Schnabelformen der Vögel

Ein Beitrag von Gaby Schulemann-Maier, Team Wildvogelhilfe

Der Schnabel einer Rabenkrähe (Corvus corone) ist groß und robust - diese Vögel sind Allesfresser, © Gaby Schulemann-Maier
Der Schnabel einer Rabenkrähe (Corvus corone) ist groß und robust – diese Vögel sind Allesfresser, © Gaby Schulemann-Maier

Zeigt her Eure Schnäbel! Nicht nur hinsichtlich ihrer Körperform und -größe sowie ihrer Gefiederfärbung unterscheiden sich die über 10.000 Vogelarten, die auf der Erde vorkommen. Ihre Schnäbel sind ebenfalls höchst verschieden und das Aussehen dieses Körperteils verrät viel über die Lebensweise der jeweiligen Vogelart.

Als sich die Vögel entwickelten, eroberten erstmals in der Geschichte der Erde warmblütige Wesen einen bis dahin nur von fliegenden Insekten und flugfähigen Echsen bevölkerten Lebensraum: die Luft. Um flugfähig zu sein, dürfen Lebewesen nicht viel wiegen, was im Laufe der Evolution zu speziellen Anpassungen des Körperbaus geführt hat. Vögel verfügen über ein extrem leichtes Skelett mit Röhrenknochen sowie ein äußerst leistungsstarkes Atmungssystem, mit dessen Hilfe sie genügend Sauerstoff aufnehmen können, um ihre kräftige Flugmuskulatur mit diesem lebenswichtigen Gas zu versorgen. Ferner geht die Verdauung der Vögel ausgesprochen schnell vonstatten, damit die Tiere keinen unnötigen Ballast mit sich herumtragen müssen, während sie fliegen. Vögel verkörpern damit das Ideal der von der Natur hervorgebrachten extremen Leichtbauweise.

Lang und spitz ist der Schnabel der Inkaseeschwalbe (Larosterna inca), sie kann damit besonders leicht Fisch fangen, © Gaby Schulemann-Maier
Lang und spitz ist der Schnabel der Inkaseeschwalbe (Larosterna inca), sie kann damit besonders leicht Fisch fangen, © Gaby Schulemann-Maier

Auch das Organ zur Nahrungsaufnahme wurde im Laufe der Zeit perfektioniert und an die jeweilige Lebensweise der Vögel sowie die von ihnen eingenommene ökologische Nische angepasst. Der Schnabel der Vögel ist die ideale Lösung für flugfähige Tiere. Er ist verglichen mit den massiven Kieferknochen von Säugetieren ausgesprochen leicht und dennoch stabil. In seinem Grundaufbau ist der Schnabel bei allen Vogelarten gleich. Ihr Oberschnabel ist am Hirnschädel befestigt und trotzdem beweglich, der Unterschnabel ist über ein Gelenk mit dem Schädel verbunden und dadurch frei beweglich. Aufgebaut ist der Schnabel aus Keratin beziehungsweise Schnabelhorn, das neben seinem geringen Gewicht einen weiteren unschlagbaren Vorteil bietet: Es kann unterschiedliche Formen annehmen, weshalb es den einzelnen Vogelgruppen möglich war, spezielle Nischen in den vielfältigen Lebensräumen der Erde zu besetzen, sich darin mit Hilfe der angepassten Schnabelform problemlos ernähren zu können und dabei die Luft als Medium zu nutzen, in dem sie sich fortbewegen.

In den vergangenen Jahrmillionen entwickelten sich demnach zahlreiche unterschiedlich geformte Schnäbel, die vor allem als hoch spezialisierte Werkzeuge für die Aufnahme bestimmter Nahrung dienen. Ein Blick auf den Schnabel einer Vogelart genügt deshalb oft, um Rückschlüsse auf seine Ernhärungsgewohnheiten ziehen zu können. Wir stellen in diesem Kapitel die Grundttypen der Vogelschnäbel vor. Klicken Sie einfach auf einen der folgenden Listeneinträge, um zu den kurzen Beschreibungen inklusive Bebilderung zu gelangen:


Balzschnabel

Während der Fortpflanzungsperiode ist der Schnabel der Papageitaucher (Fratercula arctica) besonders prächtig, © Gaby Schulemann-Maier
Während der Fortpflanzungsperiode ist der Schnabel der Papageitaucher (Fratercula arctica) besonders prächtig, © Gaby Schulemann-Maier

Viele Vogelarten tragen während der Balzzeit nicht nur ein sogenanntes Prachtkleid, also ein andersfarbiges, meist besonders prächtiges Gefieder. Auch ihre Schnäbel verfärben sich oder bilden wie im Fall des Papageitauchers (Fratercula arctica) auffällige Wülste. Während der Fortpflanzungsperiode wachsen diesen im Nordatlantik beheimateten Seevögeln knallbunte Schnabelscheiden. Jene äußere Schnabeldecke besteht aus der Hornsubstanz Keratin und ist nicht nur auffällig gefärbt, sondern auch gewellt.

