Kleinlebensräume für Wildtiere

Neben den oft relativ großen, komplexeren Lebensräumen wie Naturwiesen oder Teichen können vogelfreundliche Gärten auch eine ganze Reihe eher kleiner Lebensräume bieten, die dennoch für viele Tierarten enorm wichtig sind. Es ist vergleichsweise leicht, solch Kleinlebensräume oder ökologische Nischen zu errichten, die Vögeln oder ihren Beutetieren als Heimat sowie als nützliche Umgebung zur Gestaltung ihres artgerechten Alltags dienen. Wir stellen Ihnen in diesem Kapitel die wichtigsten Miniatur-Habitate vor.


Sandflächen (Sandlinsen)

Haussperlinge beim Staubbad, in Sand baden diese Vögel ebenfalls sehr gern, © TCDavis via Flickr
Haussperlinge beim Staubbad, in Sand baden diese Vögel ebenfalls sehr gern, © TCDavis via Flickr

Ein wichtiges Kleinbiotop ist eine saubere Sandfläche. Etliche Vogelarten wie zum Beispiel Haussperlinge oder Greifvögel wie die Turmfalken benötigen zur Pflege ihres Gefieders nicht nur Wasser, sondern auch Sand oder Staub. Ausgiebige Sandbäder sind jedoch in der heutigen Zeit purer Luxus für die meisten Wildvögel, da sich in der Natur nur noch wenige natürliche Sandbadestellen finden. Entsprechend gern nehmen die Vögel solche Plätze in naturnahen Gärten an und man kann beispielsweise Spatzen oft in kleinen Gruppen beim ausgiebigen Staubbad beobachten. Manchmal bleiben sie nach dem Staubbad noch eine Weile mit ausgebreiteten Flügeln und in den Nacken gezogenem Kopf liegen und lassen sich die Sonne auf das Gefieder scheinen. Sowohl das Sandbad als auch das Nutzen der Sonnenstrahlen dient dazu, Parasiten aus dem Gefieder zu vertreiben. Der Staub entfernt sie mechanisch und die Hitze der Sonne sowie das grelle Licht lassen die kleinen Plagegeister oft die Flucht ergreifen. Deshalb sind Sand- und Sonnenbäder für Wildvögel so wichtig und wohltuend.

Mit einem Staubbad pflegen Vögel wie der Turmfalke ihr Gefieder und werden Parasiten los, © Stuart Richards via Flickr
Mit einem Staubbad pflegen Vögel wie der Turmfalke ihr Gefieder und werden Parasiten los, © Stuart Richards via Flickr

Zum Errichten einer Sandbadestelle hebt man eine etwa 30 bis 50 cm tiefe Mulde aus, die mit Quarzsand aufgefüllt wird. Dabei sollte man unbedingt darauf achten, dass sich unter dem Sand kein Humus befindet. Dieser nährstoffreiche Boden als Untergrund würde dazu führen, dass der Sand innerhalb kürzester Zeit von Pflanzen mit langen Wurzeln überwuchert würde. Wenn Sie über einen alten Sandkasten verfügen, der nicht mehr zum Spielen benötigt wird, weil die Kinder längst erwachsen sind, können Sie diesen selbstverständlich als Sandbadestelle für Staub liebende Vögel bereitstellen. Hin und wieder sollten Sie die Sandbadestelle von Pflanzen befreien, die sich in ihr ausbreiten, um ein Überwachsen zu verhindern.

Bitte kontrollieren Sie die Sandbadestelle regelmäßig auf gegebenenfalls vorhandene Katzenexkremente. Frei in der Natur herumlaufende Hauskatzen benutzen Sandflächen oft gern als „Toilette“, was einen Sandbadeplatz rasch unbrauchbar für Vögel werden lässt. Entfernen Sie nicht nur den Katzenkot, sondern auch den angrenzenden Sand, weil er mit Flüssigkeit und Bakterien durchtränkt ist. Generell sollte der Sand Ihres Kleinlebensraums nach einem Jahr zumindest im oberen Bereich vollständig ausgetauscht werden, wenn sich in ihm öfter Katzen erleichtern.


