Tödliche Gefahr Osterfeuer

Osterfeuer, © patrikslechta / Pixabay
Osterfeuer, © patrikslechta / Pixabay

Zur Osterzeit lodern in Deutschland vielerorts traditionelle Osterfeuer – ein an sich heidnischer Brauch, der auf die alten germanischen Stämme zurückzuführen ist. Schon vor langer Zeit wurde er zum Bestandteil des christlichen Oster-Brauchtums – ähnlich wie das Verschenken von Ostereiern, die Symbole für die Fruchtbarkeit und den Frühling sind. Vielen Menschen ist leider nicht bewusst, dass Osterfeuer bei nicht sachgemäßer Handhabung zu einer tödlichen Falle für Wildtiere werden können – eine schreckliche Vorstellung, die mit dem Christentum und der Nächstenliebe nicht in Einklang zu bringen ist. Doch wie kommt es dazu, dass Osterfeuer Wildtieren schaden können und was kann man unternehmen, um dies zu vermeiden?

In den für Osterfeuer aufgeschichteten Holzstapeln befinden sich manchmal Nester von Amseln oder anderen Vögeln, die Jungtiere können der Flammenhölle nicht entfliehen, © Gellinger / Pixabay
In den für Osterfeuer aufgeschichteten Holzstapeln befinden sich manchmal Nester von Amseln oder anderen Vögeln, die Jungtiere können der Flammenhölle nicht entfliehen, © Gellinger / Pixabay

Gemeinden, Privatpersonen, Gartenbesitzer und Vereine beginnen oft meist schon mehrere Monate vor dem Osterfest mit dem Sammeln von Brennmaterial, um damit später ein möglichst großes Feuer zum Lodern bringen zu können. Reisig, Äste und Gestrüppreste werden zu Haufen ansehnlicher Größe aufgeschichtet, die zudem meist mitten auf einem freien Gelände liegen, wo sie später auch verbrannt werden sollen. Solche Haufen sind für viele Tiere, die von der Osterfeuertradition des Menschen nichts ahnen können, eine offene Einladung, sich zwischen den toten Zweigen häuslich einzurichten und darin den Winter zu verbringen oder sich anderweitig darin niederzulassen. Im zeitigen Frühjahr beginnen viele Vogelarten mit der Brut und Jungenaufzucht. Die Osterzeit fällt für sie mitten in die Brutsaison. Etliche heimische Singvogelarten bevorzugen als Nistplatz Hecken und Gestrüpp, die durch das Einwirken des Menschen auf die natürlichen Gegebenheiten der Landschaft in zunehmend geringerem Maße vorhanden sind. Den Tieren kommen die für die Osterfeuer aufgeschichteten Reisighaufen als vermeintlich sichere Nistplätze in Ermangelung von Hecken daher besonders gelegen. Vogelarten wie zum Beispiel die Heckenbraunelle, das Rotkehlchen, die Amsel oder der zierliche Zaunkönig gehören zu den Tieren, die ihre Kinderstube gern in Reisighaufen errichten.

Wildkaninchen gehören zu den Tieren, die unter Holzstapeln Schutz suchen, © Eelffica / Pixabay
Wildkaninchen gehören zu den Tieren, die unter Holzstapeln Schutz suchen, © Eelffica / Pixabay

Unweigerlich kommt letztlich der Tag, an dem das Osterfeuer brennen soll – und damit bedauerlicherweise oft die arglosen Wildtiere, denn sie fliehen meist nicht. Bevor das Feuer entzündet wird, nähern sich Menschen, was die brütenden Vogelweibchen oder andere im Holzhaufen verweilende Tiere in Angst versetzt. Sie tun instinktiv das, was bei der Annäherung eines Feindes in aller Regel sinnvoll ist: Sie verhalten sich bei einer Störung möglichst still und unauffällig. Brütende Vögel pressen sich flach in ihr Nest und fliegen nicht davon. Igel, Wildkaninchen oder Amphibien, die sich unter dem Holz versteckt haben, bleiben dort und warten darauf, dass die Menschen verschwinden, um dann ungesehen entwischen zu können. Allerdings gehen die Menschen nicht weg, sie zünden vielmehr das Holz an und die Tiere sitzen in der tödlichen Falle. Oft versuchen die panischen Tiere erst dann zu flüchten, wenn sie bereits von den Flammen eingeschlossen sind oder sogar selbst in Flammen stehen. Viele ersticken zudem qualvoll am Rauch, weil sie die Gefahrenzone nicht verlassen können. Das ist unter anderem typisch für bereits geschlüpfte Jungvögel. Falls sie nicht durch den Rauch das Bewusstsein verlieren, erleiden sie ein noch schlimmeres Schicksal: Sie verbrennenin ihrem Nest bei lebendigem Leibe – oft gemeinsam mit ihrer sie schützenden Mutter. Wer nun glaubt, das wäre eine maßlose Übertreibung, dem sei der folgende Artikel als Lektüre empfohlen: Brennende Kaninchen krochen aus dem Osterfeuer in Dortmund (07.04.2015, derwesten.de).

Ein Reisighaufen wie dieser könnte für ein kurzes Vergnügen als Osterfeuer enden oder langfristig als Rückzugsort für viele Tiere dienen, © PublicDomainPictures / Pixabay
Ein Reisighaufen wie dieser könnte für ein kurzes Vergnügen als Osterfeuer enden oder langfristig als Rückzugsort für viele Tiere dienen, © PublicDomainPictures / Pixabay

Damit die Grundlage für ein Osterfeuer nicht zum Scheiterhaufen für Wildtiere wird, müssen einige wichtige Regeln beachtet werden. Wer einen Reisighaufen erst wenige Tage vor Ostern aufschichtet, bietet den Tieren kaum eine Gelegenheit, sich häuslich darin einzurichten (bitte trotzdem das Umschichten nicht vergessen!). Haufen, die schon längere Zeit an Ort und Stelle liegen, müssen gemäß behördlicher Auflagen vor dem Anzünden in jedem Fall umgeschichtet werden, damit sich darin versteckende oder brütende Tiere entdeckt werden. Nester dürfen nicht zerstört werden, die entsprechenden Teile des Holzhaufens müssen dann gesichert und in Ruhe gelassen werden.

Igel, Kleinsäuger und Amphibien, die sich unter dem Holz versteckt haben, lassen sich vergleichsweise leicht herausholen und an einen anderen geschützten Platz bringen. Jedoch sollte man sich gut überlegen, ob man die Tiere wirklich vertreiben möchte, nur um maximal ein paar Stunden Freude an einem Osterfeuer zu haben. Vor dem Hintergrund der Habitatzerstörung betrachtet, sind Reisighaufen viel zu schade zum Abbrennen, da sie nicht nur für Vögel einen hervorragenden Ersatz für die kaum noch vorhandenen Hecken bilden. Wie wäre es also zur Abwechslung mal mit einem Osterfest ohne Feuer und mit einem Spaziergang in der Natur, um Wildtiere zu beobachten? Oder aber Sie begnügen sich mit einer Feuerschale beziehungsweise einem kleinen Lagerfeuer, dessen Holz in Windeseile aufgeschichtet ist und danach sofort angezündet werden kann. So ist man auf der sicheren Seite und verletzt normalerweise keine brütenden Vögel sowie Säugetiere oder Amphibien.


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