Um die Signalwirkung der Schnäbel im Prachtkleid zu steigern, wächst den Vögeln darüber hinaus links und rechts je eine gelbe Balzwarze an der Schnabelbasis, also quasi im „Mundwinkel“. An den Augenlidern bilden sich graublaue Auswüchse, die ebenfalls nur während der Fortpflanzungsperiode vorhanden sind. Im Spätsommer wird die leuchtend bunte Schnabelscheide abgeworfen, wodurch der Schnabel schmaler und weniger auffällig wird. Die Papageitaucher sind dann wieder im sogenannten Schlichtkleid.


Extravaganter Schnabel

Prunkstück in Leichtbauweise: Der Schnabel des Riesentukans ist zwar sehr groß, wiegt aber wegen seiner speziellen Bauweise nicht viel, © Ricardo Martins via Flickr
Prunkstück in Leichtbauweise: Der Schnabel des Riesentukans ist zwar sehr groß, wiegt aber wegen seiner speziellen Bauweise nicht viel, © Ricardo Martins via Flickr

Einige Vogelarten haben ausgesprochen extravagante Schnäbel entwickelt, die sie ganzjährig und somit nicht nur zur Balzperiode tragen, siehe Balzschnabel. Zu ihnen gehören beispielsweise die Tukane. Der größte Vertreter seiner Familie ist der Riesentukan (Ramphastos toco). Diese im Tiefland des östlichen Südamerikas lebenden Vögel sind 56 bis 52 cm groß und ihr Schnabel ist durchschnittlich 20 cm lang. Damit Tukane flugfähig sind, dürfen ihre gewaltigen Schnäbel nicht massiv sein – sie wären ansonsten zu schwer. Die auffallenden Gebilde bestehen aus sehr leichtem Horn, das innen durch dünne, knochenartige Verstrebungen stabilisiert wird.

Weshalb die Tukane im Laufe ihrer Entwicklungsgeschichte derart außergewöhnliche Schnäbel hervorgebracht haben, ist bislang von der Wissenschaft nicht zweifelsfrei geklärt. Offenbar scheinen die bunten Riesenschnäbel von besonderer Vitalität zu zeugen und demnach ein in der Partnerwerbung bedeutungsvolles Signal zu sein.

Der Schnabel des in Asien lebenden Doppelhornvogels (Buceros bicornis) trägt einen auffälligen Wulst, © Lip Kee Yap via Flickr
Der Schnabel des in Asien lebenden Doppelhornvogels (Buceros bicornis) trägt einen auffälligen Wulst, © Lip Kee Yap via Flickr

Ähnlich extravagante Schnäbel haben sich darüber hinaus bei einigen Vogelarten entwickelt, die in anderen Erdteilen leben, also beispielsweise bei den in Asien beheimateten Hornvögeln. Diese in manchen Literaturquellen auch als Nashornvögel bezeichneten Tiere haben bis auf wenige Ausnahmen einen wulstartigen Aufsatz auf dem Oberschnabel: das „Horn“. Bei etlichen Arten ist es hohl und damit sehr leicht. Außerdem kommen Hornaufsätze vor, die aus locker aufgebautem und recht leichtem Knochengewebe bestehen.

Für die Nashornvögel ist der lange Schnabel bei der Jungenaufzucht wichtig. Um das brütende Weibchen und die Jungtiere vor Fressfeinden zu schützen, mauern die Alttiere den Eingang zur Nisthöhle in den Bäumen mit Schlamm oder Lehm zu, bis nur noch ein kleiner Spalt übrig ist. Die Altvögel können den langen, schmalen Schnabel hindurchstecken und auf diesem Wege gelangt das von den Männchen gesammelte Futter zum eingemauerten Weibchen und zu den Küken.


Filtrierschnabel

Beim Flamingo ist der Schnabel asymmetrisch und geknickt, © Gaby Schulemann-Maier
Beim Flamingo ist der Schnabel asymmetrisch und geknickt, © Gaby Schulemann-Maier

Eine der bemerkenswertesten Anpassungen an eine spezielle ökologische Nische ist der Filtrierschnabel der Flamingos. In seiner Konstruktionsweise ist er ausgesprochen kompliziert, da er höchsten Anforderungen bei der Nahrungsbeschaffung genügen muss. Das in der Vogelwelt einzigartige Spezialwerkzeug erlaubt es den eleganten Vögeln, Algen aus Gewässern wie dem Bogoriasee in Ostafrika oder Lagunen in der französischen Camargue zu seihen. Darüber hinaus ernähren sich die Flamingos von kleinen Krebstierchen und Würmern sowie gelegentlich von kleinen Fischen. Aber wie gelingt es den Vögeln, diese Nahrung aus dem Wasser zu gewinnen?

