für die Vögel gehackt. Regelmäßig stehen zudem gehackte Erdnüsse und Winterstreufutter (Fettfutter) auf dem Speiseplan der Vögel, und gelegentlich gibt es gehackte Walnüsse. An dem Futterhäuschen habe ich mit Hilfe von Nägeln außerdem Meisenknödel befestigt und Anfang November 2008 habe ich oberhalb meines Fensters eine hängende Futtersäule montiert, in der sich Nussstückchen befinden. Die Futtersäule wird von den verschiedenen Meisenarten sehr gern angeflogen. Gekauft habe ich die Säule bei der Firma Vivara.
Anfang 2009 habe ich einen selbst gemachten Fettfutterkuchen nach dem Rezept von Ingrid Roeschke verfüttert, der großen Anklang bei den Tieren gefunden hat. Ende Februar 2009 habe ich dann das Kraftfutter ausprobiert, das Dr. Martin Kraft im Vögel-Magazin empfiehlt. Die gefiederten Balkonbesucher sind begeistert von der gehaltvollen Fettfuttermischung. Wenn Sie erfahren möchten, wie man diese beiden Futtervarianten herstellt, finden Sie weitere Informationen im Kapitel Selbst gemachtes Fettfutter. Auf meinem Balkon versammeln sich viele Vögel um dieses Futter, das heiß begehrt ist. Die folgenden Arten finden sich zum Kraftfutter-Schmaus ein: Amsel, Rotkehlchen, Heckenbraunelle, Blaumeise, Kohlmeise, Buchfink, Grünfink, Rabenkrähe, Elster, Kleiber, Ringeltaube. Im Frühling 2009 habe ich die Fütterung eingestellt, weil meine Nachbarn nicht glücklich daräber gewesen sind, dass große Vögel wie Ringeltauben und Elstern sowie Rabenkrähen vorbei gekommen sind. Den Winter 2009/2010 habe ich natürlich in Sachen Fütterung nicht ausgelassen. Auch im Herbst 2010 habe ich den Futterplatz wieder eröffnet.
Chronologische Beschreibung des Balkon-Futterplatzes
- 6. Oktober 2008
Das Futterhäuschen aufgestellt, Kohlmeisen kommen sofort an den Futterplatz - 10. Oktober 2008
Erste Blaumeisen am Futterplatz beobachtet - 10. Oktober 2008
Ein Zaunkönig stattet dem Futterplatz einen Besuch ab - 16. Oktober 2008
Ein Eichelhäher bedient sich an den gehackten Haselnüssen - 1. November 2008
Tannenmeisen besuchen den Futterplatz heute sehr eifrig - 1. November 2008
Ein Rotkehlchen schaut sich am Futterplatz um - 22. November 2008
Ein Kleiber gehört jetzt zu den regelmäßigen Gästen am Futterhaus - 23. November 2008
Eine Rabenkrähe versucht ihr Glück an dem Haus, ist aber zu groß und bedient sich deshalb an den herabgefallenen Nussstücken, die auf dem Boden des Balkons liegen - 23. November 2008
Ein Buntspecht-Weibchen hängt an einem der Meisenknödel, die am Futterhäuschen befestigt sind - 23. November 2008
Haubenmeisen tauchen am Futterplatz auf - 24. November 2008
Eine Heckenbraunelle sucht den Boden unter dem Futterplatz nach winzigen Nussstücken ab - 2. Dezember 2008
Erstmals Buchfinken am Futterhaus gesichtet - 4. Dezember 2008
Jetzt haben auch die Amseln den Futterplatz entdeckt - 5. Dezember 2008
Ein Eichhörnchen sammelt regelmäßig die von den Vögeln auf den Boden des Balkons fallen gelassenen Nussstücke auf und frisst sie - 14. Februar 2009
Gibt es den Valentinstag auch bei Vögeln? Ein Ringeltaubenmännchen nutzt das Dach des Futterhäuschens eine Stunde lang als Sitzplatz und trägt mehrmals ausdauernd seinen Reviergesang vor. Die Kleinvögel wirken verärgert. Vor allem die Meisen rufen aufgeregt, flattern rund um den Balkon und trauen sich nicht ans Futter, so lange die Ringeltaube auf dem Häuschen sitzt. -
28. April 2009
Obwohl bereits Frühling ist, füttere ich weiter die Vögel auf meinem Balkon (ich möchte die Ganzjahres(zu)fütterung ausprobieren). Es finden sich noch immer viele Tiere ein, die das oben erwähnte Kraftfutter begeistert aufnehmen. Außerdem hat ein Grünfinkenpärchen seit gut einer Woche das Hängesilo, das schon seit Monaten am Futterplatz zu finden ist, verstärkt für sich entdeckt. Geschälte Sonnenblumenkerne und Nussstücke gibt es dort zu holen. - 3. Mai 2009
Leicht hatte es der Eichelhäher nicht, der sich heute einfach nur in Ruhe ein wenig Futter vom Balkon holen wollte. Regelrecht umzingelt wurde er von diversen Kleinvögeln: Zwei Amselmännchen stellten sich ihm zeternd in den Weg, flankiert von drei Kohlmeisen. Auch die Schwanzmeisen, die in der Nähe brüten und bisher kein Futter vom Balkon geholt haben, sind zirpend über dem Eichelhäher hin und her geflogen. Er hat letztlich entnervt aufgegeben und vom Dach aus einige Minuten lang auf den Futternapf gestarrt. Armer Vogel … - 15. Mai 2009