Kiesflächen

Dieser Haussperling nimmt ein Sonnenbad auf einer Kiesfläche, © Gaby Schulemann-Maier
Dieser Haussperling nimmt ein Sonnenbad auf einer Kiesfläche, © Gaby Schulemann-Maier

In einem auf die Bedürfnisse der Wildtiere abgestimmten Naturgarten ist eine möglichst wenig begrünte oder gänzlich unbewachsene Kiesfläche ein wichtiger Kleinlebensraum. Zwischen den Steinchen leben zahllose winzige Insekten, die vielen Vogelarten als Nahrung dienen. Manche Vogelarten mögen Kiesflächen als Sitzplatz nach dem (nassen) Bade oder um dort ein ausgiebiges Sonnenbad zu nehmen. Aufgeheizte Kiesflächen sind hierfür beliebte Plätze, weil die Vögel dort den in ihrem Gefieder lebenden Parasiten buchstäblich kräftig einheizen können: Von oben fällt die wärmende Sonne auf das Federkleid, von unten strahlen die Kiesel Wärme ab. Viele Parasiten überleben diese Wärmebehandlung nicht und sterben oder fliehen aus dem Gefieder der Vögel.

Mit ein wenig Kies lässt sich ein für Vögel wichtiger Kleinlebensraum im Garten errichten, © efes / Pixabay
Mit ein wenig Kies lässt sich ein für Vögel wichtiger Kleinlebensraum im Garten errichten, © efes / Pixabay

Um eine Kiesfläche anzulegen, sollten Sie den Untergrund gegebenenfalls ein wenig begradigen und dann unterschiedlich große Steine aufschichten. Mischen Sie zunächst große und eher kleine Steine in einem Eimer und bringen Sie sie aus. Geben Sie dann einige große Steine darauf, dann mittelgroße und darüber zuletzt noch etwas kleinere Steine. Rütteln Sie das Ganze vorsichtig mit einem Spaten glatt. Die unterschiedlich großen Steine rutschen dann so in Position, dass sich zwischen ihnen kleine oder größere Zwischenräume bilden, die später von jeweils unterschiedlichen Tierarten als Verstecke genutzt werden können. Hinsichtlich der Pflege sind Kiesflächen sehr angenehme Kleinlebensräume, da man sie lediglich hin und wieder von zu starkem Pflanzenbewuchs befreien muss. Die meisten Zeit kann man sie sich selbst überlassen.


Schlammflächen oder Lehmflächen

Vor allem während des Frühlings leisten kleine Schlamm- oder Lehmflächen den soeben aus dem Süden heimgekehrten Schwalben hervorragende Dienste. Mehlschwalben und Rauchschwalben kommen mancherorts in der Nähe menschlicher Siedlungen vor. Diese Vögel benötigen feuchten Lehm für den Bau ihrer Nester, den sie in freier Natur aufgrund der zunehmenden Bodenversiegelung kaum noch finden. Indem man während der Nestbauperiode einen Bereich des Gartens frei von Vegetation hält und dafür sorgt, dass der Boden ständig feucht und weich ist, unterstützt man die Schwalben ideal beim Nestbau. Es bietet sich oft beispielsweise an, eine solche Schlammfläche in der Uferzone eines Gartenteichs anzulegen.

Mitunter ist es nicht möglich, im Garten eine schlammige Fläche zu gestalten. Eine Schale mit feuchter, lehmiger Erde kann dann als Alternative genutzt werden. Das funktioniert oft sogar auf Terrassen. Wer mag, kann den Boden mit Tüchern schützen, falls dies erforderlich ist.

Falls sich keine Schwalben an Ihrem Kleinbiotop blicken lassen, könnte dies daran liegen, dass es in Ihrer Umgebung keine Brutkolonien dieser Vögel gibt. Dann ist das Anlegen der Schlammfläche dennoch oft nicht ganz umsonst, denn sie ziehen bestimmte Insektenarten an, die wiederum als Nahrung für Vögel dienen können.