Um ihre Nahrung aufzunehmen, senken Flamingos ihren Kopf so ins Wasser, dass sich ihr Oberschnabel unten befindet. Er liegt mit der Spitze nach hinten knapp unterhalb der Wasseroberfläche, weil dort die Konzentration an Beutetieren beziehungsweise Algen am größten ist. Der Unterschnabel der Flamingos weist eine knollige Verdickung auf und enthält überdies eine wabenartige, mit Luft gefüllte Struktur. Diese verleiht dem Schnabel im Wasser genau den richtigen Auftrieb, um für die Nahrungsaufnahme ohne Kraftaufwand stets in der besten Position zu bleiben.

In den feinen lamellenartigen Strukturen am Rand des Flamingoschnabels bleiben Algen und kleine Futtertiere hängen, während die Vögel das Wasser filtrieren, © amaöpgocis / Pixabay
In den feinen lamellenartigen Strukturen am Rand des Flamingoschnabels bleiben Algen und kleine Futtertiere hängen, während die Vögel das Wasser filtrieren, © amaöpgocis / Pixabay

Von großer Bedeutung ist der Knick im Schnabel der Flamingos. Ein normal geformter Schnabel klafft im geöffneten Zustand an seiner Spitze erheblich weiter auseinander als an der Basis. Dank des Knicks stehen die beiden Hälften des Flamingoschnabels in leicht geöffnetem Zustand auf der gesamten Länge ungefähr gleich weit auseinander. An den Rändern tragen Ober- und Unterschnabel feine, haarige Lamellen, in denen sich Algen oder kleine Wasserlebewesen verfangen, wenn die Vögel mit Hilfe ihrer Zunge das Wasser durch den Schnabel pumpen. Sie brauchen ihr Futter dann nur noch mit der Zunge aus den Lamellen zu lösen und zu schlucken.

Übrigens können auch manche Entenarten mit ähnlichen Hornstrukturen an den Seiten ihres Schnabels feinste Bestandteile aus dem Wasser filtern. Zu den Arten, die dazu in der Lage sind, gehören unter anderem Stockenten (Anas platyrhynchos).


Fischfresser-Schnabel (Taucherschnabel und Stoßtaucherschnabel)

Der Schnabel der Pinguine - hier ist ein Humboldt-Pinguin (Spheniscus humboldti) zu sehen - weist innen an den Rändern kleine Zacken zum Fixieren der Beute auf, © Gaby Schulemann-Maier
Der Schnabel der Pinguine – hier ist ein Humboldt-Pinguin (Spheniscus humboldti) zu sehen – weist innen an den Rändern kleine Zacken zum Fixieren der Beute auf,
© Gaby Schulemann-Maier

Ein Großteil der Fisch fressenden Vogelarten ist an der charakteristischen Schnabelform zu erkennen. Spitze, lange oder mit zusätzlichem Horn am Rand verstärkte Schnäbel eignen sich hervorragend, um glitschige Beute zu fixieren. Die kleinen Widerhaken an den inneren Rändern des Schnabels schieben sich unter die Schuppen der Beutetiere, was für einen sicheren Halt beim Fangen sorgt. Typische Beispiele für vergleichsweise kurze, zackenbewehrte Fischfängerschnäbel finden sich unter anderem bei Pinguinen. Diese Vögel fangen ihre Beute, indem sie nach ihr tauchen und durch Schlagen der Flügel unter Wasser quasi „fliegen“. Weitere Vogelarten, deren Schnabel sie sofort als Fischfresser ausweist, sind beispielsweise Haubentaucher (Podiceps christatus) und Zwergtaucher (Tachybaptus ruficollis). Anders als die Pinguine schlagen sie unter Wasser beim Tauchen jedoch nicht mit den Flügeln, sondern erhalten ihren Vortrieb unter Wasser vor allem durch Bewegungen ihrer Schwimmfüße.

Wie ein Torpedo stürzen Tölpel - hier ein Australischer Tölpel (Morus serrator) - mit dem Schnabel voran ins Wasser, wenn sie jagen, © Jade Craven via Flickr
Wie ein Torpedo stürzen Tölpel – hier ein Australischer Tölpel (Morus serrator) – mit dem Schnabel voran ins Wasser, wenn sie jagen, © Jade Craven via Flickr

Die lange und spitze Form des Schnabels vieler gefiederter Fischfänger findet sich darüber hinaus unter anderem bei Vertretern der Familie der Eisvögel und bei Seeschwalben sowie bei Tölpeln, die ihre Beute als Stoßtaucher erbeuten. Das bedeutet, sie halten sich über der Wasseroberfläche auf, sichten diese nach Beutetieren und stoßen dann plötzlich von oben durch die Wasseroberfläche. Eisvögel tauchen dabei relativ weit ein. Für Tölpel gilt dies ebenfalls. Dass ihr Schnabel lang und spitz ist, macht ihn nicht nur zu einem guten Werkzeug zum Fangen von Fischen. Für die Stoßtaucher ist er zudem ideal, weil er einen stromlinienförmigen Aufbau hat. Beim Eintauchen ins Wasser berühren die Vögel die Wasseroberfläche zunächst mit der schmalen Schnabelspitze, wobei meist kaum Wasser aufspritzt. Erst im weiteren Verlauf des Eintauchvorgangs folgen die etwas breiteren Bereiche des Schnabels, der an der Basis bei den meisten Stoßtauchern am größten ist.