Auf dem Balkon ist am Futterplatz mächtig was los. Die Altvögel haben alle Schnäbel voll zu tun, um für ihren Nachwuchs artgerechtes Futter wie kleine Raupen und Insekten zu finden. Nachdem sie durch den „Dschungel“ im Hinterhof geeilt sind und ihre Beute an die Jungen verfüttert haben, kommen sie oft zu meinem Futterplatz und schlingen das selbst gemachte Kraftfutter regelrecht herunter. Kaum haben sie sich gestärkt, gehen sie auch schon wieder auf die Suche nach Insekten für ihre lieben Kleinen. Ich bin froh, die gestressten Amseln, Meisen, Buchfinken und Co. mit dem Futter derzeit ein wenig entlasten zu können, denn sie finden so für sich etwas Energiereiches und sind schneller satt. - 27. Mai 2009
Mein Balkon ist so etwas wie ein Vogel-Kinderhort! Junge Blau- und Kohlmeisen sind ebenso oft anzutreffen wie junge Amseln. Sie sind alle schon flügge, werden aber noch von ihren Eltern mit Futter versorgt. Die Alten sammeln Insekten, kommen dann auf meinen Balkon geflogen, füttern die hungrige Jung-Meute und genehmigen sich selbst schnell ein paar Schnäbel voll Kraftfutter. Das gucken sich die Jungen inzwischen ab. Es ist herrlich anzusehen, wie die jungen Meisen versuchen, Nussstücke mit ihren Füßen genauso geschickt festzuhalten wie ihre Eltern. Einziger Nachteil des Kinderhortes: Sobald ich zum Lüften die Balkontür öffne, habe ich vorwitzige Jungvögel in der Wohnung. Gerade hat es sich eine junge Blaumeise im Schlafzimmer auf meinem Kopfkissen bequem gemacht. Zum Glück musste sie gerade nicht. 😉 - 7. Juni 2009
Am Futterplatz treffen regelmäßig sämtliche jungen Meisen der Umgebung ein, auch die Altvögel stärken sich hier. Das Rotkehlchen ist ebenfalls oft zu sehen, außerdem verschiedene Amseln, Ringeltauben, ein Buntspechtweibchen und ein Buchfinkenmännchen. Kurz vor 20.00 Uhr trifft kommt ein Grünfink mit seinen beiden Ästlingen, ich sehe sie zum ersten Mal auf meinem Balkon. Sie bellten den Altvogel an, der sie mit hochgewürgtem Futter versorgt. Daraufhin verschwinden die beiden in den Baum vor dem Balkon, während sich der Altvogel ein paar Nüsse aus dem Hängespender genehmigt. - 20. Juni 2009
Seit einigen Tagen kommt ein Spechtweibchen regelmäßig zum Futterplatz. Anfangs hatte sie einen Ästling in der Nähe, dieser scheint inzwischen aber selbstständig zu sein und lässt sich hier nicht blicken. Bevor „Frau Specht“, wie ich die Dame nenne, sich zum Fressen einfindet, sitzt sie auf einem der Bäume im Hof und ruft laut. Dann landet sie auf dem Balkon und ruft wieder einige Male laut, erst dann beginnt sie mit der Nahrungsaufnahme. Während sie frisst, trauen sich keine anderen Vögel an das Futter, die Meisen sind meist sehr ungehalten, wenn Frau Specht da ist und sich bei ihrem Mahl viel Zeit lässt. - 29. Juni 2009
Meine Ganzjahres-Zufütterung ist mit dem heutigen Tag leider eingestellt worden. Die Nachbarn wollen Ratten auf dem Dach gesehen haben. Ich kann dies nicht bestätigen, aber auch nicht widerlegen. Es macht mich sehr traurig, dass ich die Vögel bis auf Weiteres nicht mehr auf dem Balkon füttern kann. Das jähe Ende ohne Übergang wird den Tieren sicher nicht gefallen. - 7. November 2010
Nach längerer Pause gibt es heute wieder einen Eintrag in meinem Fütterungstagebuch. Im vergangenen Winter habe ich natürlich auch die Vögel gefüttert. Diesen Herbst habe ich das Vogelrestaurant erneut eröffnet. Und heute hat sich mir die Möglichkeit geboten, drei seltene Gäste zu beobachten: Halsbandsittiche. Sie kommen in Düsseldorf in freier Natur vor, es handelt sich um Wildvögel. Auf meinem Balkon habe ich sie jedoch noch nie zuvor gesehen. Mein selbst gemachtes Fettfutter und die frischen Erdnüsse scheinen ihnen sehr geschmeckt zu haben, denn die Vögel haben sich lange auf meinem Balkon aufgehalten. - Weitere Ergänzungen gibt es leider nicht, weil ich einige Zeit nach dem Verfassen der letzten Aktualisierung aus beruflichen Gründen erneut umziehen und somit meinen Balkonfutterplatz aufgeben musste.
Einige Besucher des Balkonfutterplatzes