Anatomische Rekorde aus der Vogelwelt

Beitrag von Gaby Schulemann-Maier, Team Wildvogelhilfe, zuletzt aktualisiert im April 2016

Klicken Sie bitte auf die Einträge der folgenden Listen, um zu den jeweiligen Beschreibungen der Rekorde weiter unten in diesem Kapitel zu gelangen:

Größte, längste und schwerste anatomische Merkmale

Kleinste, kürzeste und leichteste anatomische Merkmale

Eine Übersicht über noch mehr Rekorde finden Sie im Hauptkapitel dieses Beitrags.


Größte Augen

Weiblicher Afrikanischer Strauß (Struthio camelus), © Sylvia Urbaniak
Weiblicher Afrikanischer Strauß (Struthio camelus), © Sylvia Urbaniak

Die größten Augen aller Landwirbeltiere, also nicht nur der Vögel, hat der Afrikanische Strauß (Struthio camelus). Seine Augen haben einen Durchmesser von 5 cm, siehe Link. Wie es für Vögel typisch ist, sieht man von außen nur einen kleinen Teil der Augen, der Großteil der Augäpfel befindet sich im Schädel. Beim Afrikanischen Strauß sind die Augen größer als das Gehirn. Ihre Position am Kopf ist seitlich, wodurch die Vögel einen idealen Überblick über ihre Umgebung haben. Dank ihres langen Halses befinden sich die Augen in großer Höhe, was ebenfalls dazu beiträgt, dass diese Laufvögel ihre Umwelt immer bestens im Blick haben können. Afrikanische Strauße leben auf dem afrikanischen Kontinent südlich der Sahara.


Größte Federanzahl

Zwergschwan (Cygnus columbianus), © Dominic Sherony via Flickr
Zwergschwan (Cygnus columbianus), © Dominic Sherony via Flickr

Bei den Vögeln hängt die Anzahl der Federn von der Größe der Tiere, von ihrem Lebensraum und von der Jahreszeit ab. Vögel, die in kühlen Regionen leben, haben in aller Regel mehr Federn als gefiederte Bewohner tropischer Zonen, die nicht auf eine wärmende Wirkung des Gefieders angewiesen sind. Außerdem ist bei einigen Vogelarten die Anzahl der Federn im Winter größer als im Sommer, weil sie während der kalten Jahreszeit ein besonders stark wärmendes Gefieder benötigen. Die größte Federanzahl hat der Zwergschwan (Cygnus columbianus), auch Pfeifschwan genannt. Sein Federkleid besteht im Winter aus mehr als 25.000 Federn, siehe Link. Die meisten Federn dieser Vogelart befinden sich an Hals und Nacken. Zwergschwäne brüten in der Tundra in Alaska und Kanada, den Winter verbringen diese Vögel im südlichen Teil des nordamerikanischen Kontinents.


Längster Schnabel absolut

Brillenpelikan (Pelecanus conspicillatus), © Donald Hobern via Flickr
Brillenpelikan (Pelecanus conspicillatus), © Donald Hobern via Flickr

Pelikane gehören zu den Vögeln mit den längsten Schnäbeln. Bei einem Brillenpelikan (Pelecanus conspicillatus) wurde eine Schnabellänge von 50 cm nachgewiesen – die längste jemals gemessene absolute Schnabellänge im Vogelreich, siehe Link. Damit können die in Australien und Tasmanien beheimateten Vögel eine ganze Menge Fisch auf einmal fangen. Brillenpelikane sind zwischen 1,6 und 1,8 m groß, ihre Flügelspannweite beläuft sich auf 2,3 bis 2,5 m.

Mehr Informationen über die besondere Form des Schnabels bei Pelikanen finden sich im Kapitel Schnabelformen der Vögel im Abschnitt Kescherschnabel.


Längster Schnabel relativ zum Körper

In Relation zur Körpergröße hat der Schwertschnabelkolibri (Ensifera ensifera) den längsten

Schwertschnabelkolibri (Ensifera ensifera), © Gaby Schulemann-Maier
Schwertschnabelkolibri (Ensifera ensifera), © Gaby Schulemann-Maier

Schnabel aller Vögel der Erde. Diese in in den Anden von Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien beheimatete Kolibriart ist insgesamt bis zu 24 cm groß. Davon entfallen rund 10 cm auf den Schnabel, siehe Link. Das heißt, der Schnabel macht circa 42% der gesamten Körperlänge des Schwertschnabelkolibris aus. Es wurden sogar schon Individuen beobachtet, deren Schnabel länger war als ihr Körper gemessen von der Schnabelbasis bis zur Schwanzspitze. Diese Vogelart hat einen so langen Schnabel entwickelt, weil sie sich auf das Trinken von Nektar bestimmter Pflanzen spezialisiert hat, die hängende, lange Blütenkronen haben. Mit dem langen, schwertförmigen Schnabel fangen diese Kolibris im Flug auch Insekten, die eine nährstoffreiche Ergänzung zum Nektar darstellen.