Fischfresser-Schnabel mit Haken

Manche Vogelarten, die sich von Fischen ernähren, haben eine abgewandelte Form des typischen Fischfresserschnabels. Bei ihnen ist die Spitze des Oberschnabels vorn leicht nach unten gebogen. Das heißt, diese Vögel haben einen Widerhaken am Schnabel, der das Packen der rutschigen Beutetiere vermutlich deutlich erleichtern dürfte. Zu den Vogelfamilien, die über eine solche Schnabelform verfügen, gehören beispielsweise Kormorane und Fregattvögel. Letztere jagen nur relativ selten aktiv nach lebender Beute. Meist greifen sie wie Luftpiraten andere Seevögel an, die Fisch in ihrem Schnabel oder Kropf transportieren. Die großen Fregattvögel attakieren die anderen Vögel so lange, bis diese die Beute ausspucken. Oft wird der tote Fisch schon in der Luft aufgefangen, manchmal aber auch von der Wasseroberfläche abgefischt, falls er wieder ins Wasser gefallen ist. Hierbei ist der Haken am Oberschnabel besonders hilfreich.


Flacher Entenschnabel

Der Schnabel zahlreicher Wasservogelarten aus der Gruppe der Entenartigen, zu der neben Enten auch Gänse und Schwäne gehören, ist flach und breit. An den seitlichen Rändern haben die Schnäbel dieser Vögel feine lamellenartige Strukturen, mit denen sie beispielsweise Wasserpflanzen, aber auch Gewächse an Land (zum Beispiel Gras) besonders leicht packen und abreißen können. Außerdem helfen ihnen diese Lamellen dabei, feinste Nahrungsbestandteile aus dem Wasser zu filtern. Indem ein wenig Wasser in den Schnabel genommen und dann durch die beiden fast vollständig geschlossenen Schnabelhälften seitlich herausgepresst wird, erreichen diese Wasservögel, dass feine Pflanzenteile oder Ähnliches an den lamellenartigen Strukturen haften bleiben. Sie müssen ihre Nahrung dann nur noch schlucken. Man bezeichnet diese Art der Nahrungsaufnahme bei Enten auch als Gründeln.


Hakenschnabel

Sittiche und Papageien wie dieser Blauscheitel-Edelpapagei (Tanygnathus lucionensis) haben einen stark gekrümmten Oberschnabel, © Gaby Schulemann-Maier
Sittiche und Papageien wie dieser Blauscheitel-Edelpapagei (Tanygnathus lucionensis) haben einen stark gekrümmten Oberschnabel, © Gaby Schulemann-Maier

In der Vogelwelt besitzen beispielsweise Papageien und Greifvögel einen sogenannten Hakenschnabel, der allerdings bei diesen beiden Gruppen jeweils ein wenig unterschiedlich geformt ist. Typisch für den Hakenschnabel ist in beiden Fällen, dass der Oberschnabel mehr oder minder stark gekrümmt ist und deutlich länger als der Unterschnabel ist. Letzterer ist oft bei geschlossenem Schnabel kaum oder gar nicht zu sehen, weil er vom Oberschnabel und den Bartfedern weitestgehend verdeckt wird.

Viele Papageienarten ernähren sich in freier Natur von Samen und Früchten. Ihr Oberschnabel weist auf seiner Innenseite quer verlaufende Rillen auf, die das Fixieren der Nahrung mit dem Unterschnabel erleichtern. Samenkörner rutschen aufgrund dieser Rillen nicht so leicht aus dem Schnabel, während die Vögel mit dem Unterschnabel geschickt die Samenhüllen entfernen. Der Papageienschnabel wird gelegentlich auch Krummschnabel genannt. Vor allem bei Aras ist er ausgesprochen kräftig und sehr stark gekrümmt. Diese auf dem südamerikanischen Kontinent beheimateten Großpapageien sind problemlos dazu in der Lage, hartschalige Nahrung wie beispielsweise Paranüsse zu knacken.

Den Papageien dient der scharfe Haken am unteren Ende des Oberschnabels außerdem als Kletterhilfe, mit der die Vögel nahezu überall Halt finden. Deshalb ist der Schnabel für sie nicht nur das wichtigste Werkzeug für die Nahrungsaufnahme, sondern ist gewissermaßen auch das „drittes Bein“.

