Altvögel richtig pflegen – warum das Helfen so wichtig ist

Eine Flügelverletzung ist für jeden Vogel eine lebensbedrohliche Situation, © Laura Gilmore via Flickr
Eine Flügelverletzung ist für jeden Vogel eine lebensbedrohliche Situation, © Laura Gilmore via Flickr

Ein kranker oder verletzter Vogel ist, wie alle Tiere, zunächst einmal ein wichtiger Bestandteil des natürlichen Nahrungskreislaufs. Solche Unglücksfälle haben – sofern sie vereinzelt auftreten – für gewöhnlich keinerlei negativen Einfluss auf gesunde bestehende Populationen. Naturereignisse wie Überschwemmungen, Kälteeinbrüche oder längere Trockenperioden fordern in der Tierwelt immer wieder ihren Tribut. Ebenso kommen Unfälle einzelner Individuen vor.

In den meisten Fällen gefährden solche Ereignisse das Fortbestehen einer Tierart glücklicherweise nicht, was vor allem für die bei uns in Deutschland häufig vorkommenden Singvogelarten wie Amseln oder Rotkehlchen gilt. Doch es gibt auch Fälle, in denen in Mitteleuropa lebende Vogelarten schwer in Bedrängnis geraten, und das oft nicht aufgrund natürlicher Ursachen. Was Naturkatastrophen nicht vermögen, das vollbringt in zunehmendem Maße der Mensch. Zu den größten Gefährdungen für Wildvögel und andere Wildtiere gehören:

  • Reduzierung und Zerstörung von Lebensraum durch landwirtschaftliche, industrielle oder wohnungsbauliche Aktivitäten.
  • Straßen- und Schienenverkehr – die Evolution kennt keine sich am Boden so rasch fort bewegenden Wesen, weshalb die meisten Tiere nicht darauf eingestellt sind und sich nicht binnen kürzester Zeit anpassen können.
  • Oft finden sich im Siedlungsraum durch Kollisionsunfälle verletzte und benommene Wildvögel, die Hilfe brauchen, © Noah Jacquemin via Flickr
    Oft finden sich im Siedlungsraum durch Kollisionsunfälle verletzte und benommene Wildvögel, die Hilfe brauchen, © Noah Jacquemin via Flickr

    Moderne Bauweise mit großen Glasflächen sowie nachts hell erleuchtete Gebäude führt zu tödlichen Kollisionen zahlloser Vögel.

  • Die Rotoren von Windkraftanlagen zerfetzen oder verletzen unzählige Vögel und Fledermäuse.
  • Gifteinsatz in der Landwirtschaft und im Gartenbau führt zum Tod durch toxische Wirkung oder auch durch Mangel an Insekten.
  • Nicht naturgemäßen Anlegen von Gärten und Parks sind ein Problem, weil die oft genutzten exotischen Pflanzen unseren heimischen Tierarten häufig weder Schutz, Brutplätze oder Nahrung bieten.
  • Begradigung und Befestigung von Flussufern hat Wasservögeln ihre Lebensgrundlage genommen. Zwar findet inzwischen vielerorts ein Rückbau statt, doch er kommt für etliche lokale Tierpopulationen zu spät.
Diese Misteldrossel braucht Hilfe, und das trotz der Tatsache, dass ihre Art in Deutschland nicht vom Aussterben bedroht ist, © weegeebored via Flickr
Diese Misteldrossel braucht Hilfe, und das trotz der Tatsache, dass ihre Art in Deutschland nicht vom Aussterben bedroht ist, © weegeebored via Flickr

Man mag nun argumentieren, dass durch die genannten Gefahren vor allem seltene Vogelarten in besonderem Maße bedroht werden. Doch muss man sich dabei vor Augen führen, dass viele dieser Spezies vor einigen Jahrzehnten noch häufig waren. Kaum jemand hätte damals gedacht, dass sie in so kurzer Zeit fast vollständig von der Bildfläche verschwinden würden. Entsprechend groß ist unsere Verantwortung gegenüber den derzeit glücklicherweise noch häufig auftretenden Vogelarten – wer weiß, wie ihre Zukunft aussieht? Die vielen, durch Menschen verursachten (Zer-)Störungen rechtfertigen und erfordern daher ein helfendes Eingreifen im Falle eines verunglückten Wildvogels.

Und auch wenn Artenschützer es gern als sentimentale Handlung abkanzeln – im Zweifelsfall zählt das Leben jedes einzelnen Individuums, weshalb zum Beispiel auch eine gerettete Goldammer einen entscheidenden Unterschied machen kann, wenn man das große Ganze betrachtet. Hinzu kommt ein moralischer Aspekt: Dass es für jedes einzelne in Not geratene Individuum gut ist, wenn ihm geholfen wird und wenn seine Schmerzen gelindert werden, steht unseres Erachtens dabei völlig außer Frage. Wir differenzieren aus diesem Grund nicht zwischen seltenen und häufigen Arten, unserer Ansicht nach ist jedes Leben kostbar und schützenswert.

Um einem verletzten Wildvogel effizient helfen zu können, sollte man planmäßig und mit Bedacht vorgehen, denn je nach Artzugehörigkeit stellen die Tiere unterschiedliche Anforderungen an ihr Futter und die Art ihrer Unterbringung. Wichtig ist, dass die vorübergehende Haltung in Gefangenschaft für die Tiere so angenehm und artgerecht wie möglich gestaltet wird, weil sich so zusätzlicher Stress vermeiden lässt, der den Vögeln schaden würde.

In den angegliederten Kapiteln geben wir Ihnen Hilfestellungen, wie Sie einem in Not geratenen, erkrankten oder verletzten Altvogel am besten helfend „unter die Flügel“ greifen können.

Bitte sehen Sie davon ab, uns nur zu schreiben, an einem bestimmten Ort sei ein verletzter Vogel. Wir sind nicht in der Lage vor Ort zu helfen, sondern können lediglich an unsere Liste mit Auffangstationen sowie an einen vogelkundigen Tierarzt verweisen.

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