Längste Schwanzfedern

Weiblicher Perlenfasan (Rheinardia ocellata), © Nguyen Thanh Quang via Wikipedia
Weiblicher Perlenfasan (Rheinardia ocellata), © Nguyen Thanh Quang via Wikipedia

In Vietnam, Laos und im zentralen Teil von Malaysia ist der Perlenpfau (Rheinardia ocellata) beheimatet. Bei dieser Vogelart unterscheiden sich die Männchen und die Weibchen stark in ihrem Aussehen. Während die Weibchen nur 74 bis 75 Zentimeter lang sind, haben die Männchen einen sehr langen und breiten Schwanz. Sie sind insgesamt bis zu 2,39 Meter lang, die mittleren der insgesamt zwölf Schwanzfedern dieser Vögel können bis zu 1,73 Meter lang werden, siehe Link. Damit sind männliche Perlenpfauen die Vögel mit dem längsten Schwanz der Welt.


Kleinste Federzahl

Männlicher Rubinkehlkolibri (Archilochus colubris), © Jamie Chavez via Flickr
Männlicher Rubinkehlkolibri (Archilochus colubris), © Jamie Chavez via Flickr

Das Gefieder erfüllt bei Vögeln mehrere Aufgaben. Eine davon ist es, den Körper warm zu halten. Jene Vogelarten, die in den tropischen Regionen der Erde leben, brauchen kein besonders warmes Federkleid, weshalb sie verglichen mit Vögeln aus kälteren Zonen deutlich weniger Federn haben. Der Vogel mit der geringsten Federanzahl der Welt ist der Rubinkehlkolibri (Archilochus colubris). Es wurde einst ein Individuum gefangen, das nur 940 Federn hatte, siehe Link. Rubinkehlkolibris leben im Sommer im östlichen Nordamerika bis hin zum südlichen Kanada. Den Winter verbringen die Tiere in Mexiko oder im Nordwesten Costa Ricas. Ihre Körperlänge beträgt circa 7 bis 9 cm.


Kürzeste Beine

Segler haben sehr kurze und kräftige Zehen, © Silvia Volpi, Mauersegler- und Alpensegler-Förderung
Segler haben sehr kurze und kräftige Zehen, © Silvia Volpi, Mauersegler- und Alpensegler-Förderung

Die Familie der Segler (Apodidae), zu denen unter anderem die in Mitteleuropa zur Sommerzeit vorkommenden Mauersegler (Apus apus) gehören, haben die kürzesten Beine im gesamten Vogelreich. Nur 10 bis 12 mm sind die Beinchen dieser Vogelfamilie lang – inklusive der Zehen! Die kurzen Beine stellen eine Anpassung an die Lebensweise dieser Vögel dar. Segler verbringen die meiste Zeit ihres Lebens in der Luft. Lediglich zum Brüten landen sie. Weil ihre Nistplätze häufig nur über steile Felswände zugänglich sind, haben die Vögel trotz ihrer kleinen Füße scharfe Krallen und kräftige Zehen, man spricht von Klammerfüßen. Mit ihrer Hilfe können sich Segler bestens am Untergrund festkrallen.


Kürzester Schnabel absolut

Diesen Rekord hält nicht nur eine Vogelart, sondern gleich mehrere. Die Vögel mit den kürzesten absoluten Schnäbeln der Welt kommen aus der Familie der Segler (Apodidae), die in Deutschland beispielsweise mit dem Mauersegler (Apus apus) vertreten sind, und aus der Familie der Nachtschwalben (Caprimulgidae). Aus letzterer stammt unter anderem der Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus), der in Deutschland und anderen Ländern Europas vorkommt. Seglerschnäbel messen maximal 10bis 11,5 mm in der Länge, die der Nachtschwalben sogar nur 8 – 10 mm. Zwar mögen die Schnäbel dieser Vogelfamilien kurz sein, aber sie sind relativ breit. Sperren die Vögel im Flug den Schnabel auf, bildet sich eine sehr große Öffnung, was das Fangen von Insekten während des Fliegens besonders leicht macht. Alle Segler und Ziegenmelker jagen auf diese Weise ihre Beute.