Greifvögeln nutzt ihr stark gebogener Hakenschnabel vor allem beim Zerteilen der Nahrung und oft eher nicht, um die Beute damit zu töten. Der Name Greifvogel ist absolut wörtlich zu nehmen: Sie greifen mit ihren scharfen Krallen kräftig zu und nutzen den Schnabel später vor allem als Hilfsmittel zur Nahrungsaufnahme. Zu den Greifvögeln, die über einen Hakenschnabel verfügen, gehören beispielsweise Adler, Bussarde, Falken und Eulen, die allesamt überwiegend auf lebende Beute Jagd machen. Manche Greifvögel fügen dem gefangenen und noch lebenden Beutetier mit dem kräftigen Hakenschnabel allerdings zuweilen durchaus einen tödlichen Biss zu, bei dem sie die Luftröhre des Opfers zusammendrücken oder das Genick brechen. Anschließend wird die Beute in manchen Fällen gerupft oder aber direkt mit dem spitzen Schnabel aufgerissen, um sie in schnabelgerechte Happen zu zerteilen. Kleine Beutetiere wie Mäuse werden hingegen am Stück geschluckt.

Der Hakenschnabel der Greifvögel - hier ist ein Rabengeier (Coragyps atratus) zu sehen - dient zum Aufreißen der Beute oder des Kadavers, © Gaby Schulemann-Maier
Der Hakenschnabel der Greifvögel – hier ist ein Rabengeier (Coragyps atratus) zu sehen – dient zum Aufreißen der Beute oder des Kadavers, © Gaby Schulemann-Maier

Aas fressende Greifvögel wie die Geier  und die Neuweltgeier besitzen zwar starke Hakenschnäbel. Dennoch sind sie mitunter nicht kräftig genug, um größere Kadaver selbst zu öffnen. In der afrikanischen Savanne beispielsweise warten Geier oftmals, bis andere Fleischfresser – also Löwen oder Hyänen – die Kadaver von verendeten Elefanten, Nashörnern und anderen großen Tieren geöffnet haben. Erst dann kann ihr Hakenschnabel zum Einsatz kommen, um im Körperinneren das relativ weiche Gewebe zu zerteilen.

Auffällig ist zudem, dass der Hakenschnabel der Fleisch- und Fischfresser unter den Greifvögeln meist kürzer ist, als es bei den Aasfressern der Fall ist. Dies dürfte eine weitere Anpassung der Geier an ihren Nahrungserwerb sein, denn oft müssen sie den Kopf in Öffnungen in Kadavern stecken und je weiter sie mit dem Schnabel hinein gelangen, desto mehr Fleisch können sie erreichen und sich dank der abwärts gerichteten Krümmung regelrecht einklinken. Ein länglicher Schnabel ist für sie deshalb von großem Nutzen.


Kescherschnabel

Bis zu 13 Liter Wasser passen in den Kehlsack des Rosapelikans (Pelecanus onocrotalus), er hat einen Kescherchnabel, © sarangib / Pixabay
Bis zu 13 Liter Wasser passen in den Kehlsack des Rosapelikans (Pelecanus onocrotalus), er hat einen Kescherchnabel, © sarangib / Pixabay

Wer als Wasservogel von Fisch lebt und außerdem über einen stattlichen, schweren Körper verfügt, benötigt täglich relativ große Nahrungsmengen, um sich mit ausreichend Energie zu versorgen. Schnäbel, mit denen man einfach nach Fischen schnappt, sind hierfür normalerweise nicht ausreichend effizient. Deshalb beschritt die Evolution bei den Pelikanen einen ebenso eigentümlichen wie genialen Weg: Sie entwarf den „Kescherschnabel“, also einen langen Schnabel, an dem ein großer, stark dehnbarer Kehlsack befestigt ist. Dieser ist beispielsweise beim Rosapelikan (Pelecanus onocrotalus) so groß, dass rund 13 Liter Wasser hinein passen.

Pelikane patrouillieren oft fliegend in einigen Metern Höhe über fischreichen Gewässern, wenn sie auf Nahrungssuche sind. Sobald sie ihre Beute erspähen, ändern sie ihre Flugrichtung und stürzen sich kopfüber der Wasseroberfläche entgegen. Sind sie mit dem Kopf ins Wasser eingetaucht, öffnen sie blitzschnell ihren Schnabel und den Kehlsack, der einen Unterdruck erzeugt und im Idealfall das Beutetier in sein Inneres saugt. Rasch schließen die Vögel ihre Schnäbel und schwimmen zur Oberfläche, um dort das Wasser aus dem Kehlsack rinnen zu lassen, während die Beute darin zurückbleibt. Manchmal wird die Nahrung auch schwimmend gekeschert. Um den gefangenen Fisch noch besser fixieren zu können, verfügen die Schnäbel der Pelikane an den Rändern feine Haken.