„Stängeldschungel“ aus verblühten Stauden

Viele Stauden, die in Gärten gepflegt werden, haben stabile Stängel, die nach dem Verblühen austrocknen und hohl werden. Das Auge erfreuen die Pflanzen dann zwar nicht mehr so sehr, aber in den natürlichen Hohlräumen können sich verschiedene Insekten und andere kleine Lebewesen ansiedeln und verstecken. Dort leben zum Beispiel Ohrwürmer (Ohrenkneifer), die in Naturgärten zu den wichtigen Nützlingen gehören, weil sie Schadinsekten im Zaum halten.

In den hohlen Stängeln finden viele Insekten und deren Larven außerdem sichere Überwinterungsplätze, weshalb die welken Pflanzenteile unbedingt bis zum nächsten Frühjahr stehen bleiben sollten. Dann fallen sie meist von selbst um und können dann gegebenenfalls entfernt werden.


Steinhaufen

Steinhaufen bieten Insekten, Spinnen, Amphibien, Reptilien und manchen Vögeln wertvolle Verstecke, © Martina / Pixabay
Steinhaufen bieten Insekten, Spinnen, Amphibien, Reptilien und manchen Vögeln wertvolle Verstecke, © Martina / Pixabay

Legen Sie in einem geschützten Bereich Ihres naturnahen Gartens einen Steinhaufen an. Stapeln Sie dafür unterschiedlich große Steine aufeinander, aber bitte so, dass sie nicht verrutschen und gegebenenfalls zwischen ihnen ruhende Tiere zerquetschen können. Die Hohlräume werden von verschiedenen Insektenarten bewohnt, auch Spinnen ziehen dort gern ein. Größere Hohlräume am Boden werden beispielsweise von überwinternden Amphibien und Reptilien genutzt, sofern diese in Ihrer Wohngegend vorkommen.

Die Insekten und Spinnen, die in Steinhaufen leben, werden zum Beispiel von Zaunkönigen gern gefressen. Diese winzigen Singvögel durchsuchen die Öffnungen und Spalten zwischen aufgeschichteten Steinen das gesamte Jahr über systematisch nach Fressbarem und zwängen sich manchmal sogar selbst in den einen oder anderen Hohlraum, sofern dieser ausreichend groß ist.

Steinhaufen müssen normalerweise nicht gereinigt oder gepflegt werden, auch dann nicht, wenn sie von Moosen überwuchert werden. Dieser Bewuchs zieht verschiedene Kleinstlebewesen wie Springschwänze an, die von kleinen Singvögeln gefressen werden.

Eine ähnliche Funktion wie Steinhaufen erfüllen übrigens Trockenmauern, die jedoch oft relativ groß sind, weshalb wir ihnen ein separates Kapitel widmen.


Totholzstapel

Totholzstapel sollten in einem naturnah gestalteten Garten als Kleinlebensraum nicht fehlen, © HC via Flickr
Totholzstapel sollten in einem naturnah gestalteten Garten als Kleinlebensraum nicht fehlen, © HC via Flickr

Sie mussten einen Baum fällen oder einer ihrer Nachbarn musste sich von einem seiner Bäume trennen? Dann schichten Sie das in Stücke geschnittene Holz an einer geschützten Stelle Ihres Gartens zu einem Stapel. Solche Totholzstapel werden von Insekten als Brutraum genutzt, Säugetiere wie Igel finden unter ihnen Schutz und auch Vögel – allen voran Zaunkönige – nutzen die Höhlen und Spalten zum Jagen nach Insekten und oft auch als Verstecke, die sie vor Wind und Wetter schützen.

Reisighaufen sind ähnlich wie Totholzstapel ein wichtiger Kleinstlebensraum, sie bestehen jedoch meist aus deutlich dünneren Ästen. Ihnen ist ein separates Kapitel gewidmet.