Kreuzschnabel

Der vorn überkreuzte Schnabel des Fichtenkreuzschnabels (Loxia curvirostra) ist ein ideales Werkzeug zum Öffnen von Nadelbaumzapfen, © Blake Matheson via Flickr
Der vorn überkreuzte Schnabel des Fichtenkreuzschnabels (Loxia curvirostra) ist ein ideales Werkzeug zum Öffnen von Nadelbaumzapfen, © Blake Matheson via Flickr

Eine echte Besonderheit in der Vogelwelt stellt die Familie der Kreuzschnäbel dar. Im Laufe der Entwicklungsgeschichte haben sich Vögel wie die in weiten Teilen Europas beheimateten Fichtenkreuzschnäbel (Loxia curvirostra) darauf spezialisiert, die nahrhaften Samen aus den Zapfen von Fichten, Lärchen und Kiefern zu klauben. Ihre Vorfahren hatten einen typischen, geraden Spitzschnabel, doch um an die begehrte Nahrung zu gelangen, eignet sich ein asymmetrischer Spitzschnabel besser als ein symmetrischer, gerader Spitzschnabel. Im Wettbewerb um Nahrung waren in der Vergangenheit jene Vorfahren der Kreuzschnäbel, deren Schnabel nicht vollkommen symmetrisch war, gegenüber ihren geradschnabeligen Artgenossen im Vorteil, sodass sich mit der Zeit eine extreme Asymmetrie herausbildete. Das bedeutet, bei Kreuzschnäbeln liegen der Ober- und Unterschnabel  nicht wie bei anderen spitzschnäbligen Vogelarten der kompletten Länge nach aufeinander. An ihren Enden überkreuzen sich die beiden Schnabelhälften, was dazu führt, dass die Vögel besonders leicht an die begehrten Samen in den Zapfen (Samenständen) von Nadelbäumen gelangen. Der gekreuzte Schnabel lässt sich ideal als Hebel einsetzen, um einzelne Schuppen eines Zapfens aufzubiegen, während die Tiere mit ihren Zungen geschickt ihre Leibspeise, die feinen Samen, herauslösen.


Röhrenschnabel

Eine sehr charakteristische Schnabelform hat sich bei denjenigen Vogelarten entwickelt, die sich auf das Schlürfen von Nektar spezialisiert haben. In Nord-, Mittel- und Südamerika sowie in der Karibik leben etwa 340 Kolibriarten, die allesamt lange, schlanke Schnäbel aufweisen. Dieselbe ökologische Nische wird in anderen Erdteilen von den Nektarvögeln eingenommen, Kolibris kommen dagegen ausschließlich in der Neuen Welt vor und sie sind nicht eng mit den Nektarvögeln verwandt.

Vergleicht man die einzelnen Kolibriarten untereinander, sehen ihre Schnäbel zwar auf den ersten Blick recht verschieden aus. Allerdings ist die Variabilität der Schnäbel im Vergleich zu der bei anderen Vogelgruppen vergleichsweise gering. Bei den meisten Kolibriarten erreicht der Schnabel eine Länge, die etwa einem Drittel bis einem Viertel der Kopf-Rumpf-Länge der Tiere entspricht. Der Schnabel ist bei Kolibris entweder gerade oder leicht nach unten gebogen, damit die Vögel optimal an den Nektar der Pflanzen gelangen können, auf deren Nahrungsangebot sie sich jeweils spezialisiert haben. Bei den Nektarvögeln aus Afrika und Asien ist der Schnabel dagegen für gewöhnlich leicht nach unten gebogen.

Anders als die Kolibris beherrschen die Nektarvögel keinen echten Schwirrflug. Bei dieser speziellen Art des Fliegens verharren Kolibris vor einer Blüte fliegend in der Luft und trinken dabei Nektar. Sie kommen währenddessen häufig mit den Pollen der Pflanzen in Berührung und tragen diese weiter. Somit sind Kolibris wichtige Bestäuber zahlreicher Pflanzenarten. In den Hochanden gibt es kaum oder gar keine Insekten, die die Pflanzenbestäubung übernehmen könnten, dort sind Kolibris die wichtigsten Verbündeten der Pflanzen, was die Bestäubung anbelangt.


Spitzschnabel

Eine ganze Reihe von Vögeln verfügt über einen spitzen Schnabel. Typisch für diese Schnabelform ist, dass Ober- und Unterschnabel gleich lang sind und vorn spitz zulaufen. Insgesamt können Spitzschnäbel aber unterschiedlich aufgebaut sein, was ihre Breite an der Basis oder über die gesamte Länge anbelangt. Diese Variation der Formen der Spitzschnäbel steht für jeweils bestimmte Ernährungsgewohnheiten.

Kegelschnabel

Der Kegelschnabel der Kernbeißer (Coccothraustes coccothraustes) ist besonders kräftig und eignet sich hervorragend zum Knacken hartschaliger Samen, © Kristof Borkowski via Flickr
Der Kegelschnabel der Kernbeißer (Coccothraustes coccothraustes) ist besonders kräftig und eignet sich hervorragend zum Knacken hartschaliger Samen, © Kristof Borkowski via Flickr

Der Kegelschnabel ist vorn spitz und an der Basis vergleichsweise breit. Er wirkt dadurch meist relativ klobig. Einen solchen kegelförmigen und in aller Regel kräftigen, harten Schnabel tragen alle Körnerfresser. Unter ihnen finden sich zum Beispiel Finken. Die konische Schnabelform ermöglicht es ihren Trägern, sogar harte Samen problemlos zu knacken. Bei nahezu sämtlichen Körnerfressern haben Ober- und Unterschnabel dieselbe Länge; der Oberschnabel ist allenfalls geringfügig länger als der Unterschnabel.

Der in Mittel- und Südeuropa ganzjährig heimische Kernbeißer (Coccothraustes coccothraustes) ist ein Beispiel für eine Vogelart mit einem typischen Kegelschnabel. Dieses mächtigen Beißwerkzeuge ermöglichen es den Kernbeißern, sehr harte Kerne zu öffnen, die von nahezu allen anderen Vogelarten desselben Lebensraums gezwungenermaßen verschmäht werden, weil sie sie mit ihren kleineren und weniger kräftigen Schnäbeln nicht öffnen können. Wer einmal eine Kernbeißerfamilie in einem Kirschbaum „wüten“ sehen hat, der hat eine Vorstellung davon, was die Vögel mit ihren Schnäbeln anrichten können. Innerhalb weniger Minuten zerfleischen sie das Obst, dessen süßes Fruchtfleisch sie achtlos auf den Boden fallen lassen. Einzig das Innere der harten Kerne dient den Vögeln als Nahrung.

Was auf den ersten Blick wie eine sinnlose Verschwendung anmutet, ist in Wahrheit ein genialer Schachzug der Evolution. Viele Vogelarten ernähren sich von Fruchtfleisch und lassen Samen wie harte Kirschkerne achtlos auf den Boden fallen. Dank ihrer kräftigen Schnäbel sind die Kernbeißer jedoch dazu in der Lage, die nahrhaften Samen harter Steinfrüchte als Nahrung zu verwerten.

Pinzettenschnabel

Der Zilpzalp (Phylloscopus collybita) hat einen für Insektenfresser typischen Pinzettenschnabel, © Gaby Schulemann-Maier
Der Zilpzalp (Phylloscopus collybita) hat einen für Insektenfresser typischen Pinzettenschnabel, © Gaby Schulemann-Maier

Zahlreiche Insektenfresser unter den Singvögeln verfügen über spitze, auf der gesamten Länge schmale und somit pinzettenartige Schnäbel. Bei einem Pinzettschnabel oder Pinzettschnabel sind der Ober- und Unterschnabel in aller Regel gleich lang. Bei einigen Arten kann sich an der Spitze des Oberschnabels überdies ein sehr kleiner, nach unten gebogener Bereich befinden. Beispiele für Träger dieser Schnabelform sind die Bachstelze (Motacilla alba) oder der Zilpzalp (Phylloscopus collybita). Diese beiden Vogelarten haben einen relativ zierlichen Pinzettenschnabel. Es gibt aber auch Vögel mit einem deutlich längeren Pinzettenschnabel. Zu ihnen gehören unter anderem der Wiedehopf (Upupa epops) und der Bienenfresser (Merops apiaster) beziehungsweise Spinte im Allgemeinen. Der Pinzettenschnabel dieser Vögel ist aus gutem Grund sehr lang: Sie erbeuten teils recht wehrhafte Beute (stechende Insekten wie Bienen oder Wespen), die sie dank des langen Schnabels relativ weit vom Gesicht entfernt festhalten können, wodurch das Risiko reduziert wird, von der Beute gestochen zu werden. Außerdem lassen sich mit einem langen Pinzettschnabel auch größere Beutetiere wie Großlibellen erlegen, die bei Spinten oft auf dem Speisezettel stehen. Mit einem langen Pinzettenschnabel können manche ihrer Träger ferner unter Holz und Rinde nach versteckten Insekten oder deren Larven stochern.

„Sperrschnabel“

Diese junge Rauchschwalbe (Hirundo rustica) zeigt eindrucksvoll, wie groß die Öffnung des spitzen 'Sperrschnabeln' dieser Vogelart in geöffnetem Zustand ist, © Pescalune Photo via Flickr
Diese junge Rauchschwalbe (Hirundo rustica) zeigt eindrucksvoll, wie groß die Öffnung des spitzen ‚Sperrschnabeln‘ dieser Vogelart in geöffnetem Zustand ist, © Pescalune Photo via Flickr

Einen offiziellen Begriff für den kurzen, spitzen und dabei sehr breiten Schnabel mancher insektenfressenden Vogelarten gibt es nicht, weshalb wir ihn an dieser Stelle als „Sperrschnabel“ bezeichnen. Zu beobachten ist diese Schnabelform unter anderem bei Rauchschwalben (Hirundo rustica), Mehlschwalben (Delichon urbica), Mauerseglern (Apus apus) und Ziegenmelkern (Caprimulgus europaeus). Diese Vögel fangen ihre Beute – diese besteht meist aus fliegenden Insekten – in der Luft. Hierfür wird der Schnabel weit geöffnet und dann blitzschnell geschlossen, sobald sich das Beutetier in der richtigen Position befindet.


Stocherschnabel oder Sondierschnabel

Etliche Vogelarten in aller Welt haben weite Schlick- oder Wattflächen sowie flache Gewässer für sich als Lebensraum und meist reiche Nahrungsquelle erschlossen. Kleine Schnecken, Krebstiere, im Schlick eingegrabene Würmer, aber auch Kaulquappen, winzige Muscheln, Schwimmkäfer und im Wasser lebende Insektenlarven bilden eine proteinreiche Kost, die Wat- oder Schnepfenvögel bei Kräften hält.

Mit ihrem langen Stocher- oder Sondierschnabel können Vögel wie die Uferschnepfe (Limosa limosa) im Schlick nach Nahrung suchen, © Hans Hillewaert via Flickr
Mit ihrem langen Stocher- oder Sondierschnabel können Vögel wie die Uferschnepfe (Limosa limosa) im Schlick nach Nahrung suchen, © Hans Hillewaert via Flickr

Um an die begehrte Nahrung zu gelangen und dabei nach Möglichkeit ein trockenes und sauberes Gefieder zu behalten, ist es für Watvögel und andere „Stocherschnabelträger“ sinnvoll, ein ausladendes Fangwerkzeug am meist langbeinigen Körper zu tragen. Die Schnäbel jener Nahrungsspezialisten sind deshalb gemessen an den Körperproportionen in vielen Fällen überdurchschnittlich lang, schmal und spitz. Einerseits lässt sich mit dünnen, langen Schnäbeln hervorragend im Schlick nach Nahrung stochern, andererseits eignet sich diese anatomische Besonderheit ideal zum Fixieren winziger Beutetiere – die beiden gleichlangen Schnabelhälften erfüllen die Funktion einer Pinzette. An der Spitze sind die Stocherschnäbel der Watvögel besonders empfindlich, da dort zahllose Nervenenden zusammenlaufen. Dies erleichtert das Auffinden der Beute im Schlick erheblich. Die Nasenlöcher befinden sich bei den meisten Trägern dieses Schnabeltyps in der Nähe der Schnabelwurzel, damit sie bei der Nahrungssuche nicht mit Schlamm oder Sand verstopfen werden.

Und noch etwas ist an diesen Sondierschnäbeln besonders: Bei vielen Watvogelarten ist der Schnabel nicht steif, sondern an der Spitze beweglich. Während er im Schlick steckt, kann er im vorderen Bereich ein wenig geöffnet werden, während der dahinter liegende Rest des Schnabels geschlossen bleibt.

Sondierschnäbel können gerade oder gebogen sein, die Schnäbel der einzelnen Vogelarten haben sich jeweils an die jeweils bevorzugte Nahrung der Tiere angepasst. Bei den meisten Trägern dieses Schnabeltyps ist die Krümmung abwärts gerichtet, aber es kommen auch Vögel mit nach oben gekrümmtem Schnabel vor.


Ungleich langer Schnabel

Der Unterschnabel des Afrikanischen Scherenschnabels (Rynchops flavirostris) ist deutlich länger als sein Oberschnabel, © Robert Muckley via Flickr
Der Unterschnabel des Afrikanischen Scherenschnabels (Rynchops flavirostris) ist deutlich länger als sein Oberschnabel, © Robert Muckley via Flickr

Bei den meisten Vogelarten mit geraden Schnäbeln sind Ober- und Unterschnabel gleich lang. Eine Ausnahme von dieser Regel bildet die Familie der Scherenschnäbel. Bei diesen Vögeln ist der Unterschnabel deutlich länger als der Oberschnabel. Mit drei Arten sind diese Tiere auf dem Globus vertreten: Indischer Scherenschnabel (Rynchops albicollis), Afrikanischer Scherenschnabel (Rynchops flavirostris) und Amerikanischer Scherenschnabel (Rynchops niger).

Um ihre Nahrung zu erbeuten – Scherenschnäbel fressen lebend gefangenen Fisch -, fliegen die Vögel mit geöffneten Schnäbeln dicht oberhalb der Oberfläche stehender oder langsam fließender Gewässer. Hierbei wird der Unterschnabel teilweise in das Wasser eingetaucht, die Tiere durchpflügen es regelrecht. Sobald die Scherenschnäbel einen Widerstand mit dem Unterschnabel ertasten, schnappt der kürzere Oberschnabel nach unten und sie senken außerdem blitzschnell den Kopf. Oft gerät auf diese Weise ein Fisch zwischen die beiden unterschiedlich langen Schnabelhälften und kann sich daraus nicht mehr befreien.

Die besondere Jagdmethode führt in fischreichen Gewässern häufig zum Erfolg und erfordert relativ geringem Kraftaufwand. Aber sie hat auch ihre Kehrseite: Besonders gefährlich ist es für Scherenschnäbel, mit dem ins Wasser getauchten Unterschnabel gegen ein unsichtbares, massives Hindernis wie einen Stein zu prallen. Dabei können sich die Vögel entweder den Kiefer brechen oder das Schnabelhorn beschädigen. Das heißt, ein Teil des Schnabels kann bei einem solchen Unfall abbrechen. Geschieht dies, sind die Vögel häufig nicht mehr dazu in der Lage, Nahrung zu erbeuten und sie verhungern dann qualvoll.